Entscheidungsstichwort (Thema)
Verjährungsfristbeginn der Steuerberaterhaftung für einen Steuerschaden und Folgeschäden. Prozeßkostenersatzanspruch für ein aussichtsloses Finanzgerichtsverfahren. Schädigung durch Verschweigen des negativen Prozeßausgangs
Leitsatz (amtlich)
1. Für einen Anspruch auf Ersatz eines Steuerschadens einschließlich aller weiteren adäquat verursachten, vorausseh- und zurechenbaren Nachteile aus ein und derselben Pflichtverletzung eines steuerlichen Beraters läuft eine einheitliche Verjährungsfrist, die mit der Entstehung des ersten Teilschadens in Gang gesetzt wird.
2. Zur Pflicht eines steuerlichen Beraters, die Kosten eines aussichtslosen Finanzgerichtsverfahrens zu ersetzen.
3. Ein steuerlicher Berater, der zur Vereitelung eines Regreßanspruchs seinem Auftraggeber vorspiegelt, eine – bereits rechtskräftig abgewiesene – Klage gegen einen Steuerbescheid sei noch anhängig und werde erfolgreich sein, kann aus BGB § 826 zum Schadensersatz verpflichtet sein.
Normenkette
StBerG § 68; BGB § 826
Verfahrensgang
OLG Hamm (Urteil vom 15.05.1996; Aktenzeichen 25 U 102/94) |
LG Essen (Urteil vom 07.04.1994; Aktenzeichen 16 O 61/94) |
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 25. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 15. Mai 1996 wird insoweit zurückgewiesen, als der Feststellungsklage hinsichtlich der Kosten des im Jahre 1992 angestrengten Finanzgerichtsprozesses wegen des Steuerbescheids vom 4. Februar 1991 stattgegeben worden ist.
Im übrigen wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverweisen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Kläger verlangen vom beklagten Steuerberater Ersatz von Steuernachteilen und der Kosten zweier Finanzgerichtsverfahren. Der Beklagte betreute die klagende KG – Klägerin zu 1) – und die Kläger zu 2), die Kommanditisten der Klägerin zu 1) sind, von 1968 bis Ende 1992 in allen Steuerangelegenheiten. Dies galt seit 1988 auch für den Kläger zu 3) – Sohn der Kläger zu 2) –, nachdem dieser ebenfalls Kommanditist der Klägerin zu 1) geworden war.
Im Jahre 1982 wollten die Kläger zu 2) ihre beiden weiteren Kinder, die nicht an der Klägerin zu 1) beteiligt werden sollten, im Wege vorweggenommener Erbfolge mit jeweils einer Million DM abfinden. Nach Beratung durch den Beklagten schlossen die Kläger zu 2) am 8. November 1982 mit diesen Kindern jeweils einen notariell beurkundeten „Schenkungsvertrag”. Danach sollten 20 Halbjahresraten an den Sohn von je 50.000 DM und an die Tochter – unter Anrechnung einer früheren Schenkung – von je 26.000 DM gezahlt werden. An demselben Tage vereinbarten diese Kinder der Kläger zu 2) mit der Klägerin zu 1), dieser die von ihren Eltern geschenkten „Barbeträge” als verzinsliche Darlehen zur Verfügung zu stellen. Diese Verträge wurden durchgeführt.
Die Klägerin zu 1) setzte die Darlehenszinsen 1983 als Betriebsausgaben ab. Dies wurde mit Bescheid des Finanzamtes vom 11. November 1985 nicht anerkannt. Nach erfolglosem Einspruch erhob der Beklagte 1986 im Namen der Klägerin zu 1) Anfechtungsklage, die durch Urteil des Finanzgerichts vom 27. November 1989 abgewiesen wurde. Nachdem die Revision – auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung – am 16. Mai 1991 zugelassen worden war, versäumte der Beklagte eine fristgerechte Einlegung des Rechtsmittels.
Durch Bescheid vom 4. Februar 1991 versagte die Finanzbehörde die Anerkennung der Darlehenszinsen als Betriebsausgaben für 1984 bis 1988. Nach erfolglosem Einspruch erhob der Beklagte 1992 Anfechtungsklage im Namen der Klägerin zu 1), ohne eine Prozeßvollmacht einzureichen. Nachdem eine gerichtliche Frist zur Vorlage der Vollmacht fruchtlos verstrichen war, wies das Finanzgericht die Klage durch Vorbescheid vom 13. August 1992 ab. Den dagegen gerichteten Antrag auf mündliche Verhandlung nahm die Klägerin zu 1) am 2. November 1993 zurück, nachdem sie von den Versäumnissen des Beklagten in den beiden Prozessen erfahren hatte.
Bezüglich einer Anerkennung der Darlehenszinsen als Betriebsausgaben ab 1989 schwebt noch ein Einspruchsverfahren.
Die Regreßklage gegen den Beklagten ist am 3. Februar 1994 bei Gericht eingegangen und wurde am 17. Februar 1994 zugestellt. Die Kläger verlangen vom Beklagten Ersatz ihrer Steuernachteile infolge der Nichtanerkennung der Darlehenszinsen als Betriebsausgaben sowie der Prozeßkosten. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat die Zahlungsansprüche dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und dem Antrag auf Feststellung einer Pflicht des Beklagten, den Klägern weitere Schäden aus steuerlicher Fehlberatung im Jahre 1982 zu ersetzen, stattgegeben. Mit der Revision erstrebt der Beklagte, das Urteil des Landgerichts wiederherzustellen.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat überwiegend Erfolg.
A. Steuerschaden
Das Rechtsmittel wendet sich zu Recht dagegen, daß das Berufungsgericht den Klägern einen vertraglichen Anspruch auf Ersatz ihres Steuerschadens zuerkannt hat.
I.
Ein Schadensersatzanspruch der Kläger gegen den Beklagten aus dessen Steuerberatungsvertrag mit den Klägern zu 1) und zu 2), in dessen Schutzbereich der Kläger zu 3) nach tatrichterlicher Feststellung – vor seinem Beitritt zu diesem Vertrag 1988 – einbezogen war (vgl. BGH, Urt. v. 5. Juni 1985 – IVa ZR 55/83, WM 1985, 1274, 1275; v. 19. Dezember 1996 – IX ZR 327/95, WM 1997, 359, 360), ist insoweit, als Ersatz steuerlicher Nachteile verlangt wird, entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts gemäß der Einrede des Beklagten verjährt (§§ 68 StBerG, 222 Abs. 1 BGB).
Dazu hat das Berufungsgericht ausgeführt: Die Verjährung nach § 68 StBerG beginne mit der Bekanntgabe des belastenden Steuerbescheids. Die Klageerhebung im Februar 1994 habe die Verjährung bezüglich der Steuerjahre ab 1984 unterbrochen. Zwar sei die Verjährungsfrist für die Primärhaftung betreffend das Jahr 1983 bereits abgelaufen gewesen. Insoweit greife aber eine Sekundärhaftung ein. Entgegen seiner Pflicht, die Kläger auf die eigene Regreßpflicht und deren Verjährung hinzuweisen, habe der Beklagte bis zum Schluß des Beratungsvertrages Ende 1992 immer wieder die steuerliche Zulässigkeit des von ihm vorgeschlagenen Vertragsmodells bekräftigt.
II.
Diese Erwägungen halten der Revisionsrüge nicht stand.
Ein vertraglicher Anspruch gegen einen Steuerberater, der – wie im vorliegenden Falle – auf Ersatz steuerlicher Nachteile wegen eines fehlerhaften Rats in einer Steuersache gerichtet ist, verjährt in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 68 StBerG). Die Verjährung beginnt mit der Bekanntgabe des belastenden Steuerbescheids, weil erst dann ein Schaden infolge eines Beratungsfehlers und damit ein Ersatzanspruch im Sinne des § 198 BGB entstanden ist; die Bestandskraft oder Unanfechtbarkeit des Bescheids ist für den Verjährungsbeginn in einem solchen Falle nicht erforderlich (BGHZ 129, 386, 388 ff). Der bekanntgegebene Steuerbescheid gibt dem Mandanten in der Regel Anlaß zur Prüfung, ob der Steuernachteil auf einer Fehlberatung seines Steuerberaters beruht. Von diesem Zeitpunkt an ist dem Auftraggeber zuzumuten, einen Ersatzanspruch gegen den Steuerberater im Wege der Klage geltend zu machen (BGHZ 129, 386, 390). Da der aus einem bestimmten Ereignis erwachsene Schaden als ein einheitliches Ganzes aufzufassen ist, läuft eine einheitliche Verjährungsfrist für den Anspruch auf Ersatz dieses Schadens einschließlich aller weiteren adäquat verursachten, zurechen- und voraussehbaren Nachteile, sobald irgendein (Teil-)Schaden entstanden ist (BGHZ 50, 21, 23 f; 100, 228, 231 f; 114, 150, 153; BGH, Urt. v. 15. Oktober 1992 – IX ZR 43/92, NJW 1993, 648, 650; v. 5. November 1992 – IX ZR 200/91, WM 1993, 610, 612; v. 7. Februar 1995 – X ZR 32/93, NJW 1995, 2039, 2040; v. 29. Februar 1996 – IX ZR 180/95, WM 1996, 1106, 1107). Danach kann die Verjährung bei einem sich nach und nach entwickelnden Schaden aus ein und derselben Verletzungshandlung – anders als bei mehreren selbständigen Handlungen des Schädigers (BGH, Urt. v. 15. Oktober 1992 – IX ZR 43/92, aaO) – bereits eingetreten sein, bevor sich ein später Folgenachteil einstellt.
1. Danach lief – dies hat das Berufungsgericht verkannt – eine einheitliche Verjährungsfrist für alle Steuerschäden aus einer Fehlberatung des Beklagten anläßlich der Schenkungs- und Darlehensverträge im Jahre 1982 seit Bekanntgabe des Steuerbescheids vom 11. November 1985. Nach dem Vorbringen der Kläger und den tatrichterlichen Feststellungen war der gesamte geltend gemachte Schaden infolge Nichtanerkennung der Darlehenszinsen als Betriebsausgaben die adäquate, zurechen- und voraussehbare Folge einer einzigen, in sich abgeschlossenen Pflichtverletzung des Beklagten, die darin bestand, daß dieser vor Abschluß der Verträge 1982 nicht dafür gesorgt hat, daß die Voraussetzungen für eine steuerliche Anerkennung erfüllt wurden. Deswegen begann mit Bekanntgabe des ersten belastenden Steuerbescheids nicht nur die Verjährung eines Ersatzanspruchs wegen des 1983 entstandenen ersten Teilschadens, sondern eines Anspruchs auf Ersatz des steuerlichen Gesamtschadens einschließlich der entsprechenden voraussehbaren weiteren Nachteile in der Folgezeit. Es lief also – entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts – keine gesonderte neue Verjährungsfrist ab Bekanntgabe des Steuerbescheids vom 4. Februar 1991, der Folgeschäden der Kläger für die Jahre 1984 bis 1988 betraf. Auch die – mit dem Feststellungsantrag geltend gemachten – steuerlichen Nachteile seit 1989 gehören zu dem steuerlichen Gesamtschaden der Kläger aus der Pflichtverletzung des Beklagten 1982.
Diesen einheitlichen Verjährungsbeginn, der sich aus dem Grundsatz der Schadenseinheit ergibt, stellt die Revisionserwiderung erfolglos in Frage, indem sie geltend macht, der Beklagte habe eine weitere Pflichtverletzung begangen, weil er sein Vertragskonzept nicht nach dem Steuerbescheid 1985 überprüft habe. Zwar hatte der Beklagte die allgemeine Vertragspflicht, seine Auftraggeber möglichst vor Schaden zu bewahren (vgl. BGHZ 129, 386, 396), und mußte deswegen Nachteile seiner Mandanten aus einer Pflichtverletzung abwenden oder wenigstens mindern. Eine Vernachlässigung dieser Pflicht war aber keine selbständige schadensursächliche Pflichtverletzung, die – dies wäre die Folge – die schadensauslösende Pflichtverletzung 1982 gleichsam aufhob und wegen ihrer Dauerwirkung ständig eine neue Verjährung für jeden weiteren Teilschaden beginnen ließ. In diesem Zusammenhang verweist die Revisionserwiderung vergeblich auf das Urteil des IV. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 15. Mai 1991 (IV ZR 85/90, VersR 1991, 873, 875). Darin hat der IV. Zivilsenat entschieden, daß mehrere gleichartige Pflichtverletzungen eines Steuerberaters jeweils einen deckungspflichtigen Schadensfall im Sinne der Vermögensschadenhaftpflichtversicherung ergeben. Eine solche versicherungsrechtliche Frage ist hier nicht entscheidungserheblich.
2. Die Verjährungsfrist hat sich wegen einer sogenannten Sekundärhaftung des Beklagten verlängert, nachdem die Primärverjährungsfrist drei Jahre nach Bekanntgabe des Bescheids vom 11. November 1985 abgelaufen war (vgl. BGHZ 129, 386, 391 ff). Der erfolglose Einspruch gegen den Steuerbescheid von November 1985 hatte dem Beklagten begründeten Anlaß gegeben, die Kläger auf die Möglichkeit einer Regreßhaftung und die dafür maßgebliche Verjährungsregelung hinzuweisen; eine solche Aufklärung hat der Beklagte schuldhaft unterlassen. Mit Eintritt der Primärverjährung – nicht erst bei Mandatsende 1992, wie das Berufungsgericht angenommen hat – wurde dann gemäß § 68 StBerG eine um drei Jahre verlängerte Verjährungsfrist in Gang gesetzt (BGHZ 129, 386, 395 m.w.N.). Nach deren Ablauf war die Verjährung des vertraglichen Anspruchs auf Ersatz des Steuerschadens im November 1991 vollendet. Die Einsprüche gegen die Steuerbescheide und die Anfechtungsklagen haben die Verjährung dieses Anspruchs nicht gehindert (vgl. BGH, Urt. v. 29. Februar 1996 – IX ZR 180/95, aaO).
3. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung können die Kläger der Verjährungseinrede des Beklagten nicht den Arglisteinwand (§ 242 BGB) entgegenhalten.
Die Verjährungseinrede ist dann eine unzulässige Rechtsausübung, wenn der Schuldner den Gläubiger in treuwidriger Weise von der rechtzeitigen Klageerhebung abgehalten hat (vgl. BGHZ 9, 1, 5; 71, 86, 96; BGH, Urt. v. 26. Februar 1985 – VI ZR 144/83, WM 1985, 1038, 1041; v. 3. November 1988 – IX ZR 203/87, WM 1988, 1855, 1858). Mit Rücksicht auf den Zweck der Verjährungsregelung sind an den Arglisteinwand strenge Anforderungen zu stellen. Der Gläubiger muß nach Wegfall des Umstandes, aus dem er das treuwidrige Verhalten des Schuldners herleitet, innerhalb einer nach den Umständen des jeweiligen Falles angemessenen, in aller Regel kurzen Frist seinen Anspruch gerichtlich geltend machen. Da der Gläubiger schon über die Verjährungsfrist hinaus mit der Klageerhebung gewartet hat, muß er sich rasch zu einem gerichtlichen Vorgehen entschließen. Nach Ablauf der angemessenen Klagefrist verstößt die Verjährungseinrede des Schuldners nicht mehr gegen Treu und Glauben (BGH, Urt. v. 14. Oktober 1958 – VI ZR 183/57, NJW 1959, 96; v. 6. Dezember 1990 – VII ZR 126/90, NJW 1991, 974, 975; v. 29. Februar 1996 – IX ZR 180/95, aaO 1108).
Dazu haben die Kläger behauptet, der Beklagte habe ihnen bis Ende 1992 erklärt, die Klagen gegen die Steuerbescheide seien noch anhängig und führten zum Erfolg; der Kläger zu 2) hat bei seiner Anhörung durch das Berufungsgericht vorgebracht, bis 1993 habe der Beklagte immer wieder versichert, das Modell sei absolut sicher und die Kläger würden beim Bundesfinanzhof gewinnen.
Selbst wenn deswegen zugunsten der Kläger davon auszugehen sein sollte, daß die Voraussetzungen des Arglisteinwandes vorlagen, so ist dessen Grundlage fortgefallen, als die Kläger nach tatrichterlicher Feststellung spätestens am 2. November 1993 erfuhren, daß das Urteil des Finanzgerichts vom 27. November 1989, das die Klage gegen den Steuerbescheid vom 11. November 1985 abgewiesen hatte, 1991 rechtskräftig geworden und die Klage gegen den Bescheid vom 4. Februar 1991 am 13. August 1992 abgewiesen worden waren. Nachdem die Kläger diese Kenntnis erlangt hatten, hätten sie nach einer angemessenen Überlegungsfrist einen Regreßanspruch gegen den Beklagten einklagen müssen. Die Klage ist am 3. Februar 1994 bei Gericht eingegangen. Dieser Zeitraum von drei Monaten war nach den Umständen des vorliegenden Falles zu lang. In der Mehrzahl der durchschnittlichen Fälle wird eine Klagefrist von einem Monat als ausreichend angesehen (BGH, Urt. v. 6. Dezember 1990 – VII ZR 126/90, aaO m.w.N.; v. 4. November 1997 – VI ZR 375/96, Umdruck 10 f, z.V.b.). Der vorliegende Fall bietet keine Besonderheiten, die eine Frist von drei Monaten rechtfertigten. Die Kläger wußten am 2. November 1993, daß ihre Klagen gegen die Steuerbescheide rechtskräftig abgewiesen worden waren und ihnen deswegen ein Schaden drohte; die sachlichen Gründe für die Nichtanerkennung der Darlehenszinsen als Betriebsausgaben hatten sie aus dem Urteil des Finanzgerichts vom 27. November 1989 erfahren. Aufgrund ihres Kenntnisstandes am 2. November 1993 bot zumindest die Erhebung einer Feststellungsklage gegen den Beklagten keine besonderen Schwierigkeiten, zumal dafür eine lange Vorbereitungszeit zur Verfügung gestanden hatte und die Kläger nach eigenem Vorbringen schon 1992 andere steuerliche Berater eingeschaltet hatten.
4. Der vertragliche Anspruch auf Ersatz des Steuerschadens ist nicht aufgrund einer anderen Pflichtverletzung unverjährt.
a) Zwar hat sich der Beklagte weitere selbständige, von einer steuerlichen Fehlberatung 1982 unabhängige Pflichtverletzungen zuschulden kommen lassen, indem er nach Zulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts vom 27. November 1989 im Mai/Juni 1991 keine fristgerechte Revision eingelegt hat, so daß das angefochtene Urteil rechtskräftig geworden ist, und für die Klage gegen den Steuerbescheid vom 4. Februar 1991 trotz einer gerichtlichen Ausschlußfrist 1992 keine Prozeßvollmacht eingereicht hat, so daß die Klage abgewiesen wurde. Die Verjährung von Ansprüchen auf Ersatz von Steuerschäden aus diesen Pflichtverletzungen wäre durch die Klageerhebung im Februar 1994 unterbrochen worden (§§ 68 StBerG, 209 Abs. 1, 211, 217 BGB). Der geltend gemachte Steuerschaden beruht jedoch nicht auf diesen Pflichtverletzungen innerhalb der finanzgerichtlichen Verfahren. Vielmehr waren die Anfechtungsklagen im Endergebnis aussichtslos, weil die Zinsen auf die Darlehen, die die beiden Kinder der Kläger zu 2) der Klägerin zu 1) aufgrund der Darlehensverträge vom 8. November 1982 – im Zusammenhang mit den Schenkungsverträgen der Kläger zu 2) mit diesen Kindern von demselben Tage – gewährt hatten, nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht als steuermindernde Betriebsausgaben anerkannt worden wären (§ 4 Abs. 4 EStG), sondern dem Abzugsverbot für Zuwendungen im privaten Bereich unterlagen (§§ 4 Abs. 1 Satz 1, 12 EStG).
aa) Betriebsausgaben sind Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt sind (§ 4 Abs. 4 EStG). Bei einem Vertrag zwischen nahen Angehörigen – oder wie hier zwischen einer Personengesellschaft und Angehörigen der beherrschenden Gesellschafter (BFH BStBl II 1991, 911, 912) – kann von einer betrieblichen Veranlassung nur dann ausgegangen werden, wenn die Vereinbarung in der gesetzlich vorgeschriebenen Form zustande gekommen ist und – abgesehen von dem zwischen Fremden nicht üblichen Entstehungsgrund der Schenkung – sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen. Inhalt und Abwicklung eines Darlehensvertrages halten diesem Fremdvergleich stand, wenn eine Vereinbarung über die Laufzeit sowie über Art und Weise der Rückzahlung des Darlehens getroffen wurde, die Zinsen zu den Fälligkeitsterminen entrichtet werden und der Rückzahlungsanspruch bei langfristiger Laufzeit ausreichend gesichert ist (zusammenfassend BFH BStBl II 1992, 468, 469 ff m.w.N.; vgl. BFHE 163, 49, 50 ff = DStR 1991, 459; BFH BStBl II 1991, 911, 912 ff; DStR 1991, 610).
bb) Das Berufungsgericht – und das Finanzgericht in seinem Urteil vom 27. November 1989 – haben zutreffend ausgeführt, daß die Darlehens- und Schenkungsverträge einheitlich zu bewerten sind, weil diese Verträge an demselben Tage geschlossen wurden und die Darlehensverträge auf die Schenkungen Bezug nehmen (vgl. BFH DStR 1991, 610), und daß die darin enthaltenen Vereinbarungen zur Laufzeit und Rückzahlung der Darlehen nicht denjenigen entsprechen, die zwischen Fremden üblich sind. Nach den Darlehensverträgen stellten die Kinder der Kläger zu 2) die von diesen geschenkten „Barbeträge” in Höhe von 20 Halbjahresraten von je 50.000 DM bzw. 26.000 DM der Klägerin zu 1) als verzinsliche Darlehen zur Verfügung. Die Zahlung dieser Raten an die Kinder der Klägerin zu 2) war in den Schenkungsverträgen nicht endgültig festgelegt. Die Schenker waren zur „Streckung der Ratenzahlungen” berechtigt, wenn und solange ihre Liquiditätslage und diejenige ihrer Unternehmen dies erforderte. Außerdem behielten sich die Schenker vor, die Ratenzahlungen ganz oder teilweise durch Übertragung anderer Vermögensgegenstände abzulösen. Weiterhin wurde den Schenkern ein umfangreiches Recht auf Widerruf der Schenkung eingeräumt, dessen Ausübung zum Fortfall der weiteren Zahlungen und zur Erstattung der geleisteten Schenkungen führte. Danach stand nicht abschließend fest, wann Darlehen zu gewähren waren. Vielmehr hingen Umfang und Fälligkeit der Darlehensauszahlungen von der Kapitalausstattung der Darlehensgeber durch Dritte ab, nicht aber vom Kreditbedürfnis der Darlehensnehmerin, die ihrerseits jeden angebotenen Darlehensbetrag anzunehmen und zu verzinsen hatte. Infolgedessen waren die Laufzeit und die – von einer Kündigung eines Vertragsteils abhängige – Rückerstattung einzelner Leistungen der Darlehensgeber ungewiß. Dagegen ist es üblich, daß Kreditverträge unter Fremden den Umfang und Zeitpunkt der Leistungen des Kreditgebers sowie – daran anknüpfend – die Fälligkeit der Rückzahlung abschließend festlegen.
Das Berufungsgericht hat ferner rechtsfehlerfrei festgestellt, daß die vereinbarte Gewährung von Darlehen in Höhe von insgesamt einer Million DM und von insgesamt 520.000 DM in einem Zeitraum von zehn Jahren ohne Sicherheiten unter Fremden nicht üblich ist. Grundsätzlich setzt eine steuerliche Anerkennung von Darlehenszinsen als Betriebsausgaben bei langfristigen Darlehen voraus, daß der Darlehensnehmer ausreichende Sicherheiten gestellt hat; langfristig ist jedenfalls ein Darlehen mit einer Gesamtlaufzeit von mehr als vier Jahren (BFHE 163, 49, 51 f). Im vorliegenden Fall durfte vom Regelerfordernis einer Besicherung des Rückzahlungsanspruchs schon wegen der Höhe der Gesamtdarlehen nicht abgewichen werden.
cc) Auf die von der Revision in diesem Zusammenhang erörterte Vorschrift des § 42 AO kommt es nicht an, weil ein vertraglicher Anspruch auf Ersatz des Steuerschadens verjährt ist.
b) Insoweit ist es auch rechtlich unerheblich, ob der Beklagte – gemäß dem Klagevortrag – die rechtzeitige Erhebung der Regreßklage vereitelt hat. Ein solches Verhalten hat den Steuerschaden nicht verursacht.
III.
Der Klageanspruch auf Ersatz des Steuerschadens kann allerdings aus unerlaubter Handlung gerechtfertigt sein.
Die Kläger haben unter Beweisantritt behauptet, der Beklagte habe ihnen bis etwa Ende 1992 versichert, die Klagen gegen die Steuerbescheide seien noch anhängig und würden erfolgreich sein. Damit können die Kläger einen Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB schlüssig dargelegt haben, falls ihr Vorbringen dahin zu verstehen ist, der Beklagte habe sich in dieser Weise auch bis zur Verjährung ihres vertraglichen Anspruchs auf Ersatz des Steuerschadens im November 1991 arglistig verhalten, obwohl das Finanzgerichtsurteil vom 27. November 1989 bereits im Juni 1991 rechtskräftig geworden war, und die Kläger hätten, wie diese mit ihrer Gegenrüge aus § 139 ZPO geltend gemacht haben, bei wahrheitsgemäßer Mitteilung des Prozeßergebnisses rechtzeitig Regreßklage gegen den Beklagten erhoben. In diesem Falle hätte der Beklagte die Kläger geschädigt. Der vertragliche Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten wäre bei rechtzeitiger Klage erfolgreich gewesen. Aufgrund der rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts wäre eine Vertragsgestaltung möglich gewesen, die eine steuerliche Anerkennung der Darlehenszinsen als Betriebsausgaben gewährleistet hätte; die dagegen gerichteten Verfahrensrügen der Revision wurden geprüft, greifen aber nicht (§ 565 a ZPO). Nach Verjährung des vertraglichen Regreßanspruchs war die Vermögenslage der Kläger auch dann verschlechtert, wenn sie wegen des behaupteten Vorgehens des Beklagten zunächst noch den Arglisteinwand gegenüber einer Verjährungseinrede hätten erheben können; nach Wegfall dieses Einwands bestand die – eingetretene – Gefahr, die verbleibende kurze Klagefrist zu versäumen. Ein daraus folgender Anspruch auf Herstellung des Zustandes, der ohne das behauptete Verhalten des Beklagten bestünde, wäre wegen der Klageerhebung im Februar 1994 nicht verjährt (§§ 209 Abs. 1, 211, 852 Abs. 1 BGB).
Der Beklagte hat das Vorbringen der Kläger bestritten. Das Berufungsgericht hat insoweit keine Feststellungen getroffen; dies wird nachzuholen sein. Da ein gesetzlicher Schadensersatzanspruch der Kläger in den Vorinstanzen nicht erörtert worden ist, ist den Parteien noch Gelegenheit zu geben, ihren Vortrag zu ergänzen.
B. Prozeßkostenschaden
Beide Parteien gehen zutreffend davon aus, daß die Kläger spätestens mit der Berufungsbegründung von September 1994 ihren Feststellungsantrag auf die Kosten der beiden Finanzgerichtsverfahren erstreckt haben und daß das Berufungsgericht nach dem Zusammenhang seiner Ausführungen diese Verfahrenskosten als adäquate Folgen der steuerlichen Fehlberatung 1982 angesehen und deshalb unter die festgestellte Pflicht zum Ersatz der daraus folgenden Schäden der Klägerin zu 1) gefaßt hat.
I. Kosten des ersten Finanzgerichtsprozesses
1. Soweit die Klägerin zu 1) (fortan: die Klägerin) die Feststellung einer Pflicht des Beklagten zum Ersatz ihrer Kosten des 1986 angestrengten Finanzgerichtsverfahren begehrt hat, ist die Klage zulässig, weil diese unter dem Gesichtspunkt der Prozeßwirtschaftlichkeit zu einer sinnvollen und sachgemäßen Erledigung des Streitpunktes führt (vgl. BGH, Urt. v. 11. November 1993 – IX ZR 47/93, WM 1994, 360, 361). Entgegen der Ansicht der Revision brauchte die Klägerin insoweit nicht zur Leistungsklage überzugehen (vgl. BGH, Urt. v. 21. Dezember 1989 – IX ZR 234/88, BGHR ZPO § 256 Abs. 1 – Feststellungsinteresse 16).
2. Ein vertraglicher Anspruch der Klägerin auf Ersatz der Kosten dieses finanzgerichtlichen Verfahrens ist verjährt (§ 68 StBerG).
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts waren die Kosten jenes Rechtsstreits kein adäquater, zurechen- und vorhersehbarer Spätschaden aus einer steuerlichen Fehlberatung 1982 (vgl. BGHZ 111, 168, 175, 177). Vielmehr beruht dieser Schaden der Klägerin auf einer weiteren selbständigen Pflichtverletzung des Beklagten, weil dieser der Klägerin nicht von der im Endergebnis aussichtslosen Anfechtungsklage abgeraten hat (vgl. BGH, Urt. v. 13. März 1997 – IX ZR 81/96, WM 1997, 1392, 1393). Die Verjährung des Ersatzanspruchs der Klägerin hat mit der Einreichung der Klage begonnen, weil dadurch die Klägerin Zweitschuldnerin der Gerichtskosten geworden ist (§ 49 GKG a.F.) und damit der erste Teil des Kostenschadens entstanden ist (vgl. BGH, Urt. v. 7. Februar 1995 – X ZR 32/93, NJW 1995, 2039, 2041). Drei Jahre nach der Klageerhebung 1986 lief die Primärverjährungsfrist ab. Zugunsten der Klägerin kann davon ausgegangen werden, daß sich diese Frist wegen einer Sekundärhaftung des Beklagten um drei Jahre verlängert hat. Weiterhin kann zugunsten der Klägerin unterstellt werden, daß ihr zunächst der Arglisteinwand gegenüber einer Verjährungseinrede zugestanden hat, weil der Beklagte verschwiegen hatte, daß das Urteil des Finanzgerichts 1991 rechtskräftig geworden war. Der Arglisteinwand ist jedoch entfallen, nachdem die Klägerin davon spätestens am 2. November 1993 erfahren und dennoch nicht in der angemessenen kurzen Frist den Anspruch auf Ersatz der Kosten des ersten Finanzgerichtsprozesses eingeklagt hat. Dies ist verspätet frühestens mit der Klageerhebung im anhängigen Rechtsstreit im Februar 1994 geschehen.
3. Auch der Anspruch auf Ersatz der Kosten des ersten Finanzgerichtsprozesses kann aus unerlaubter Handlung (§ 826 BGB) begründet sein; insoweit gelten die vorstehenden Ausführungen (A III) entsprechend.
Ein solcher Anspruch bestünde allerdings dann nicht, wenn der vertragliche Anspruch auf Ersatz der Prozeßkosten bereits drei Jahre nach Einreichung der Klage 1986 verjährt gewesen sein sollte (§ 68 StBerG); dann wäre ein Regreßanspruch wegen dieser Kosten nicht dadurch vereitelt worden, daß der Beklagte nach dem Klagevortrag 1991 den Prozeßausgang arglistig verschleiert haben kann. Bisher ist weder vorgetragen noch festgestellt worden, daß bis zum Ablauf der Primärverjährungsfrist für den Beklagten ein begründeter Anlaß bestanden hat, die Klägerin auf die Möglichkeit einer Regreßhaftung und die dafür maßgebliche Verjährungsregelung hinzuweisen. Sollte ein solcher Anlaß gefehlt haben, so hätte der Beklagte keiner verjährungsverlängernden Sekundärhaftung unterlegen. Das negative Urteil des Finanzgerichts vom 27. November 1989 könnte ein begründeter Anlaß im vorstehenden Sinne gewesen sein; es steht aber nicht fest, daß es noch vor Ablauf der Primärverjährungsfrist ergangen ist.
II. Kosten des zweiten Finanzgerichtsprozesses
Der zulässige Klageantrag auf Feststellung einer Pflicht des Beklagten, der Klägerin die Kosten des 1992 angestrengten Finanzgerichtsverfahrens zu ersetzen, ist aus dem umfassenden Steuerberatungsvertrag der Parteien begründet.
Im Rahmen seines Mandats hatte der Beklagte seine Auftraggeberin möglichst vor Schaden zu bewahren und in die Lage zu versetzen, eine nachteilige Fehlentscheidung zu vermeiden (vgl. BGHZ 129, 386, 396). Deswegen hätte er der Klägerin von dem im Endergebnis aussichtslosen Verfahren abraten müssen (vgl. BGH, Urt. v. 13. März 1997 – IX ZR 81/96, aaO). Statt dessen hat der Beklagte nach dem Klagevortrag immer wieder die Erfolgsaussicht der Anfechtungsklage versichert. Er hat selbst nicht behauptet, die Klägerin auf die Aussichtslosigkeit jenes Prozesses hingewiesen zu haben. Diese Pflichtverletzung war fahrlässig (§ 276 BGB). Bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt hätte der Beklagte bei Erhebung der Anfechtungsklage 1992 wissen können und müssen, daß das Modell, das er nach unbeanstandeter tatrichterlicher Feststellung 1982 entworfen hatte, den Anforderungen des Bundesfinanzhofs an eine steuerliche Anerkennung der Darlehenszinsen als Betriebsausgaben nicht entsprach; daher hätte der Beklagte die unnötigen Prozeßkosten seiner Auftraggeberin verhindern können und müssen. Seine schuldhafte Pflichtverletzung hat diese Kosten ausgelöst. Aufgrund der Lebenserfahrung ist nach den Regeln des Anscheinsbeweises gemäß dem Klagevortrag davon auszugehen, daß die Klägerin bei ordnungsmäßiger Aufklärung über die Aussichtslosigkeit von einer Anfechtung des Steuerbescheids 1991 abgesehen hätte (vgl. BGHZ 123, 311, 317). Dann wäre dieser Kostenschaden nicht entstanden. Der Beklagte hat keine Tatsachen vorgebracht, die den Schluß zuließen, die Klägerin hätte sich über einen Rat, keine Anfechtungsklage zu erheben, hinweggesetzt (vgl. BGH, Urt. v. 27. Mai 1973 – IX ZR 66/92, WM 1993, 1513, 1516).
Der Anspruch auf Ersatz dieses Kostenschadens ist nicht verjährt (§ 68 StBerG). Die Verjährung, die mit Erhebung der Anfechtungsklage 1992 begonnen hat (vgl. BGH, Urt. v. 7. Februar 1995 – X ZR 32/93, aaO 2041), ist unterbrochen worden, indem die Klägerin diesen Schaden spätestens mit der im September 1994 zugestellten Berufungsbegründung im Rahmen des Feststellungsantrags geltend gemacht hat.
Fundstellen
DB 1998, 1611 |
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