Leitsatz (amtlich)
Zur Verpflichtung des Berufungsgerichts nach § 139 Abs. 1 ZPO, den Beklagten auf mangelnde Substantiierung seines Verteidigungsvorbringens hinzuweisen.
Das gesetzliche Pfandrecht des Lagerhalters (§ 421 HGB a.F.), auf das gemäß § 1257 BGB die Vorschriften über das durch Rechtsgeschäft bestellte Pfandrecht entsprechende Anwendung finden, gewährt dem Pfandrechtsgläubiger gegenüber dem auf Eigentum gestützten Verlangen des Verpfänders auf Herausgabe der Pfandsache grundsätzlich ein absolutes Besitzrecht (§ 986 Abs. 1 Satz 1 BGB) mit der Folge, daß die Herausgabeklage als unbegründet abzuweisen ist, solange die Besitzberechtigung besteht.
Normenkette
ZPO § 139 Abs. 1; BGB § 986 Abs. 1 S. 1, § 1257; HGB § 421 i.d. Fassung bis zum 30.6.1998 (HGB a.F.)
Verfahrensgang
OLG Hamburg (Aktenzeichen 6 U 109/96) |
LG Hamburg (Aktenzeichen 415 O 134/95) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 6. Zivilsenat, vom 5. Dezember 1996 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht hinsichtlich des Zahlungsantrags in Höhe eines Betrages von 15.255,– DM nebst 5 % Zinsen seit dem 24. Februar 1995 sowie hinsichtlich des Herausgabeanspruchs zum Nachteil der Beklagten erkannt hat.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kammer 15 für Handelssachen, vom 11. März 1996 abgeändert, soweit die Beklagte zur Herausgabe von 23 Containern verurteilt worden ist. Insoweit wird die Klage abgewiesen.
Im weiteren Umfang der Aufhebung (Zahlungsantrag in Höhe von 15.255,– DM nebst Zinsen) wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einem zwischen den Parteien geschlossenen Lagervertrag auf Herausgabe von Containern sowie auf Schadensersatz wegen Abhandenkommens und angeblich weisungswidriger Auslieferung von Containern in Anspruch. Die Beklagte macht im Wege der Widerklage hauptsächlich Ansprüche auf Zahlung von Lagergeld geltend.
Die Klägerin erwarb im Jahre 1991 von der ehemaligen Deutschen Reichsbahn etwa 4.000 Container. Sie beauftragte die Beklagte, diese in deren Depot in D. zu lagern, zu reparieren und an ihre, der Klägerin, Kunden ausliefern zu lassen. Als Lagergeld vereinbarten die Parteien je Container täglich 0,25 DM. Darüber hinaus sollte die Beklagte eine Vergütung von 25,– DM je Container für das „Handling” erhalten. Die Beklagte hat noch 23 Container der Klägerin in ihrem Besitz.
Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte habe 27 Container weisungswidrig, nämlich in repariertem Zustand anstatt ohne Reparatur, ausgeliefert. Die Wertdifferenz betrage 565,– DM je Container, so daß sie einen Schaden von insgesamt 15.255,– DM erlitten habe. Zudem seien sechs Container nach der Einlagerung bei der Beklagten nicht mehr auffindbar und könnten deshalb nicht herausgegeben werden. Dadurch sei ihr ein weiterer Schaden von 8.540,– DM entstanden.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie
- 15.255,– DM sowie weitere 8.540,– DM, jeweils nebst Zinsen, zu zahlen,
- näher mit Nummern gekennzeichnete Container herauszugeben.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat widerklagend Zahlung von 36.521,75 DM begehrt. Sie hat behauptet, sie habe die reparierten Container aufgrund einer versehentlichen Freistellung eines Mitarbeiters der Klägerin ausgeliefert. Das Versehen könne ihr nicht angelastet werden. Die Schadenshöhe ergebe sich zudem nicht aus der Aussage des Mitarbeiters S. der Klägerin. Fünf in ihren Besitz gelangte Container könne sie zwar nicht herausgeben; der Klägerin sei aber wiederholt mitgeteilt worden, daß sie drei dieser Container ausgeliefert habe, um die sich die Zahl der fehlenden Container verringere.
Zur Widerklage hat die Beklagte vorgetragen, die Klägerin schulde ihr noch restliches Lagergeld in Höhe von 31.521,75 DM sowie Erstattung von Zahlungen, die sie im Zusammenhang mit der Lagerung der Container an die O. AG (OHE) für die Benutzung von Gleisanlagen erbracht habe; insoweit hat sie einen Teilbetrag von 5.000,– DM geltend gemacht. Aufgrund ihrer Ansprüche gegen die Klägerin aus der Einlagerung stehe ihr ein Zurückbehaltungsrecht an den restlichen noch in ihrem Besitz befindlichen 23 Containern zu.
Die Klägerin hat demgegenüber hauptsächlich geltend gemacht, die Beklagte habe ihr trotz konkreter Beanstandungen bislang keine ordnungsgemäßen Rechnungen über die beanspruchten Lagergelder erteilt. Die Beklagte habe ihr überdies zugesichert, daß sie für die Inanspruchnahme der Gleisanlagen der OHE keine zusätzlichen Zahlungen zu leisten brauche.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht – unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen – die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 31.438,– DM zu zahlen.
Mit der Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt die Beklagte die Abweisung der Klage, soweit sie zur Zahlung eines 3.705,– DM nebst Zinsen übersteigenden Betrages und zur Herausgabe von 23 Containern verurteilt worden ist.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat die von der Klägerin geltend gemachten Ersatz- und Herausgabeansprüche für begründet erachtet und der Beklagten auf deren Widerklage einen Anspruch auf Zahlung von Lagergeld in Höhe von 31.438,– DM zuerkannt. Dazu hat es ausgeführt:
Die Beklagte sei zum Ersatz der Wertdifferenz (15.255,– DM) verpflichtet, die sich daraus ergebe, daß sie weisungswidrig 27 reparierte statt unreparierte Container herausgegeben habe. Dem Vorbringen der Beklagten könne nicht entnommen werden, was es mit der behaupteten Freistellung gemäß der Nr. 14330 auf sich habe. Es sei daher nicht erforderlich, in eine Beweisaufnahme einzutreten. Die Höhe des Schadens – 565,– DM je Container – werde durch die Aussage des Zeugen S. belegt.
Die Beklagte sei darüber hinaus gemäß §§ 417, 390 HGB verpflichtet, der Klägerin den Wert von sechs unstreitig übernommenen Containern zu ersetzen, da sie diese nicht mehr herausgeben könne. Der Behauptung der Beklagten, sie habe drei Container weisungsgemäß ausgeliefert, sei die Klägerin im Rechtsstreit in erheblicher Weise entgegengetreten; sie habe dazu vorgetragen, diese Container seien nicht in ihrem Auftrag von der Beklagten verwaltet worden. Die Schadenshöhe habe die Beklagte nicht bestritten.
Als Lagerhalterin sei die Beklagte schließlich auch verpflichtet, der Klägerin als Einlagerin die noch in ihrem Besitz befindlichen 23 Container herauszugeben. Das geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht bestehe in Höhe der aufgrund der Widerklage zuerkannten Lagergeldforderung; zwischen Klage und Widerklage liege insoweit ein Zusammenhang vor.
II. Die Revision hat überwiegend Erfolg. Sie führt hinsichtlich des Zahlungsanspruchs in Höhe eines Betrages von 15.255,– DM nebst Zinsen zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht und hinsichtlich des Herausgabeanspruchs zur Klageabweisung.
1. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe ein Schadensersatzanspruch wegen positiver Vertragsverletzung in Höhe von 15.255,– DM zu, weil die Beklagte weisungswidrig 27 reparierte statt unreparierte Container aus dem Lager herausgegeben habe, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Die Revision wendet sich mit Erfolg dagegen, daß das Berufungsgericht das Vorbringen der Beklagten, sie habe sich bei der Herausgabe der Container an die Weisungen der Klägerin gehalten, als nicht hinreichend substantiiert angesehen hat.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, das Vorbringen der Beklagten in der Berufungsinstanz, der Zeuge S. habe unter derselben Freistellungsnummer 14330 versehentlich zwei Freistellungen veranlaßt, sei nicht geeignet, in eine Beweisaufnahme einzutreten, da die Beklagte ohne nähere Angaben behaupte, es handele sich um einen Freistellungsauftrag mit der Nummer 14330. In der außergerichtlichen Korrespondenz sei demgegenüber von der Klägerin vorgetragen worden, daß Freistellungen der hier in Rede stehenden Container nur unter den Nummern 14317, 14322, 14349 und 14351 erfolgt seien. Ohne nähere Erläuterung der Beklagten könne nicht nachvollzogen werden, was es mit einer Freistellung mit der Nummer 14330 auf sich habe; dies gelte insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, daß alle eingelagerten Container nach und nach entweder repariert oder unrepariert – mit Ausnahme der 23 noch im Besitz der Beklagten befindlichen – auf Weisung der Klägerin von der Beklagten ausgeliefert worden seien.
b) Das Berufungsgericht wäre – wie die Revision zu Recht rügt – nach § 139 Abs. 1 ZPO gehalten gewesen, die Beklagte darauf hinzuweisen, daß es ihren Vortrag zur weisungsgemäßen Auslieferung der in Rede stehenden 27 Container nicht für hinreichend substantiiert ansehe, weil der außergerichtlichen Korrespondenz der Parteien zu entnehmen sei, daß Freistellungen von Containern ausschließlich unter anderen als der von der Beklagten genannten Nummer 14330 erfolgt seien.
Die vom Berufungsgericht zur Begründung der fehlenden Substantiierung des Beklagtenvorbringens herangezogene vorprozessuale Korrespondenz der Klägerin findet sich in deren Schreiben vom 18. November 1994 (Anlage K 10). Diese Anlage hat die Klägerin im Zusammenhang mit ihrer Verteidigung gegen die von der Beklagten erhobene Lagergeldforderung vorgelegt, wie dem Vortrag in ihrem Schriftsatz vom 4. Dezember 1995 zu entnehmen ist. Ihr prozessuales Vorbringen zum Schadensersatzverlangen wegen angeblich weisungswidriger Auslieferung reparierter Container enthält dagegen nicht die Behauptung, sie habe der Beklagten nur unter den im Berufungsurteil genannten Nummern Freistellungsaufträge erteilt. Die Beklagte brauchte unter diesen Umständen nicht damit zu rechnen, das Berufungsgericht werde das zur Verteidigung gegen die Lagergeldforderung vorgelegte Schreiben vom 18. November 1994 auch im Zusammenhang mit der von der Klägerin erhobenen Schadensersatzforderung in Höhe von 15.255,– DM entscheidungserheblich verwerten und daraus nachteilige Schlüsse für sie ziehen. Die Revision bringt vor, daß die Beklagte auf einen Hinweis gemäß § 139 Abs. 1 ZPO sogleich die erst mit nachgereichtem Schriftsatz vom 27. November 1996 vorgelegte Freistellung mit der Nummer 14330 übergeben hätte.
Soweit die Revision weiter rügt, das Berufungsgericht habe auch verkannt, daß der Klägerin die Beweislast für ein weisungswidriges Ausliefern der reparierten Container obliege, ist dem nicht beizutreten. Das Berufungsgericht hat der Schadensersatzklage stattgegeben, weil es – wenn auch verfahrensfehlerhaft – das Bestreiten der Beklagten als unsubstantiiert angesehen hat. Zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast enthält das Berufungsurteil dagegen keine ausdrücklichen Ausführungen.
2. Soweit das Berufungsgericht den von der Klägerin ferner geltend gemachten Schadensersatzanspruch wegen Verlustes von sechs Containern gemäß §§ 417, 390 HGB in der bis zum 30. Juni 1998 geltenden Fassung (im folgenden: HGB a.F.) in Höhe von 8.540,– DM für begründet erachtet hat, wird dies von der Revision hinsichtlich eines Betrages von 3.705,– DM für den Verlust von drei Containern hingenommen. Die gegen die weitergehende Verurteilung gerichteten Angriffe sind unbegründet.
Die Beklagte hat hinsichtlich der drei weiteren Container zwar behauptet, diese weisungsgemäß ausgeliefert zu haben. Die Klägerin hat demgegenüber jedoch vorgebracht, die angeblich weisungsgemäß ausgelieferten drei Container hätten nicht zu denjenigen gehört, die die Beklagte für sie in Verwahrung gehabt habe. Die Revisionserwiderung weist mit Recht darauf hin, daß die Firma G., an die die Container ausgeliefert sein sollen, keine Veranlassung hatte, an die Klägerin eine Vergütung zu zahlen, wenn sie nicht aus deren Bestand stammten. Entgegen der Auffassung der Revision ist der Klägerin daher wegen des Verlustes von drei weiteren Containern ein Schaden entstanden.
3. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht einen – auf Vertrag und Eigentum gestützten – Anspruch der Klägerin auf Herausgabe der 23 noch im Besitz der Beklagten befindlichen Container bejaht. Das Berufungsgericht hat verkannt, daß der Beklagten aufgrund eines Pfandrechts gemäß § 421 HGB a.F. ein Recht zum Besitz zusteht.
a) Das Berufungsgericht ist allerdings rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, daß auf das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien die Vorschriften über das Lagergeschäft (§§ 416 ff. HGB a.F.) Anwendung finden. Gemäß § 421 HGB a.F. steht dem Lagerhalter wegen seiner Ansprüche auf Zahlung von Lagergeld kraft Gesetzes ein Pfandrecht an dem Lagergut zu, solange er es im Besitz hat.
b) Das Berufungsgericht hat der Beklagten auf deren Widerklage einen Anspruch auf restliches Lagergeld in Höhe von 31.438,– DM zuerkannt. Für die Beklagte besteht daher an den noch in ihrem Besitz befindlichen Containern ein Pfandrecht, da mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts davon auszugehen ist, daß jedenfalls ein Teil der zuerkannten Forderung auf die herausverlangten 23 Container entfällt. Das Pfandrecht erstreckt sich grundsätzlich ohne Rücksicht auf das Wertverhältnis zwischen Lagergut und Lagerkosten auf das gesamte eingelagerte Gut, sofern – wie im Streitfall – Lagergeldforderung und Lagergut Gegenstand desselben Lagervertrages sind (vgl. MünchKommHGB/Frantzioch, § 421 Rdn. 1; Baumbach/Duden/Hopt, HGB, 29. Aufl., § 421 Rdn. 1). Dem Einwand der Revisionserwiderung, die Beklagte habe nicht nur Lagergeld, sondern auch eine Vergütung für das „Handling” geltend gemacht, die nicht zur Entstehung eines Lagerhalterpfandrechts führe, kommt danach keine maßgebliche Bedeutung zu.
Auf das gesetzliche Pfandrecht gemäß § 421 HGB a.F. finden nach § 1257 BGB die Vorschriften über das durch Rechtsgeschäft bestellte Pfandrecht entsprechende Anwendung. Gemäß § 1252 BGB erlischt ein Pfandrecht erst mit Erfüllung der Forderung, für die es besteht. Die Verurteilung der Klägerin zur Zahlung von Lagergeld führt nicht für sich allein zum Erlöschen der gesicherten Lagergeldforderung, so daß das Pfandrecht der Beklagten aus § 421 HGB a.F. noch Bestand hat. Denn nach § 1223 Abs. 2 BGB kann der Verpfänder die Rückgabe des Pfandes erst gegen Befriedigung des Pfandgläubigers verlangen, sobald der Schuldner zur Leistung berechtigt ist. Liegen die Voraussetzungen des § 1223 Abs. 2 BGB vor, so kann der Verpfänder allerdings die Rückgabe des Pfandes Zug um Zug gegen Anerbieten der Befriedigung des Gläubigers verlangen (vgl. RGZ 92, 280, 281; Staudinger/Wiegand, BGB, 13. Bearb., § 1223 Rdn. 10). Im Streitfall hat die Klägerin sich jedoch nicht erboten, die berechtigte Lagergeldforderung der Beklagten zu erfüllen, da sie in den Tatsacheninstanzen uneingeschränkte Verurteilung der Beklagten zur Herausgabe der 23 in ihrem Besitz befindlichen Container begehrt hat. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, daß die Klägerin die Beklagte inzwischen wegen deren Lagergeldforderung befriedigt hat.
c) Das Pfandrecht an beweglichen Sachen, dem – wie dargelegt – auch das gesetzliche Pfandrecht nach § 421 HGB a.F. unterfällt, gewährt der Beklagten als Pfandrechtsgläubigerin ein absolutes Besitzrecht gegenüber der Klägerin nach § 986 Abs. 1 Satz 1 BGB (vgl. Staudinger/Gursky, BGB, 13. Bearb., § 986 Rdn. 7; MünchKommBGB/Medicus, 3. Aufl., § 986 Rdn. 8). Denn die Vorschriften der §§ 1204 ff. BGB sind grundsätzlich insoweit auf gesetzliche Pfandrechte entsprechend anwendbar, als sie nicht die Entstehung des Pfandrechts regeln (vgl. MünchKommBGB/Damrau, 3. Aufl., § 1257 Rdn. 2).
Das absolute Besitzrecht gemäß § 986 Abs. 1 Satz 1 BGB stellt nach herrschender Meinung (vgl. BGHZ 82, 13, 18; Staudinger/Gursky aaO, § 986 Rdn. 1 m.w.N.), die der Senat teilt, eine (rechtsvernichtende) Einwendung dar, auf die sich der Besitzberechtigte nicht ausdrücklich zu berufen braucht, die vielmehr bei Vorliegen der erforderlichen Voraussetzungen – im Streitfall sind diese aufgrund des gesetzlichen Pfandrechts gemäß § 421 HGB a.F. erfüllt – von Amts wegen zu berücksichtigen ist (vgl. Soergel/Mühl, BGB, 12. Aufl., § 986 Rdn. 2). Während des Bestehens der Besitzberechtigung nach § 986 Abs. 1 Satz 1 BGB ist die Herausgabeklage daher unbegründet, da die rechtsvernichtende Einwendung dem Klagebegehren die Schlüssigkeit entzieht; dementsprechend könnte auch ein (echtes) Versäumnisurteil gegen die Beklagten nicht ergehen (vgl. BGHZ 82, 13, 18; Soergel/Mühl aaO; Staudinger/Gursky aaO, § 986 Rdn. 2). Somit ist die Klage auf Herausgabe der 23 noch im Besitz der Beklagten befindlichen Container zum gegenwärtigen Zeitpunkt abzuweisen, weil das Berufungsgericht die Klägerin – rechtskräftig, § 556 Abs. 1 ZPO – zur Zahlung von Lagergeld an die Beklagte verurteilt hat und nicht ersichtlich ist, daß sie den der Beklagten zuerkannten Anspruch inzwischen erfüllt hat.
III. Danach war das angefochtene Urteil auf die Revision der Beklagten teilweise aufzuheben und die Klage auf Herausgabe von 23 Containern abzuweisen; im übrigen Umfang der Aufhebung war die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Unterschriften
Erdmann, Mees, Starck, Bornkamm, Pokrant
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 22.04.1999 durch Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 538578 |
DB 2000, 141 |
NJW 1999, 3716 |
BGHR |
Nachschlagewerk BGH |
WM 1999, 2550 |
MDR 2000, 284 |
VRS 2000, 7 |
VersR 2000, 78 |
TranspR 1999, 353 |