Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung des Erben eines Kommanditisten
Leitsatz (amtlich)
Der Erbe eines Kommanditisten haftet, wenn der Erbfall erst nach Auflösung der Gesellschaft eingetreten ist, für Einlageverpflichtungen des Erblassers nur nach erbrechtlichen Grundsätzen und deshalb mit der Möglichkeit der Beschränkung auf den Nachlaß.
Normenkette
HGB § 173; BGB § 1990
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 5. November 1993 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger ist Konkursverwalter über das Vermögen der W. & S. GmbH & Co. KG, der Beklagte ist Geschäftsführer deren Komplementär-GmbH und zugleich Alleinerbe der nach Liquidation der KG und Eröffnung des Konkursverfahrens verstorbenen Kommanditistin H. S. Mit der Klage werden – soweit diese Gegenstand des Revisionsverfahrens ist Ansprüche wegen zu Lasten der Haftsumme getätigter Auszahlungen an die Erblasserin geltend gemacht. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr, soweit sie sich auf den vorgenannten Anspruch bezieht, stattgegeben. Mit der Revision begehrt der Beklagte auch insoweit Klageabweisung.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Das Berufungsgericht, dessen Urteil in ZIP 1994, 297 veröffentlicht ist, hat den Beklagten zur Zahlung der als Teilbetrag beanspruchten 100.000,- DM mit der Begründung verurteilt, er sei als Erbe der verstorbenen Kommanditistin nach §§ 171, 172 Abs. 4 HGB zur Erstattung der Gelder verpflichtet, die von dieser zu Lasten ihrer Haftsumme entnommen worden seien. Die vom Beklagten erhobene Einrede der beschränkten Erbenhaftung wegen Dürftigkeit des Nachlasses (§ 1990 BGB) hat das Berufungsgericht für unbegründet gehalten, weil der Beklagte nicht nur als Erbe, sondern auch aufgrund der auf ihn übergegangenen Rechtsstellung als Kommanditist und damit gemäß § 173 HGB auch mit seinem persönlichen Vermögen hafte.
2. Die Revision macht zu Recht geltend, daß das Berufungsgericht die Einrede der beschränkten Erbenhaftung nicht unbeachtet hätte lassen dürfen. Dabei kommt es auf die vom Berufungsgericht erörterte und bejahte Frage, ob dem Grundsatz nach der Erbe eines Kommanditisten für dessen Verbindlichkeiten aus der Einlageverpflichtung persönlich ohne erbrechtliche Beschränkungsmöglichkeit einzustehen hat, nicht an. Im vorliegenden Fall war die Kommanditgesellschaft im Zeitpunkt des Erbfalls bereits aufgelöst, denn die Erblasserin ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erst nach der Liquidation der Gesellschaft und nach der Eröffnung des Konkursverfahrens über deren Vermögen verstorben. In diesem Fall besteht eine nach Gesellschaftsrecht unbeschränkbare Haftung des Erben nicht.
Die Vererbung von Anteilen an einer Liquidationsgesellschaft vollzieht sich nach rein erbrechtlichen Regeln; die Einschränkungen, die sich aus der Sondervererbung von Gesellschaftsanteilen ergeben, bestehen insoweit nicht. So werden bei einer Mehrheit von – zur Nachfolge berufenen Erben nicht, wie bei einer noch werbend tätigen Gesellschaft, die einzelnen Erben je für sich, sondern in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit als Erbengemeinschaft Gesellschafter (Sen.Urt. v. 24. November 1980 – II ZR 194/79, ZIP 1981, 71, 73; BGH, Beschl. v. 20. Mai 1981 – V ZB 25/79, NJW 1982, 170, 171; vgl. auch den die Testamentsvollstreckung an Kommanditanteilen betreffenden Beschluß des Senats vom 3. Juli 1989, BGHZ 108, 187, 190; ferner Ulmer, MüKo z. BGB 2. Aufl. § 727 Rdn. 10 m.w.N.; Schlegelberger/K. Schmidt, HGB 5. Aufl. § 131 Rdn. 25 u. § 139 Rdn. 12). Daraus ergibt sich ohne weiteres, daß in diesem Fall die Miterben die erbrechtlichen Haftungsbeschränkungsmöglichkeiten geltend machen können; eine gesellschaftsrechtliche und damit unbeschränkbare Haftung besteht daneben weder im Außenverhältnis noch gegenüber der Gesellschaft. Was für eine Mehrheit von Erben gilt, kann insoweit nicht anders sein, wenn nur ein einziger Erbe vorhanden ist. Aus diesem Grund trifft, wie der Senat bereits entschieden hat, den Erben eines persönlich haftenden Gesellschafters, wenn die Gesellschaft schon vor dem Erbfall aufgelöst worden ist, nicht die sich aus § 130 HGB ergebende unbeschränkte, sondern nur die erbrechtliche – und damit erbrechtlich beschränkbare – Haftung (Sen.Urt. v. 6. Juli 1981 – II ZR 38/81, ZIP 1981, 1088, 1090). Diese Beurteilung kann für den Erben eines Kommanditisten und die Frage der Anwendbarkeit des § 173 HGB nicht anders ausfallen. Auch ein solcher Erbe haftet, wenn der Erbfall erst nach Auflösung der Gesellschaft eingetreten ist, im Fall einer noch offenen oder wieder aufgelebten Einlageverpflichtung des Erblassers sowohl der Gesellschaft wie auch den Gläubigern gegenüber nur nach erbrechtlichen Grundsätzen und deshalb mit der Möglichkeit der Beschränkung auf den Nachlaß.
Das Berufungsgericht hat somit die Einrede der beschränkten Erbenhaftung zu Unrecht unbeachtet gelassen. Zur Entscheidung hierüber sowie ggfs. über die vom Kläger hilfsweise geltend gemachten Ansprüche ist die Sache daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 604870 |
BB 1995, 2338 |
NJW 1995, 3314 |
ZIP 1995, 1752 |
DNotZ 1996, 809 |
JuS 1996, 362 |
GmbHR 1996, 55 |