Leitsatz (amtlich)
Mängel einer Maschine, die sich erst bei einer mit dieser vorgenommenen Serienproduktion herausstellen, sind in der Regel als verborgene Mängel anzusehen.
Normenkette
HGB § 377
Verfahrensgang
OLG Hamm (Urteil vom 11.06.1975) |
OLG Hamm (Teilurteil vom 09.05.1975) |
LG Münster |
Tenor
Auf die Revisionen der Beklagten werden das Teilurteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 9. Mai 1975 und das Schlußurteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 11. Juni 1975, soweit darin über die Kosten entschieden ist, aufgehoben.
Im Übrigen wird die Revision gegen das Schlußurteil als unzulässig verworfen.
Im Umfange der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung Über die Kosten der Revisionen übertragen wird.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Beklagte bestellte zu ihren Einkaufsbedingungen am 21. November 1972 bei der Klägerin eine Sickenmaschine in Sonderausführung zum Preise von rd. 22.410 DM. In dem Bestellschreiben heißt es u.a.: „Die Annahme dieses Auftrags bitten wir uns innerhalb von 8 Tagen zu bestätigen”. Ziff. 2 und 6 der auf der Rückseite der Bestellung vermerkten Einkaufsbedingungen lauten, soweit hier von Interesse:
„2. Annahme und Bestätigung
Es gelten nur unsere Einkaufsbedingungen. Abweichungen bedürfen unserer schriftlichen Bestätigung.
Sollte die Lieferfirma unsere Bestellung mit eigenen Verkaufsbedingungen bestätigen, so gilt das nicht als Ablehnung unserer Bestellung und neue Verkaufsofferte, sondern als Annahme unserer Einkaufsbedingungen. Mit der Inangriffnahme der Lieferung an uns – auch einer Teillieferung, bei Werklieferungsverträgen auch der Fertigung – werden bei obiger Sachlage unsere Einkaufsbedingungen erneut anerkannt.
6. Mangelnde Erfüllung
… Der Lieferant verzichtet auf den Einwand der verspäteten Mängelrüge gemäß § 377 HGB.”
Die Klägerin erklärte mit Auftragsbestätigung vom 3. Januar 1973 die Annahme der Bestellung zu ihren Verkaufsbedingungen. Die Maschine sollte Mitte Februar 1973 geliefert werden. In den auf der Rückseite der Auftragsbestätigung wiedergegebenen Bedingungen der Klägerin heißt es u.a.:
„Angebote
Jeder Auftrag bedarf, um für uns rechtswirksam zu sein, der schriftlichen Bestätigung. Befinden sich auf Vordrucken des Bestellers Lieferbedingungen, so haben solche Bedingungen keine Gültigkeit, auch wenn wir nicht widersprechen.
Zahlung
Die Zahlung hat bei Verfall, unabhängig von einer eventuell laufenden Reklamation zu erfolgen.”
Am 9. März 1973 wurde die Sickenmaschine im Werk der Beklagten montiert. Da sie jedoch nicht einwandfrei arbeitete, wurde sie zunächst zur Nachbesserung in das Werk der Klägerin zurückgebracht. Mit Schreiben vom 21. März 1973 mahnte die Beklagte alsdann die Lieferung der Sickenmaschine an, weil sie am 16. April 1973 mit der Serienproduktion beginnen wolle. Im Zuge der Nachbesserungsarbeiten verlangte die Beklagte zusätzliche Leistungen der Klägerin, nach deren Vornahme diese am 19. April 1973 über die nachträglichen Leistungen eine Auftragsbestätigung zu ihren Verkaufsbedingungen erteilte. Am 14. Mai 1973 wurden im Werk der Klägerin vier Probebehälter in Anwesenheit eines Angestellten der Beklagten gefertigt. Da sich keine Beanstandungen ergaben, wurde die Sickenmaschine am 22. Mai 1973 auf Weisung des Angestellten der Beklagten ausgeliefert.
Die Aufnahme der Serienproduktion verzögerte sich bis August 1973, weil nach der Behauptung der Beklagten die im Mai 1973 gefertigten Probebehälter vor Aufnahme der Serienproduktion von ihrem Auftraggeber geprüft werden sollten. Da die Beklagte Ende Juli 1973 keinen mit der Bedienung der Sickenmaschine vertrauten Mitarbeiter hatte und da noch eine Nachstellung der Maschine erforderlich war, bat die Beklagte die Klägerin zum 30. Juli und 3. August 1973 um Entsendung eines Monteurs. Die Klägerin kam diesem Verlangen nach. Die Beklagte fertigte daraufhin zwischen dem 6. und dem 14. August 1973 mit der Sickenmaschine etwa 200 Rohrmäntel, wobei sich keine Schwierigkeiten ergaben. Danach traten bei der Serienfertigung Schwierigkeiten auf, die die Beklagte gegenüber der Klägerin beanstandete. Mit Schreiben vom 23. August 1973 faßte die Beklagte die von ihr behaupteten Mängel zusammen.
Mit der Klage begehrt die Klägerin Bezahlung der Sickenmaschine zuzüglich Monteurkosten in Höhe von 359,70 DM und abzüglich einer Gegenrechnung der Beklagten von 288,60 DM, insgesamt mithin 27.656,82 DM nebst Zinsen.
Die Beklagte beantragt Klagabweisung, weil die Forderung der Klägerin mangels Abnahme nicht fällig sei und weil sie Infolge der Mängel der Sickenmaschine ein Nachbesserungsrecht sowie Gewährleistungsansprüche und mithin ein Zurückbehaltungsrecht habe.
Das Landgericht gab der Klage in Höhe von 27.297,12 DM nebst 5 % Zinsen statt. Das Oberlandesgericht wies mit Teilurteil vom 9. Mai 1975 die Berufung der Beklagten zurück. Auf die Anschlußberufung der Klägerin sprach das Oberlandesgericht mit Schlußurteil vom 11. Juni 1975 der Klägerin auch die Monteurkosten in Höhe von 359,70 DM, insgesamt 27.656,82 DM, sowie bankübliche Zinsen aus den von der Beklagten jeweils geschuldeten Beträgen zu und legte der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auf.
Die Beklagte hat gegen beide Urteile Revision eingelegt. Sie erstrebt die Abweisung der Klage. Die Klägerin hat Zurückweisung der Revisionen beantragt.
Das Revisionsgericht hat beide Verfahren gemäß § 147 ZPO zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Entscheidungsgründe
I. Die Revision gegen das Schlußurteil des Berufungsgerichts ist unzulässig, soweit sie sich gegen die in diesem Urteil ausgesprochene Verurteilung der Beklagten zur Zahlung weiterer 359,70 DM und zur Zahlung höherer Zinsen als 5 % richtet; denn die Beklagte ist durch das Schlußurteil nur in Höhe des Betrages von 359,70 DM und in Höhe der zur Hauptforderung gewordenen Mehrzinsen von 6.022,97 DM, also insgesamt in Höhe von 6.382,67 DM, beschwert. Die Revisionssumme ist demnach nicht erreicht. Die Revision gegen das Schlußurteil ist mithin lediglich insoweit zulässig, als sie sich gegen die Kostenentscheidung im Schlußurteil des Berufungsgerichts wendet. Denn die Kostenentscheidung des Schlußurteils stellt nur eine Ergänzung des vorausgegangenen, eine Kostenentscheidung nicht enthaltenden Teilurteils dar und bildet in diesem Umfang ein einheitliches Ganzes mit dem Teilurteil, weil die Kostenentscheidung eine notwendige Folge der Entscheidung in der Hauptsache ist (BGHZ 29, 126). Der Beklagten ist zwar zuzugeben, daß die Unzulässigkeit der Revision hinsichtlich der im Schlußurteil ausgesprochenen Verurteilung u.U. zu unbilligen Ergebnissen führen kann. Solche Ergebnisse sind indessen eine zwangsläufige Folge der Zulässigkeit von Teilurteilen und des Erfordernisses einer Mindestbeschwer. Sie sind daher nicht zu vermeiden und müssen hingenommen werden (BGHZ aaO).
II. Das Berufungsgericht ist in seinem Teilurteil davon ausgegangen, daß die Sickenmaschine in zwei Akten am 14. und 22. Mai 1973 abgenommen worden sei und daß mangels einer Einigung der Parteien über die Geltung der Einkaufsbedingungen der Beklagten oder der Verkaufs- und Lieferungsbedingungen der Klägerin die gesetzlichen Bestimmungen für einen Werklieferungsvertrag, hier die §§ 381 Abs. 2, 377 HGB, zur Anwendung kämen. Nach seiner Auffassung ist die Rüge der Beklagten im August 1973 nicht rechtzeitig erfolgt, weil die Mängel der Sickenmaschine bei einer Serienproduktion zu erkennen gewesen seien, und weil die Beklagte mit der Aufnahme der Serienproduktion nicht habe zuwarten dürfen. Der Beweisantritt der Beklagten, daß die Klägerin um die Verzögerung der Serienfertigung gewußt habe, sei unerheblich, überdies verspätet und nicht hinreichend substantiiert.
Diese Ausführungen sind nicht frei von Rechtsirrtum.
1. Das Berufungsgericht hat allerdings rechtsirrtumsfrei angenommen, daß die Sickenmaschine im Mai 1973 abgenommen worden war. Das Berufungsgericht hat auch darin recht, daß der Werklieferungsvertrag beim Fehlen einer Einigung der Parteien über die Geschäftsbedingungen nicht unwirksam ist (vgl. BGHZ 61, 282, 288).
2. Das Berufungsgericht ist jedoch zu Unrecht der Meinung, daß Mängel, die sich erst bei einer Serienproduktion herausstellen, erkennbare Mängel im Sinne des § 377 Abs. 1 HGB seien.
a) § 377 HGB legt dem Käufer keine Untersuchungspflicht auf. Die für eine ordnungsmäßige Untersuchung erforderliche Zeit ist lediglich für die Rechtzeitigkeit der Mängelanzeige maßgebend (BGH Urt. vom 18. März 1952 – I ZR 77/51 = LM HGB § 377 Nr. 1). Entscheidend ist daher hier, ob die Mängel der Sickenmaschine bei einer sachgemäß durchgeführten Untersuchung und Erprobung, soweit diese nach ordnungsmäßigem Geschäftsgang tunlich war, unverzüglich nach Erhalt der Maschine hätten festgestellt werden können oder nicht, ob es sich mithin um erkennbare oder verborgene Mängel handelt.
b) Welche Anforderungen an die Art und Weise der Untersuchung zu stellen sind, läßt sich nicht allgemein festlegen. Es kommt auf die Umstände des Einzelfalls an. Dabei ist einerseits zu berücksichtigen, daß die Vorschriften über die Mängelrüge in erster Linie den Interessen des Verkäufers oder Werklieferanten dienen. Er soll, was auch dem allgemeinen Interesse an einer raschen Abwicklung der Geschäfte im Handelsverkehr entspricht, nach Möglichkeit davor geschützt werden, sich längere Zeit nach der Lieferung oder nach der Abnahme der Sache etwaigen, dann nur schwer feststellbaren Gewährleistungsansprüchen ausgesetzt zu sehen. Andererseits dürfen im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung zwischen Verkäufer und Käufer bzw. zwischen Werklieferanten und Besteller die Anforderungen an eine ordnungsmäßige Untersuchung nicht überspannt werden. Daher können für das, was dem Käufer oder Besteller zuzumuten ist, beispielsweise die Kosten und der Zeitaufwand für eine Untersuchung, das Erfordernis eigener technischer Kenntnisse für ihre Durchführung wie die Notwendigkeit, besondere Vorkehrungen für sie zu treffen oder die Untersuchung von Dritten vornehmen zu lassen, bedeutsam sein (BGH Urt. vom 14. Oktober 1970 – VIII ZR 156/68 = WM 1970, 1400 = MDR 1971, 128).
c) Hier zeigten sich nach der Feststellung des Berufungsgerichts die Mängel der Sickenmaschine erst bei der Serienfertigung von Rohrmänteln. Die Schwierigkeit der Entdeckung eines Mangels entbindet zwar den Käufer oder Besteller nicht von der Rügepflicht. Diese Pflicht findet indessen ihre Grenze daran, daß nichts Unbilliges verlangt werden darf, daß die Untersuchung dem Käufer oder Besteller zumutbar sein muß.
Von diesem kann verlangt werden, daß er eine Maschine in Gang setzt und erforderlichenfalls längere Zeit beobachtet (RG WarnRspr 1909 Nr. 152). Daraus läßt sich indessen nicht der Schluß ziehen, daß, um der Rügepflicht zu genügen, eine Serienfertigung aufgenommen werden muß. Denn der Käufer oder Besteller einer Maschine kann mannigfache Gründe haben, die Serienproduktion nicht unverzüglich nach Erhalt der Maschine aufzunehmen. Er kann die Maschine vorsorglich im Hinblick auf eine geplante, aber noch nicht vorgenommene Modernisierung seines Betriebs oder eine in Aussicht genommene, aber noch nicht erfolgte Neuaufnahme einer Produktion angeschafft haben. Die Maschine ist möglicherweise aus steuerlichen Gründen oder im Hinblick auf staatliche Förderungsmaßnahmen in einem Zeitpunkt angeschafft worden, in dem der Käufer oder Besteller die Serienproduktion noch nicht aufnehmen will. Schließlich kann die Serienproduktion, wie es hier nach der unwidersprochenen Behauptung der Beklagten der Fall war, deshalb zurückgestellt worden sein, weil der oder die Abnehmer der mit der Maschine hergestellten Erzeugnisse vor Erteilung von Aufträgen die zunächst gefertigten Proben prüfen wollen.
Es wäre daher eine Überspannung der an die Rügepflicht zu stellenden Anforderungen, wenn man dem Käufer oder Besteller ansinnen würde, eine Serienfertigung ohne Rücksicht auf die betrieblichen Gegebenheiten wie die wirtschaftlichen Verhältnisse seines Betriebs lediglich deshalb aufzunehmen, um auch solche Mängel, die sich erst bei einer Serienproduktion zeigen, unverzüglich rügen zu können. Das wird dadurch bestätigt, daß auch sonst im Handelsverkehr für eine ordnungsmäßige Untersuchung lediglich Stichproben erforderlich sind (RGZ 106, 359, 362; vgl. auch OLG Hamburg MDR 1965, 390). Den vom Käufer bei einer Warenlieferung vorzunehmenden Stichproben entsprechen bei Lieferung einer Maschine die stichprobenweise Fertigung der mit der Maschine herzustellenden Erzeugnisse unter ähnlichen Bedingungen wie bei einer serienmäßigen Produktion, insbesondere im Zeittakt. Mängel, die sich nicht bei einer solchen Fertigung, sondern erst bei einer echten Serienproduktion zeigen, sind somit nicht als bei einer ordnungsmäßigen Untersuchung erkennbare, sondern als verborgene Mängel anzusehen, die gemäß § 377 Abs. 3 HOB erst nach ihrer Entdeckung angezeigt werden müssen. So hat auch das Reichsgericht in einem allerdings etwas anders gelagerten Fall entschieden, daß Mängel von Zuckersäcken, die nicht bei der Besichtigung oder Sei einer mit der Hand vorgenommenen Prüfung, sondern erst beim Füllen und Stapeln der Säcke erkennbar wurden, als verborgene Mängel anzusehen sind (Monatsschrift für Handelsrecht und Bankwesen 1911, 309). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts war daher die Rüge der Beklagten nicht deshalb verspätet, weil die Mängel bei einer Serienfertigung erkennbar waren und weil die Beklagte nicht alsbald nach Abnahme der Maschine die Serienfertigung aufgenommen hatte.
Etwas anderes kann auch nicht deshalb angenommen werden, weil die Beklagte auf Fertigstellung der Sickenmaschine gedrängt und am 21. März 1973 angekündigt hatte, am 16. April 1973 mit der Serienproduktion beginnen zu wollen. Davon abgesehen, daß die Sickenmaschine nach Vornahme von Nachbesserungsarbeiten erst Mitte Mai 1973 geliefert worden war und daß daher die Serienfertigung nicht am 16. April 1973 aufgenommen werden konnte, war entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch das Drängen der Beklagten auf Lieferung der Maschine wie die Ankündigung, die Serienfertigung am 16. April 1973 aufzunehmen, kein Grund, eine alsbaldige Aufnahme der Serienproduktion als im ordnungsgemäßen Geschäftsgang tunlich anzusehen.
3. Da es sich somit bei den Mängeln, die sich erst bei der Serienproduktion zeigten, um verborgene Mängel handelt, die erst nach ihrer Entdeckung gerügt werden müssen, kann das Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand haben. Das Berufungsgericht wird feststellen müssen, ob die verborgenen Mängel rechtzeitig gerügt wurden. Vorher bedarf es keiner Erörterung, ob das Berufungsgericht den Beweisantrag der Beklagten im Termin vom 9. Mai 1975, daß die Klägerin um die Verzögerung der Serienproduktion gewußt habe, hätte berücksichtigen müssen (vgl. RG SeuffArch 85 Nr. 193).
III. Das Berufungsgericht wird bei der erforderlichen anderweiten Verhandlung und Entscheidung erneut zu prüfen haben, ob die Verkaufs- und Lieferungsbedingungen der Klägerin Vertragsinhalt geworden sind. Da nach diesen Bedingungen Zahlung bei Verfall, unabhängig von einer etwaigen Reklamation zu erfolgen hat, könnte nämlich bei Geltung dieser Bedingungen möglicherweise ein Zurückbehaltungsrecht wegen eines Nachbesserungsrechts oder wegen sonstiger Gewährleistungsansprüche ausgeschlossen sein.
1. Das Berufungsgericht hat rechtsirrtumsfrei angenommen, daß die Einkaufsbedingungen der Beklagten keine Anwendung finden, weil die Klägerin die Bestellung vom 21. November 1972 auf Grund der Einkaufsbedingungen der Beklagten nicht angenommen hatte. Das Berufungsgericht ist auch zu Recht der Meinung, das Schweigen der Beklagten auf das Schreiben der Klägerin vom 3. Januar 1973 könne nicht als stillschweigende Vereinbarung der Verkaufs- und Lieferungsbedingungen der Klägerin verstanden werden. Denn dieses Schreiben stellt eine modifizierte Auftragsbestätigung (§ 150 Abs. 2 BGB) dar, in deren widerspruchsloser Hinnahme eine stillschweigende Annahmeerklärung nicht zu sehen ist (BGHZ 61, 282, 285 m.Nachw.).
2. Das Berufungsgericht hat indessen nicht erörtert, ob die Abnahme der Sickenmaschine durch die Beklagte als stillschweigende Vereinbarung der Verkaufs- und Lieferungsbedingungen der Klägerin zu werten ist.
a) Nach einer modifizierten Auftragsbestätigung kann u.U. in der widerspruchslosen Entgegennahme oder Abnahme der Sache eine stillschweigende Annahme des geänderten Antrags und damit das Einverständnis mit den in Bezug genommenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen gesehen werden, sofern nach der Verkehrssitte und den Gesamtumständen dieses Verhalten hinreichend deutlich auf ein Einverständnis schliessen läßt (BGH Urteile vom 17. September 1954 – I ZR 18/53 = LM BGB § 150 Nr. 3 und vom 14. März 1963 – VII ZR 257/61 = NJW 1963, 1248 = WM 1963, 528; BGHZ 61, 282, 287/288).
b) Ob in der Entgegennahme oder Abnahme der Sache ein derartiges Einverständnis des Käufers oder Bestellers auch dann gesehen werden kann, wenn zwischen der modifizierten Auftragsbestätigung und der Entgegennahme oder Abnahme der Sache mehrere Monate liegen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Denn die Entgegennahme oder Abnahme der Sache ist nur dann als Einverständnis mit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Verkäufers oder Werklieferanten zu werten, wenn dieser in der Entgegennahme seiner Leistung eine Billigung seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen sehen darf und wenn der Käufer oder Besteller redlicherweise damit rechnen muß, daß sein Verhalten als Einverständnis angesehen wird.
c) Insoweit ist hier einerseits zu berücksichtigen, daß die Beklagte in ihrer Bestellung vom 21. November 1972 ein Einverständnis mit den Verkaufs- und Lieferungsbedingungen der Klägerin strikt abgelehnt hatte, was gegen ein nachträgliches Einverständnis mit diesen Bedingungen spricht. Andererseits ist zu beachten, daß die Klägerin mit ihrem Schreiben vom 19. April 1973 erneut auf ihre Verkaufs- und Lieferungsbedingungen hingewiesen hatte, ohne daß die Beklagte deren Geltung widersprochen hätte. Das könnte darauf hindeuten, daß die Beklagte die Verkaufs- und Lieferungsbedingungen der Klägerin hinnahm.
IV. Da es demnach weiterer Feststellungen bedarf, waren das Teilurteil des Berufungsgerichts wie sein Schlußurteil, soweit darin über die Kosten entschieden wurde, aufzuheben und die Sache in diesem Umfang zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Im übrigen war die Revision gegen das Schlußurteil als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung über die Kosten der Revisionen war dem Berufungsgericht zu übertragen, weil sie von der Entscheidung in der Sache abhängt.
Unterschriften
Dr. Hiddemann, Hoffmann, Wolf, Merz, Dr. Brunotte
Fundstellen
Haufe-Index 1134367 |
NJW 1977, 1150 |
Nachschlagewerk BGH |