Leitsatz (amtlich)
›Vollendete Hehlerei in Form der Absatzhilfe kann bereits darin liegen, daß der Täter im Einvernehmen mit dem Vortäter den Transport von Diebesgut zum Umsatzort übernimmt.‹
Verfahrensgang
Gründe
I. Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte der anderweitig verfolgte Norbert W. die Angeklagte seine Lebensgefährtin - telefonisch mehrmals aufgefordert, gestohlenen Schmuck mit dem Pkw von Weiden i. d. OPf. - wo sich die gemeinsame Wohnung befand - nach Straubing zum Bahnhof zu bringen, weil er dort die Beute gewinnbringend veräußern wollte. Nach anfänglichem Sträuben erklärte sich die Angeklagte, die wußte, daß es sich um unrechtmäßig erworbene Gegenstände handelte, dazu bereit. Sie schaffte diese in den Pkw und versteckte sie unter dem Beifahrersitz. Absprachegemäß fuhr sie dann über die Autobahn in Richtung Straubing, um das Diebesgut ihrem Lebensgefährten zum Absatz zu überbringen. Bei dieser Fahrt wurde sie alsbald von der Polizei angehalten, die auf Grund einer Telefonüberwachung Kenntnis von dem Vorhaben erlangt hatte. Der gestohlene Schmuck wurde sichergestellt.
Vom Vorwurf, damit Hehlerei in Form der Absatzhilfe begangen zu haben, hat das Landgericht die Angeklagte aus Rechtsgründen freigesprochen. Hiergegen richtet sich die Revision der Staatsanwaltschaft, mit der sie die Verletzung förmlichen und sachlichen Rechts rügt. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat Erfolg. Die Verfahrensrügen bedürfen keiner Erörterung, weil die Sachbeschwerde durchgreift.
II. Die Erwägungen, mit denen die Strafkammer ein strafbares Handeln der Angeklagten verneint, halten der Nachprüfung nicht stand.
1. Soweit das Landgericht in tatsächlicher Hinsicht davon ausgeht, daß der Lebensgefährte der Angeklagten die von ihr transportierten Sachen selbst gestohlen oder - sei es als Zwischenhehler, der sich das Diebesgut zu eigener Verfügungsgewalt verschafft hatte, sei es auch nur als Täter einer Unterschlagung - sonst durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete Straftat erlangt hat, legt der festgestellte Sachverhalt die Annahme nahe, die Angeklagte habe sich eines vollendeten Vergehens der Hehlerei in Form der Absatzhilfe schuldig gemacht. Wie die Revision zu Recht geltend macht, trifft die Auffassung der Strafkammer, das Verhalten der Angeklagten stelle nur eine straflose Vorbereitungshandlung dar, nicht zu.
a) Den Tatbestand der Hehlerei erfüllt nach § 259 Abs. 1 StGB unter anderem, wer die "bemakelte" Sache im Einvernehmen mit dem Vortäter (durch selbständiges Handeln) absetzt oder (durch unselbständiges, an Weisungen gebundenes Handeln) absetzen hilft. Insoweit entspricht die Neufassung, die diese Vorschrift durch das am 1. Januar 1975 in Kraft getretene Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch (EGStGB) vom 2. März 1974 (BGBl. I S. 469) erhalten hat, dem früheren Merkmal des Mitwirkens zum Absatz (vgl. dazu BT-Drucks. 7/550 S. 252, 253). Dabei stellen Absetzen und Absatzhilfe gleichwertige Begehungsformen dar: Beide Merkmale bezeichnen Unterstützungshandlungen beim Bemühen des Vortäters, die "bemakelte" Sache weiterzuschieben. Der Gesetzgeber stuft solche Handlungen, mag es sich auch der Sache nach um Beihilfe handeln, als täterschaftliches Handeln ein. Bei jeder der genannten Begehungsweisen kann, wie bereits unter der Herrschaft der früheren Gesetzesfassung angenommen wurde, vollendete Hehlerei auch dann vorliegen, wenn der Absatz an einen Dritten nicht durchgeführt und auch noch nicht versucht worden ist; auf einen erfolgreichen Absatz kommt es also nicht an. Vielmehr genügt zur Vollendung des Deliktes jede - vom Absatzwillen getragene - vorbereitende, ausführende oder helfende Tätigkeit, die geeignet ist, den Vortäter bei seinen Bemühungen um wirtschaftliche Verwertung der "bemakelten" Sache zu unterstützen. Das ist gefestigte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHSt 26, 358; 27, 45; 29, 239; BGH NJW 1978, 2042; 1979, 2621; BGH NStZ 1983, 455; 1989, 319; in diesem Sinne auch Wessels, Strafrecht BT-2 9. Aufl. § 20 III 3 S. 183 bis 185; vgl. auch BGHSt 33, 44, 47). An dieser Rechtsprechung hält der Senat ungeachtet der im Schrifttum geäußerten Kritik (Ruß in LK 10. Aufl. § 259 Rdn. 26 und 30 m. w. Nachw.) fest. Auch die Einwände, die das Landgericht dagegen erhoben hat, erscheinen zwar erwägenswert, letztlich aber nicht durchgreifend.
b) Ungeachtet der geäußerten Zweifel legt die Strafkammer dar, bei ihrer Entscheidung sei sie von der Auffassung des Bundesgerichtshofs ausgegangen. Das trifft jedoch nicht zu: Soweit die Strafkammer als Absetzen oder Absatzhilfe nur ein Verhalten gelten läßt, "das, vom Absatzwillen getragen, auch tatsächlich eine Vertiefung des durch die rechtswidrige Vortat geführten Angriffs gegen das geschützte Rechtsgut bewirkt", steht dies mit der angeführten Rechtsprechung nicht in Einklang. Danach setzt - entgegen der Meinung des Landgerichts - vollendete Hehlerei in Form der Absatzhilfe nicht notwendig voraus, daß "ein objektiver Förderungserfolg" eingetreten ist. Das entspricht der vom Bundesgerichtshof vorgenommenen Wertung in einem Fall, in dem der Täter es im Einvernehmen mit dem Vortäter übernommen hatte, einen mit gestohlenem Material beladenen Lkw von einer Stadt in die andere zu fahren, wobei es zum Abschluß des Transports und zu einem Verkauf des Diebesgutes nicht kam (vgl. den von A. Mayer in Anm. zu BGHSt 26, 358 in LM StGB 1975 § 259 Nr. 1 mitgeteilten Sachverhalt). Auch soweit in einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (NJW 1978, 2042) festgestellt wird, der Täter habe "eine die Absatzmöglichkeit fördernde Tätigkeit" entfaltet, ist dies nicht dahin zu verstehen, daß eine Förderung des Absatzes selbst eingetreten sein muß. Absatzhilfe umfaßt vielmehr, wie eine spätere Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGHSt 29, 239, 242) klarstellt, jede Tätigkeit, die der Aufrechterhaltung des rechtswidrigen Zustandes dient.
Von ihrem zu engen Ausgangspunkt aus gelangt die Strafkammer zu unzutreffenden Schlußfolgerungen:
Den vom Landgericht getroffenen Feststellungen ist zu entnehmen, daß das Verhalten der Angeklagten geeignet war, ihrem Lebensgefährten bei seinen Absatzbemühungen zu helfen. Die Strafkammer übersieht, daß die entscheidende Tathandlung nicht erst in der Durchführung des Transports zu erblicken ist, sondern schon in der vorausgegangenen Zusage, das Diebesgut zum vorgesehenen Umsatzort zu bringen. Auch in anderem Zusammenhang hat der Bundesgerichtshof darauf hingewiesen, bereits die Übernahme einer Kuriertätigkeit könne sich als Unterstützen darstellen (BGHR StGB § 129 a Abs. 3 Unterstützen 3). Deshalb kommt es darauf, wie weit die Angeklagte den mit ihrem Lebensgefährten abgesprochenen Transport ausführte, nicht mehr an.
Im übrigen bestehen Bedenken gegen die vom Landgericht vertretene Auffassung, ein strafbares Verhalten der Angeklagten scheide aus, weil sich die gestohlenen Sachen zunächst "in sicherem Versteck" und danach "auf dem Weg zur vorbereiteten Polizeisperre und damit auf halbem Rückweg zum Eigentümer" befunden hätten. Auch wenn der vereinbarte Transport objektiv den Besitz des Diebesgutes in Gefahr brachte, ändert das nichts daran, daß in dem Vollzug der mit dem Lebensgefährten getroffenen Abmachung eine auf Absatz des Diebesgutes zielende Handlung liegen konnte.
c) Nur wenn das Handeln des Täters entgegen seiner Vorstellung nicht geeignet war, den Vortäter bei seinen Absatzbemühungen zu unterstützen, kommt - lediglich - versuchte Hehlerei (§ 259 Abs. 3, § 22 StGB) in Betracht. So verhält es sich hier aber nicht.
2. Als weitere tatsächliche Alternative nimmt die Strafkammer an, daß der Lebensgefährte der Angeklagten lediglich einen anderen - als Vortäter - beim Absetzen des Diebesgutes unterstützte, ohne daß er sich dieses zu eigener Verfügungsgewalt verschafft hatte. Insoweit begegnet es durchgreifenden Bedenken, daß die Strafkammer Beihilfe der Angeklagten zu dieser Hehlerei (vgl. BGHSt 26, 358, 362; 33, 44, 49; BGHR StGB § 259 Abs. 1 Absatzhilfe 2) verneint. Zur Begründung führt das angefochtene Urteil lediglich an, daß die Angeklagte durch ihr Handeln "die Haupttat nicht gefördert hat". Das reicht unter den hier gegebenen Umständen nicht aus. Beihilfe im Sinne des § 27 Abs. 1 StGB braucht für den Erfolg der Haupttat nicht ursächlich zu sein; es genügt, daß sie die den Straftatbestand verwirklichende Handlung des Täters in irgendeiner Weise erleichtert oder gefördert hat (st. Rspr.; vgl. BGH VRS 8, 199, 201; BGH NStZ 1983, 462). Ein solcher Tatbeitrag konnte schon darin liegen, daß die Angeklagte ihrem Lebensgefährten zugesagt hatte, das Diebesgut zum vorgesehenen Absatzort zu transportieren (vgl. BGHSt 8, 390).
Fundstellen
Haufe-Index 2993046 |
NJW 1990, 2897 |
NJW 1991, 82 |
DRsp III(329)99b |
NJ 1991, 82 |
Kriminalistik 1991, 132 |
StV 1991, 108 |