Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Änderung einer Maklerprovisionsabrede durch schlüssiges Verhalten.
Normenkette
BGB § 652
Verfahrensgang
Saarländisches OLG (Aktenzeichen 8 U 410/97) |
LG Saarbrücken (Aktenzeichen 1 O 23/96) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 12. Februar 1998 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken vom 14. April 1997 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat auch die Kosten der Rechtsmittelzüge zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Beklagten, die die Errichtung eines Autohauses beabsichtigten, führten am 25. November 1994 im Beisein des Unternehmensberaters R. mit der Klägerin, die ein „Büro für unabhängige Wirtschaftsberatung und Finanzbetreuung” betreibt, ein Gespräch über die Finanzierung des Vorhabens. Dabei erläuterte die Klägerin ein Finanzierungsmodell, wonach die Rückführung der Darlehenssumme zumindest teilweise durch die Leistungen einer zu diesem Zwecke abzuschließenden Lebensversicherung erfolgen sollte. Anschließend unterzeichneten die Parteien folgenden, von der Klägerin handschriftlich fixierten Auftrag:
„Hiermit beauftragen wir (die Beklagten) Frau M. S. (die Klägerin) unwiderruflich, sich um die Finanzierung für unser geplantes N.-Autohaus in H. (geplante Summe 2 Mio. DM) zu kümmern und alle damit in Zusammenhang stehenden Verträge abzuwickeln. (Beratung 25.11.94 betrifft Tilgungsaussetzung durch LV). Sollten diesbezüglich Verträge von anderen Personen abgeschlossen werden, verpflichten wir uns, Frau S. in Höhe der ihr entgangenen Provision (35 [permil]) zu entschädigen, ebenso, wenn wir die Finanzierung selbst abwickeln.”
Am 21. Dezember 1994 kam unter Vermittlung der Klägerin eine Unterredung mit der Volksbank N. zustande, an der die Parteien, der Unternehmensberater R. und seitens der Bank ein Vorstandsmitglied und der Kreditsachbearbeiter D. teilnahmen. Im April 1996 gewährte die Volksbank N. der aus dem Beklagten zu 2) und dessen Bruder bestehenden Gebrüder A. Grundstücksverwaltungsgesellschaft einen Investitionsmittelkredit in Höhe von 1,92 Mio. DM und dem Autohaus „A. B. GmbH” einen Betriebsmittelkredit von 270.000 DM. Zum Abschluß von Lebensversicherungsverträgen kam es in diesem Zusammenhang nicht.
Die Klägerin verlangt von den Beklagten Zahlung des vereinbarten Maklerlohns. Sie ist der Auffassung, daß sie die Provision verdient habe, weil die Finanzierung des Autohauses aufgrund ihrer Vermittlungstätigkeit erfolgt sei und der ihr am 25. November 1994 erteilte Maklerauftrag nicht auf bestimmte Finanzierungsmodelle beschränkt worden sei. Die Beklagten halten sich vor allem deshalb für nicht provisionspflichtig, weil der Klägerin eine Vergütung nur für den Fall versprochen worden sei, daß eine Finanzierung des Vorhabens auf der Grundlage des von der Klägerin vorgestellten und ihnen, den Beklagten, besonders interessant erscheinenden Modells „Tilgungsaussetzung durch Abschluß von Lebensversicherungen” zustande komme.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Beklagten zur Zahlung von 80.500 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 16. Mai 1995 verurteilt. Mit der Revision begehren die Beklagten die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat Erfolg.
I.
1. Das Landgericht hat den zwischen den Parteien am 25. November 1994 abgeschlossenen Maklervertrag dahin ausgelegt, daß die Klägerin nur dann eine Vergütung erhalten sollte, wenn die Finanzierung des Autohauses nach Maßgabe des von der Klägerin vorgestellten Modells „Tilgungsaussetzung mittels Lebensversicherungen” zustande kommen würde. Ausgehend von dieser Auslegung hat das Landgericht die Klage abgewiesen, da das tatsächlich durchgeführte Kreditgeschäft mit dem ins Auge gefaßten (provisionspflichtigen) Geschäft wirtschaftlich nicht identisch sei.
Das Berufungsgericht hält diese Auslegung für zutreffend. Gleichwohl hat es der Klage stattgegeben, weil seiner Auffassung nach die Parteien im nachhinein den Maklervertrag stillschweigend in dem Sinne abgeändert haben, daß der Klägerin, falls ihre Vermittlungsbemühungen zum Erfolg führten, die Provision unabhängig von der Art der Finanzierung zustehen sollte. Hierzu hat es ausgeführt:
Die Klägerin habe den Beklagten dadurch, daß sie, nachdem sich die Unmöglichkeit einer Finanzierung mittels Lebensversicherungen herausgestellt habe, ihre Maklertätigkeit nicht eingestellt, sondern sich weiter um die Finanzierung bemüht habe, ein stillschweigendes Angebot auf Abschluß eines Abänderungsvertrags gemacht. Das ergebe sich daraus, daß nach den Aussagen der vom Landgericht vernommenen Zeugen D. und R. am 21. Dezember 1994 in Anwesenheit der Parteien mit den Vertretern der Bank über das gesamte Volumen des Geschäfts und über die Arten der zu leistenden Sicherheit gesprochen worden sei; dabei sei nach der Erinnerung der Zeugen über das Modell der Finanzierung mittels Lebensversicherung nicht mehr gesprochen worden.
Dieses Angebot hätten die Beklagten auch angenommen, denn sie hätten sich weiterhin Maklerdienste der Klägerin gefallen lassen, was sich schon daraus ergebe, daß die Volksbank das den Beklagten mit Schreiben vom 16. Mai 1995 unterbreitete Finanzierungsangebot der Klägerin zur Kenntnisnahme übersandt habe.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
2. a) Nach § 652 BGB steht dem Makler ein Provisionsanspruch nur dann zu, wenn der Vertrag, mit dessen Herbeiführung der Makler beauftragt war, tatsächlich zustande kommt; führt die Tätigkeit des Maklers zum Abschluß eines Vertrages mit anderem Inhalt, so entsteht kein Anspruch auf Maklerlohn. Dabei ist hinsichtlich der rechtlichen Ausgestaltung allerdings nicht vollständige Identität des zustande gekommenen mit dem beabsichtigten Hauptvertrag erforderlich, entscheidend ist vielmehr, ob durch den Hauptvertrag der vom Auftraggeber des Maklers erstrebte wirtschaftliche Erfolg eintritt (vgl. nur Senatsurteil vom 7. Mai 1998 - III ZR 18/97 - NJW 1998, 2277, 2278 m.w.N.).
Fehlt es – wie hier auf der Grundlage der Auslegung des Auftrags vom 25. November 1994 durch die Vordergerichte – an der notwendigen wirtschaftlichen Kongruenz, so kann sich gleichwohl ein Provisionsanspruch des Maklers aufgrund einer entsprechenden Änderung der ursprünglichen Vereinbarung ergeben, die auch konkludent erfolgen kann. Zur Annahme eines stillschweigend abgeschlossenen Änderungsvertrages reicht jedoch das bloße Ausnutzen der nicht vertragsgemäß erbrachten Maklerleistung keinesfalls aus – genauso wenig, wie die bloße Nutzung der unverlangten Nachweis- oder Vermittlungsleistung Annahme eines damit verbundenen erstmaligen Maklervertragsangebots bedeutet –; ansonsten wäre die Wesentlichkeit oder Unwesentlichkeit der Abweichung des zustande gekommenen vom beabsichtigten Hauptvertrag für die Frage der Provisionszahlungspflicht gleichgültig. Will der Makler auch für den nicht vertragsgemäßen Nachweis bzw. die nicht vertragsgemäße Vermittlung Provision erhalten, so muß er die Änderung des Maklervertrags anbieten und die Annahme des Angebots abwarten, bevor er seine Leistung erbringt. Das muß nicht ausdrücklich geschehen, sondern kann auch stillschweigend erfolgen. Eine solche konkludente Vertragsänderung kommt, wovon im rechtlichen Ansatz auch das Berufungsgericht ausgegangen ist, etwa dann in Betracht, wenn sich der Auftraggeber eine weitere Tätigkeit des Maklers gefallen läßt, obwohl bereits feststeht, daß das ursprünglich beabsichtigte Geschäft nicht oder nicht zu den in Aussicht genommenen Bedingungen zustande kommen kann (Staudinger/Reuter, BGB, 13. Aufl. §§ 652, 653 Rn. 67; MünchKomm-BGB/Roth, 3. Aufl. § 652 Rn. 138).
b) Ausgehend hiervon beanstandet die Revision zu Recht, daß der Vortrag der Parteien und die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine stillschweigende Änderungsvereinbarung bieten.
aa) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts läßt allein der Umstand, daß die Klägerin an dem mit der Volksbank am 21. Dezember 1994 geführten Finanzierungsgespräch teilgenommen hat, nicht den Schluß zu, die Klägerin habe durch dieses Verhalten ein schlüssiges Angebot zum Abschluß eines Änderungsvertrages abgegeben bzw. abgeben wollen.
Die Klägerin hat selbst zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht, daß die ursprünglich getroffene Abrede später aufgrund eines solchen Angebots konkludent abgeändert worden sei. Dazu bestand aus ihrer Sicht auch keine Veranlassung, da ihrer Meinung nach die umfassende Provisionszahlungspflicht der Beklagten bereits Regelungsgegenstand der Auftragserteilung vom 25. November 1994 war. Eine konkludente Willenserklärung setzt jedoch in der Regel auch das Bewußtsein voraus, daß eine rechtsgeschäftliche Erklärung wenigstens möglicherweise erforderlich ist. Soweit einem tatsächlichen Verhalten auch ohne ein solches Erklärungsbewußtsein oder ohne einen Rechtsbindungswillen die Wirkungen einer Willenserklärung beigelegt werden, geschieht dies zum Schutze des redlichen Rechtsverkehrs und setzt einen Zurechnungsgrund voraus. Dieser ist nur dann gegeben, wenn der sich in mißverständlicher Weise Verhaltende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können, daß die in seinem Verhalten liegende Äußerung nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte als Willenserklärung aufgefaßt werden durfte, und wenn der Empfänger sie auch tatsächlich so verstanden hat (vgl. BGH, Urteile vom 29. November 1994 - XI ZR 175/93 - NJW 1995, 953; und vom 6. März 1999 - LwZR 7/98 - UA S. 5 f, zur Veröffentlichung bestimmt). Dafür fehlt es an entsprechendem Tatsachenvortrag der Klägerin.
Hinzu kommt, daß nach der im Berufungsurteil wiedergegebenen und für die Überzeugungsbildung des Berufungsgerichts maßgeblichen Bekundung des Kreditsachbearbeiters D. anläßlich des Gesprächs vom 21. Dezember 1994, das vornehmlich dazu diente, die Beklagten „kennenzulernen”, zwar auch über das Volumen des Kreditgeschäfts und die zu stellenden Sicherheiten gesprochen wurde; eine – wenn auch nur vorläufige – Entscheidung über das Ob und Wie der Finanzierung ist dabei jedoch nicht getroffen worden. Am Ende des Gesprächs bestand seitens der Volksbank lediglich allgemein ein „Interesse an der Finanzierung”. Bei dieser Sachlage rechtfertigt allein der Umstand, daß das von der Klägerin den Beklagten vorgestellte Finanzierungsmodell kein besonderer Gegenstand der Erörterung war, noch nicht die Schlußfolgerung, die Parteien des Maklervertrags hätten im Verlaufe des Gesprächs die sichere Erkenntnis gewonnen, daß die ursprünglich beabsichtigte Art der Finanzierung endgültig gescheitert sei.
bb) Von Rechtsfehlern beeinflußt sind auch die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Annahme des (vermeintlichen) Angebots der Klägerin durch die Beklagten.
Der Umstand, daß die Volksbank – weil diese, wie das Berufungsgericht (naheliegenderweise) meint, die Klägerin noch immer als die „im Geschäft befindliche” Finanzierungsmaklerin angesehen habe – das den Beklagten mit Schreiben vom 16. Mai 1995 unterbreitete Finanzierungsangebot der Klägerin zur Kenntnisnahme übersandt hat, ist für die Frage der inhaltlichen Ausgestaltung des zwischen den Parteien bestehenden Maklervertragsverhältnisses ohne Belang. Dem Verhalten der Volksbank könnte insoweit allenfalls dann ein Erklärungswert zukommen, wenn der Bank von den Beklagten eine entsprechende Vollmacht erteilt worden wäre oder die Beklagten in zurechenbarer Weise den Rechtsschein einer solchen Bevollmächtigung gesetzt hätten. Dafür geben die Feststellungen des Berufungsgerichts und der Sachvortrag der Parteien keinerlei Anhalt.
II.
Das angefochtene Urteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar (§ 563 ZPO). Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist es nicht geboten, den Auftrag vom 25. November 1994 so auszulegen, daß die Beklagten bei Erfolg der Vermittlungsbemühungen der Klägerin unabhängig von der Art und Weise der Finanzierung zur Zahlung der versprochenen Provision verpflichtet sind. Die gegen die entgegengesetzte Auslegung der Vordergerichte erhobenen Gegenrügen greifen nicht durch.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die tatrichterliche Auslegung einer Individualvereinbarung in der Revisionsinstanz nur beschränkt daraufhin überprüfbar, ob dabei gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind oder ob sie auf Verfahrensfehlern beruht, etwa indem unter Verstoß gegen Verfahrensvorschriften wesentliches Auslegungsmaterial außer acht gelassen wurde (vgl. nur Urteil vom 25. Februar 1992 - X ZR 88/90 - NJW 1992, 1967, 1968 m.w.N.). Solche Rechtsfehler zeigt die Revision nicht auf.
Es trifft zwar zu, worauf die Revisionserwiderung entscheidend abstellt, daß der Wortlaut des Auftrags vom 25. November 1994 keine ausdrückliche Beschränkung der Provisionszahlungspflicht der Beklagten nur für den Fall einer Verwirklichung des von der Klägerin vorgestellten Finanzierungsmodells enthält. Das hat indes das Landgericht, dessen Auslegung das Berufungsgericht beigetreten ist, nicht verkannt; es hat dem Klammerzusatz, der jedenfalls deutlich macht, daß die Vertragsschließenden dieser Art der Finanzierung besonderes Gewicht beigemessen haben, lediglich entnommen, daß er eine Deutung des Vertrags im Sinne des Beklagtenvorbringens zulasse. Das Landgericht hat seine Entscheidung maßgeblich auf die Aussage des Unternehmensberaters R., der die Darstellung der Beklagten über den wesentlichen Inhalt der der Unterzeichnung des Auftrags vorausgegangenen Verhandlungen bestätigt hat, gestützt und auf die Interessenlage der Parteien abgestellt: Die von der Klägerin dargestellte Art der Finanzierung sei für die Beklagten wesentlich und für die Beauftragung der Klägerin ausschlaggebend gewesen, die selbst darauf hingewiesen habe, daß die Beklagten ein Interesse daran gehabt hätten, die Finanzierung soweit als möglich mittels Lebensversicherungen sicherzustellen.
III.
Das Berufungsurteil ist aufzuheben. Da weitere Feststellungen, die der Klage zum Erfolg verhelfen könnten, nicht zu erwarten sind, kann der Senat im Sinne der Beklagten in der Sache selbst entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).
Unterschriften
Rinne, Schlick, Kapsa, Dörr, Galke
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 16.09.1999 durch Freitag Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
BB 1999, 2104 |
BGHR |
EBE/BGH 1999, 327 |
NJW-RR 2000, 57 |
EWiR 2000, 71 |
NZM 1999, 1156 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 1999, 2556 |
ZIP 1999, 1847 |
ZMR 2000, 102 |
MDR 1999, 1370 |
VersR 1999, 1410 |
IPuR 2000, 36 |