Leitsatz (amtlich)
Die einem Handels- oder Versicherungsvertreter gewährte Alters- und Hinterbliebenenversorgung kann, soweit sie aus Mitteln des Unternehmers finanziert wird, auf den Ausgleichsanspruch angerechnet werden, wenn das nach den gesamten Umständen des Falles der Billigkeit entspricht. ubersteigt der Kapitalwort der Versorgungsrente den Ausgleichsanspruch, so kann dieser unter Umständen ganz entfallen.
Normenkette
HGB § 89b
Verfahrensgang
OLG München (Urteil vom 09.07.1964) |
LG München I |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in München vom 9. Juli 1964 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger arbeitete vom 15. Februar 1933 bis zum 31. Januar 1946 als Angestellter und ab 1. Februar 1946 als Versicherungsvertreter für die Beklagte.
Mit Wirkung vom 1. Februar 1933 war er Mitglied der A.-Versorgungskasse (AVK) und ab 1. Dezember 1955 außerdem Mitglied der A.-Pensionskasse (APK). Zu beiden Kassen, die Versicherungsvereine a.G. sind, zahlte der Kläger Prozentsätze seines Einkommens als Beiträge. Die Beklagte leistete jährlich nach Bedarf Pauschalbeträge.
Das Vertreterverhältnis endete am 31. März 1961, weil der Kläger die vorgesehene Altersgrenze erreicht hatte.
Seit dem 1. April 1961 erhält er ein monatliches Ruhegeld von zusammen 1.000 DM, und zwar von der AVK 581,25 DM, von der APK 34,20 DM, von der Beklagten unmittelbar auf Grund einer ihn im März 1961 gegebenen Zusage 384,55 DM. Die von den beiden Kassen gezahlten Renten beruhen in Höhe von 108,85 DM auf den Beiträgen des Klägers.
Die Beklagte hat es abgelehnt, dem Kläger nach seinem Ausscheiden einen Ausgleich nach § 89 b HGB zu zahlen. Sie ist der Ansicht, eine Ausgleichszahlung würde nicht der Billigkeit entsprechen, weil die Altersversorgung des Klägers ganz überwiegend auf ihren Leistungen beruhe.
Die Parteien sind jedoch darüber einig, daß der Ausgleichsanspruch des Klägers rechnerisch 90.183,02 DM betragen würde, wenn alle anspruchsbegründenden Tatsachen gegeben waren. Der Kläger hat mit der Klage Zahlung dieses Betrages nebst Zinsen begehrt.
Das Landgericht hat den Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Das Oberlandesgericht hat die Klage abgewiesen.
Mit der Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteile. Die Beklagte bittet, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I.
1.) Das Berufungsgericht ist der Auffassung, neben der dem Kläger von der Beklagten teils mittelbar, teils unmittelbar gewährten Altersversorgung entspreche die Zubilligung eines Ausgleichs nicht der Billigkeit. Wenn das Vertreterverhältnis durch Erreichung der Altersgrenze beendet werde, diene auch eine Ausgleichszahlung regelmäßig der Altersversorgung. Diese sei daher, um eine unbillige Doppelbelastung des Unternehmers zu vermeiden, bei Bemessung des Ausgleichsanspruchs zu berücksichtigen, ohne daß im einzelnen geprüft werden müßte, wie der Ausgleichsanspruch einerseits und die Altersversorgung andererseits rechtlich und nach ihrer Zweckbestimmung zu beurteilen seien.
2.) Das Berufungsgericht ist mit diesen Ausführungen im Ergebnis der im Schrifttum durchweg vertretenen Auffassung gefolgt (vgl. Bruck-Möller, Komm, zum Versicherungsvertragsgesetz vor den §§ 43–48 Anm. 378, 379; Trinkhaus, Handbuch der Versicherungsvermittlung S. 419; Schröder, Recht der Handelsvertreter § 89 b Anm. 19 sowie in BB 1954, 477, 481 und in Betrieb 1958, 46.; Schüler NJW 1958, 1113, 1116; Küstner, Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters (Heft 25 der Schriften des Betriebsberaters) S. 68 und in BB 1963, 1147).
3.) Der Bundesgerichtshof hat zu der hier zu behandelnden Frage bisher noch nicht Stellung genommen. Er hat sich jedoch bereits mehrfach zur Rechtsnatur des Ausgleichsanspruchs des Handels- und Versicherungsvertreters und zu dessen Bemessung geäußert. So hat er dargelegt, der Ausgleichsanspruch sei kein Versorgungsanspruch, aber auch kein reiner Vergütungsanspruch, seine Entstehung und Bemessung werde weitgehend durch Gesichtspunkte der Billigkeit bestimmt (vgl. BGHZ 24, 214, 222 und 29, 275, 279; LM Nr. 4 und 5 zu § 89 b HGB). Zu der Frage, ob im Rahmen der Billigkeit auch vertragsfremde Umstände zu berücksichtigen sind, hat der erkennende Senat im Urteil vom 29. Oktober 1964, VII ZR 86/63 (S. 15/16) ausgesprochen, bei der Bemessung des Ausgleichs auch die wirtschaftliche Lage beider Teile zu berücksichtigen; es sei aber andererseits zu beachten, daß der Ausgleich eine dem Vertreter zustehende zusätzliche Vergütung darstelle. In BGHZ 43, 154, 162 hat der Senat ebenfalls bemerkt, es beständen keine Bedenken, je nach Lage der Sache den wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen des Vertreters eine gewisse Bedeutung beizulegen, wenn das sich den Umständen nach als billig aufdränge; ferner heißt es dort (S. 159), dem Vertreter besonders günstige Vertragsbedingungen könnten aus Gründen der Billigkeit ausgleichsmindernd wirken.
4.) Diese Grundsätze, an denen festzuhalten ist, führen auf den vorliegenden Fall angewandt und weiterentwickelt zur Bestätigung des angefochtenen Urteils. Alle gegen dieses gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.
Die Revision meint, die grundsätzliche rechtliche Verschiedenheit von Altersversorgung und Ausgleichsanspruch verbiete es, bei Ermittlung des angemessenen Ausgleichs die Altersversorgung zu berücksichtigen. Letztere beruhe auf sozialen Erwägungen und habe Fürsorgecharakter, dagegen hätten bei Beurteilung des Ausgleichsanspruchs als eines sich aus dem Vertragsverhältnis ergebenden Anspruchs auf eine zusätzliche Vergütung soziale Gesichtspunkte auszuscheiden, es seien nur Umstände zu berücksichtigen, die mit den vertraglichen Beziehungen der Parteien in unmittelbarem Zusammenhang ständen.
Diese Ausführungen vermögen der Revision nicht zu dem von ihr gewünschten Ziel zu verhelfen.
a) Zunächst ist dem Berufungsgericht darin beizutreten, daß die Frage, ob die Altersversorgung zu berücksichtigen ist, nicht nach § 89 b Abs. 1 Nr. 2 HGB, sondern nach Nr. 3 zu beurteilen ist (so auch Schröder, Recht der Handelsvertreter, § 89 b Anm. 19 und in Betrieb 1962, 899, ferner Küstner BB 1963, 1147). Zwar wird von einigen Schriftstellern gerade für die hier in Betracht kommende Gruppe der Versicherungsvertreter die Meinung vertreten, das Bestehen einer Altersversorgung sei schon bei Feststellung der Höhe der Provisionsverluste nach der Nr. 2 in die Waagschale zu werfen. Versorgungsbezüge des Vertreters mindern aber die ihm infolge der Beendigung des Vertrags Verhältnisses entstehenden Provisionsverluste als solche nicht. Es ist bisher auch nicht daran gedacht worden, andere sich aus der Vertragsbeendigung für den Vertreter ergebenden vorteilhaften Umstände, z.B. den Wegfall oder eine Ermäßigung seiner Geschäftsunkosten, als Minderung seiner Provisionsverluste anzusehen. Die Berücksichtigung derartiger Vorteile hat vielmehr im Rahmen des § 89 b HGB nach Billigkeit (Nr. 3) zu erfolgen.
b) Dem Berufungsgericht ist auch darin zuzustimmen, daß die zweifellos vorhandenen rechtlichen Unterschiede zwischen Ausgleich und Altersversorgung bei der Billigkeitsentscheidung nach § 89 b Abs. 1 Nr. 3 HGB nicht den Ausschlag geben können. Entscheidend ist vielmehr, daß die Altersversorgung im wesentlichen den praktischen Zweck einer Ausgleichszahlung übernimmt und daß der auf freiwilligen Leistungen der Beklagten beruhende Teil der Altersversorgung schon für sich allein einen erheblich höheren Geldwert hat als der für den Kläger in Betracht kommende Ausgleich.
c) Sowohl das Reichsgericht als auch der Bundesgerichtshof haben ausgesprochen, daß Ruhegehaltsbezüge rechtlich Teile den Arbeitsentgelts und eine Gegenleistung für die früheren Dienstleistungen darstellen (RGZ 77, 208, 210; BGHZ 4, 197, 199).
Demgegenüber verweist die Revision auf die neuere arbeitsrechtliche Auffassung, die Ruhegelder als Fürsorgezuwendungen und nicht mehr als Entgelt für früher geleistete Arbeit ansieht (so z.B. Hueck-Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts 6. Aufl. I S. 434). Auch wenn man dem folgt, so ist doch daran festzuhalten, daß die Ruhegelder nicht, wie die Revision meint, ohne Rücksicht auf Dauer und Wert der geleisteten Dienste gewährt werden (vgl dazu hier § 18 der Satzung der AVK, der die Höhe des Ruhegeldes nach der Zahl der Beitragsjahre staffelt). Andererseits ist der Ausgleichsanspruch zwar rechtlich kein Versorgungsanspruch, sondern ein Entgelt für frühere Dienstleistungen; er dient aber dem Vertreter, der wegen Erreichung der Altersgrenze aus seiner Tätigkeit ausscheidet, tatsächlich doch zur Sicherung seiner Altersversorgung. Im übrigen waren auch für den Gesetzgeber bei der Einführung des Ausgleichsanspruchs soziale Erwägungen von Bedeutung (vgl. u.a. die Begründung zum Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Handelsgesetzbuchs, Bundestag-Drucksache 1. Wahlperiode Nr. 3856 S. 10 f; Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses, Sitzungsberichte des Bundestags 1. Wahlperiode S. 14 207).
Das Berufungsgericht konnte daher ohne Rechtsirrtum eine „funktionelle Verwandtschaft” zwischen Ausgleichsanspruch und Altersversorgung annehmen.
d) Wie bereits erwähnt, wäre es nach der Auffassung des erkennenden Senats nicht grundsätzlich! ausgeschlossen, sogar vertragsfremde Umstände bei der Entscheidung über den Ausgleichsanspruch zu berücksichtigen. Die Altersversorgung steht aber regelmäßig und auch hier in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Vertragsverhältnis. Die Parteien haben bei Beginn ihrer vertraglichen Beziehungen den Eintritt des Klägers in die Versorgungskasse vereinbart. Auch im Hinblick darauf bestehen also keine Bedenken, aus Gründen der Billigkeit im Regelfall Versorgungsleistungen auf den Ausgleichsanspruch anzurechnen.
e) Mit Recht hebt das Berufungsgericht hervor, daß eine doppelte Belastung des Unternehmers durch freiwillige Finanzierung einer Altersversorgung und durch Ausgleichszahlung wirtschaftlich, nicht gerechtfertigt wäre. Der Vorteil, den die Altersversorgung für den Vertreter darstellt, beruht auch auf demselben Umstände, der ihm den für die Entstehung des Ausgleichsanspruchs gemäß Nr. 2 wesentlichen Nachteil der Provisionsverluste eingebracht hat, nämlich auf der Beendigung des Vertragsverhältnisses.
5.) Im einzelnen, insbesondere zu den von der Revision erhobenen Beanstandungen, ist weiter folgendes zu bemerken:
a) Der Kläger hat sich darauf berufen, die Beklagte sei ihn schon auf Grund des im Arbeitsrecht entwickelten Gleichbehandlungsgrundsatzes zur Gewährung einer Altersversorgung verpflichtet. Das mag sein, ändert aber nichts daran, daß die Beklagte die Altersversorgung aus freien Stücken geschaffen hat. Sie zieht übrigens den Anspruch des Klägers auf die Versorgung nicht in Zweifel. Es handelt sich hier um die ganz andere Frage, ob die Altersversorgung bei Bemessung des Ausgleichs aus Billigkeitsgründen zu berücksichtigen ist. Der Revision ist zuzugeben, daß diese Frage nicht allgemein, sondern nur unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles beantwortet werden kann. Des hat auch das Berufungsgericht nicht verkannt. Es brauchte nur den hier gegebenen Fall zu entscheiden und nicht zu prüfen, ob in allen Fällen einer vorgesehener Altersversorgung der Ausgleich ganz oder teilweise entfällt, insbesondere auch dann, wenn das Vertragsverhältnis durch den Tod des Vertreters beendet wird und dieser keine versorgungsberechtigten Angehörigen hinterläßt.
b) Die Revision weist darauf hin, der Ausgleichsanspruch sei unbeschränkt vererblich, während Versorgungsansprüche nach dem Tode des Vertreters selbst nur seiner Witwe und minderjährigen Kindern zustünden.
Wesentliche tatsächliche und rechtliche Unterschiede zwischen der Ausgestaltung des Ausgleichsanspruchs und der Altersversorgung sind nicht zu verkennen. Diese schließen aber, wie bereits erwähnt, eine Anrechnung der Altersversorgung auf den Ausgleichsanspruch aus Gründen der Billigkeit nicht aus. Jede der beiden Einrichtungen hat ihre Vorteile und ihre Nachteile. Ob im Einzelfall die Altersversorgung sich günstiger oder ungünstiger auswirkt als die alsbaldige Zahlung des Ausgleichs in einem Betrage, läßt sich erst nach Beendigung aller Versorgungsleistungen abschließend beurteilen. Jedenfalls hat die Versorgung den Vorteil der lebenslänglichen Sicherung des Unterhalts für den Vertreter selbst und seine Witwe.
Die Beschränkung der Versorgung auf Witwen und minderjährige Kinder findet sich in ähnlicher Weise bei der Beamtenversorgung und der Sozialversicherung. Was dort gesetzlich geregelt ist, kann hier nicht als unzulänglich oder unzumutbar angesehen werden.
Im Übrigen hat der Kläger keine gerade seinen Fall bei treffenden Tatsachen vorgetragen, die die Ausschließung des Ausgleichsanspruchs durch die Altersversorgung als nicht billig erscheinen ließen.
c) Unerheblich ist, wie das Berufungsgericht ohne Rechtsirrtum ausgeführt hat, daß Schuldner der Versorgungsrenten zum Teil nicht die Beklagte selbst ist, sondern die beiden Kassen. Unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit kommt es entscheidend darauf an, daß die Beklagte auch die von den Kassen gezahlten Renten zum größten Teil durch ihre Beiträge aufbringt (ebenso Küstner in BB 1963, 1147). Bedenken könnten insofern nur bestehen, wenn etwa die Zahlungsfähigkeit der Kassen in Zweifel gezogen wäre. Das ist nicht geschehen.
d) Das Berufungsgericht hat ferner ausgeführt, der Berücksichtigung der Versorgungsleistungen aus Gründen der Billigkeit stehe nicht entgegen, daß diese nach den Satzungen der Kassen dem Berechtigten unter gewissen Voraussetzungen entzogen werden konnten (vgl. § 16 AVK, § 23 APK).
Das Berufungsgericht verweist in diesem Zusammenhang darauf, auch der Ausgleichsanspruch entfalle unter Umständen gemäß § 89 b Abs. 3 Satz 2 HGB wegen eines schuldhaften Verhaltens des Vertreters. Dem ist allerdings entgegenzuhalten, daß die genannte Gesetzesvorschrift nur bei einem schuldhaften Verhalten während der Vertragsdauer anwendbar ist, während die Versorgungsleistungen aus den satzungsmäßig festgelegten besonderen Gründen auch nach Vertragsende entzogen werden können. Es kann aber nicht gesagt werden, daß derartige Entzungsbestimmungen es allgemein und gerade auch im vorliegenden Fall nicht als billig erscheinen ließen, die Versorgungsrenten auf den Ausgleichsanspruch anzurechnen.
Der Kläger beanstandet besonders, daß eine Tätigkeit des im Ruhestand befindlichen Vertreters für ein Konkurrenzunternehmen zur Entziehung der Rente führen könne. Das Berufungsgericht hat dazu ausgeführt, der Kläger habe nicht vorgetragen, daß dieser Satzungsregelung in der Praxis nennenswerte Bedeutung zukomme und daß sie gerade in seinem Fall akut werden könnte. Auch die Revision macht hierzu nur geltend, daß das Konkurrenzverbot bei einer Altersgrenze von 65 Jahren noch praktische Bedeutung habe. Sie muß sich in diesem Zusammenhang auf den von ihr selbst mehrfach hervorgehobenen Grundsatz verweisen lassen, daß bei der Entscheidung über den Ausgleichsanspruch die Umstände des Einzelfalles maßgebend sind. Sie hat aber nicht gerügt, daß in dieser Beziehung der Kläger Tatsachen vorgetragen habe, die vom Berufungsgericht nicht beachtet worden wären. Es ist also davon auszugehen, daß eine Gefährdung der Versorgungsbezüge des Klägers durch die angeführten Satzungsbestimmungen nicht zu erwarten ist und daher bei der Entscheidung auch nicht in Rechnung gestellt zu werden braucht.
Davon abgesehen erscheint die hier in Rede stehende Beschränkung eines Ruhegeldempfängers in seiner geschäftlichen Betätigung unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit jedenfalls dann als durchaus tragbar, wenn die Versorgungsleistungen wie hier den Wert des in Betracht kommenden Ausgleichs erheblich übertreffen (vgl. im übrigen die Regelung der §§ 14 AVK und 21 APK).
II.
1.) Über die Art und Weise, in der die dem Kläger gewährte Altersversorgung auf den Ausgleich anzurechnen sei, hat das Berufungsgericht ausgeführt:
Es seien nicht die von der Beklagten aufgewandten Beiträge zu den Versorgungskassen anzusetzen, sondern der Wort der den Kläger gezahlten Renten, soweit er mittelbar oder unmittelbar auf Leistungen der Beklagten beruhe, nämlich In Höhe vom 891,15 DM monatlich. Der Kapitalwert einer Rente in dieser Höhe, bezogen auf den Zeitpunkt der Beendigung des Vertragsverhältnisses (1. April 1961), betrage bei Zugrundelegung der sich aus den statistischen Erfahrungswerten ergebenden mutmaßlichen Lebensdauer des Klägers von 12,63 Jahren und eines von diesem selbst für angemessen gehaltenen Zinssatzes von 6 % 111.405 DM und übersteige daher den Klagebetrag. Die Zahlung eines Ausgleichs entspreche daher nicht der Billigkeit.
Auch diese Ausführungen des Berufungsgerichts lassen keinen Rechtsirrtum erkennen; sie rechtfertigen die Abweisung der Klage.
2.) Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht die Renten auch insoweit angerechnet hat, als sie auf Beiträgen der Beklagten während der Angestelltenzeit des Klägers beruhen.
Nach den Satzungen der beiden Kassen ist die Mitgliedschaft bei ihnen eine einheitliche für Angestellte und Vertreter. Die für die Höhe des Ruhegeldes wesentliche Zahl der Beitragsjahre ist danach ebenfalls einheitlich zu berechnen (§§ 3, 18 der Satzung der AVK). Wenn der Kläger deshalb unter Einberechnung der von der Beklagten während seiner Angestelltenzeit erbrachten Leistungen ein höheres Ruhegeld erhält, ist es nicht unbillig, daß auch das bei Bemessung des Ausgleiches berücksichtigt wird.
Die Würdigung der hierbei in Betracht kommenden Umstände war im übrigen Sache des Tatrichters (BGHZ 41, 129, 135). Das Berufungsgericht hat sich im Rahmen seines Ermessens gehalten.
3.) Das Berufungsgericht hat auch mit Recht in dem Verhalten der Beklagten seit 1953 keinen Verzicht auf Anrechnung ihrer zur Versorgung des Klägers bestimmten Leistungen auf den Ausgleichsanspruch gefunden. Von einem rechtsgeschäftlichen Verzicht kann ohnedies keine Rede sein. Die Beklagte konnte im Hinblick auf die Unabdingbarkeit des Ausgleichsanspruches (§ 89 b Abs. 4 HGB) mit dem Kläger rechtswirksam keine Vereinbarungen über Ermäßigung oder Wegfall des Ausgleichs wegen der Altersversorgung treffen. Andererseits konnte unter den vom Berufungsgericht festgestellten Umständen der Kläger nicht annehmen, daß die Beklagte von einer Anrechnung absehen werde. Soweit es sich um die Leistungen der Beklagten seit dem 1. April 1961 handelt, mußte der Kläger das schon daraus folgern, daß die Beklagte den zu diesem Zeitpunkt fälligen Ausgleichsbetrag unter Berufung auf die Anrechnung nicht gezahlt hat.
4.) Die Revision macht weiter geltend, es hätte nicht der Kapitalwort der Rente angerechnet worden dürfen, sondern höchstens die Summe der von der Beklagten geleisteten Beiträge. Dabei hätte außerdem berücksichtigt werden müssen, daß die Beklagte durch Einrichtung der Altersversorgung ebenfalls erhebliche Vorteile gehabt habe, nämlich einmal in steuerlicher Beziehung, sodann durch langfristige Bindung der meisten Vertreter an ihr Unternehmen.
Auch diese Hinweise vermögen nicht darzutun, daß dem Berufungsgericht bei der Anwendung des § 89 b Abs. 1 Nr. 3 HGB ein Rechtsirrtum unterlaufen wäre. Dieses ist mit der Anrechnung des Kapitalwertes der dem Kläger gezahlten Renten, soweit sie aus Mitteln der Beklagten stammen, der im Schrifttum allgemein vertretenen Auffassung gefolgt (vgl. Bruck-Möller a.a.O. Anm. 379; Küstner in BB 1963, 1147). Es kann nicht gesagt werden, daß es damit im vorliegenden Fall, in dem dieser Kapitalwert den Ausgleichsanspruch wesentlich übersteigt, zu einem unbilligen Ergebnis gekommen wäre.
Unter diesen Umständen ist es auch rechtlich nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht steuerliche Vorteile, die die Beklagte aus der Finanzierung der Altersversorgung gezogen hat, nicht zu ihren Lasten in Rechnung gestellt hat. Entscheidend muß jedenfalls in der Regel sein, was dem Vertreter durch die Versorgungsbezüge an Vorteilen zufließt. Deren Umfang wird durch Steuervergünstigungen, die der Unternehmer im Zusammenhang damit erzielen kann, nicht berührt.
Nach der bereits erwähnten grundsätzlichen Auffassung des erkennenden Senats (BGHZ 43, 154, 162) ist es zwar nicht ausnahmslos als unzulässig anzusehen, auch solchen Umständen einmal einen gewissen Einfluß auf die Entscheidung über einen Ausgleichsanspruch zu gewähren, wenn sich das aus besonderen Gründen als billig erweisen sollte. Das wird aber nur ganz selten in Betracht kommen. Im allgemeinen sind bei Beurteilung von privatrechtlichen Vertragsbeziehungen die sich daraus ergebenden größeren oder geringeren steuerlichen Verpflichtungen des einen oder anderen Teiles nicht entscheidungserheblich.
Die der Beklagten aus einer Bindung der Vertreter an ihr Unternehmen entstehenden Vorteile entsprechen den Vorteilen, die auch den Vertretern daraus erwachsen. Es ist daher für das Ergebnis richtig, das im Rahmen der Billigkeitsabwägung weder zu Lasten der einen noch zu Lasten der anderen Partei in Rechnung zu stellen, sondern außer Acht zu lassen. Im übrigen kann ein Rechtsverstoß bei der Entscheidung über einen Ausgleichsanspruch nicht schon darin erblickt werden, daß der Tatrichter sich nicht über alle denkbaren Billigkeitsgesichtspunkte in den Entscheidungsgründen ausgelassen hat (vgl. BGHZ 41, 129, 135).
5.) Die Revision kann schließlich nicht mit dem Hinweis gehört werden, der erforderlichen Prüfung der Umstände des Einzelfalles werde die Bewertung der Rente nach der durchschnittlichen Lebenserwartung des Klägers nicht gerecht. Lebenslängliche Rentenbezüge können nach der Natur der Sache nicht anders bewertet werden. Die Revision weiß auch keinen brauchbaren anderen Vorschlag dafür zu machen. Im übrigen hat der Kläger auch insoweit in den Tatsacheninstanzen nichts dafür vorgetragen, daß etwa besondere in seiner Person liegende Umstände die Zugrundelegung der durchschnittlichen Lebenserwartung nicht als gerechtfertigt und billig erscheinen ließen.
III.
Nach alledem hat das Berufungsgericht ohne Rechtsirrtum die Zahlung eines Ausgleichs als nicht der Billigkeit entsprechend angesehen und deshalb die Klage in vollem Umfang abgewiesen.
Die Revision des Klägers ist daher als unbegründet mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.
Unterschriften
Glanzmann, Heimann-Trosien, Erbel, Vogt, Finke
Fundstellen