Leitsatz (amtlich)
›1. Die Zulässigkeit einer gewillkürten Prozeßstandschaft beurteilt sich in Fällen mit Auslandsberührung grundsätzlich nach deutschem Prozeßrecht als der lex fori. Nach diesem Recht richtet sich insbesondere, wie das erforderliche eigene Interesse des Prozeßstandschafters an der Prozeßführung beschaffen sein muß.
2. Im Falle einer Prozeßführungsermächtigung, die ein ausländischer Konkursverwalter erteilt und die sich auf eine in das betreffende ausländische Konkursverfahren einbezogene Forderung bezieht, ist das ausländische Konkursrecht als Konkursstatut berufen, darüber zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen es dem Konkursverwalter die Befugnis zur Erteilung einer solchen Prozeßführungsermächtigung einräumt. Voraussetzung für die Anwendbarkeit ausländischen Konkursrechts ist in derartigen Fällen, daß der Auslandskonkurs nach den Grundsätzen über die Anerkennung von Auslandskonkursen im Inland anerkannt wird (im Anschluß an BGH, Urteil vom 11. Juli 1985 - IX ZR 178/84 = BGHZ 95, 256, 269-270; BGH, Urteil vom 27. Mai 1993 - IX ZR 254/92 = BGHZ 122, 373).
3. Voraussetzungen und Wirksamkeit einer Einziehungsermächtigung beurteilen sich in Fällen mit Auslandsberührung nach dem Recht, das auf die einzuziehende Forderung anwendbar ist.
4. Im Falle einer Einziehungsermächtigung, die ein ausländischer Konkursverwalter erteilt und die sich auf eine in das betreffende ausländische Konkursverfahren einbezogene Forderung bezieht, ist das ausländische Konkursrecht als Konkursstatut berufen, darüber zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen es dem Konkursverwalter die Befugnis zur Erteilung einer solchen Einziehungsermächtigung einräumt. Voraussetzung für die Anwendbarkeit ausländischen Konkursrechts ist in derartigen Fällen, daß der Auslandskonkurs nach den Grundsätzen über die Anerkennung von Auslandskonkursen im Inland anerkannt wird (im Anschluß an BGH, Urteil vom 11. Juli 1985 - IX ZR 178/84 = BGHZ 95, 256, 269-270; BGH, Urteil vom 27. Mai 1993 - IX ZR 254/92 = BGHZ 122, 373).‹
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches OLG |
LG Kiel |
Tatbestand
Die Klägerin, eine Sparkasse mit Sitz in Dänemark, verlangt von den Beklagten Zahlung der Restvergütung für ein Fertighaus.
Mit Bauvertrag vom 3. Juli 1984 beauftragten die in der Bundesrepublik Deutschland wohnenden beklagten Eheleute die dänische Firma V. die auch unter der deutschen Bezeichnung WJ-Haus (im folgenden: Firma WJ-Haus) auftrat, mit der Erstellung des Rohbaus für ein Einfamilienhaus in B. zum Festpreis von 115.300 DM. Die Vergütung war entsprechend dem Baufortschritt zu zahlen. Die beklagten Eheleute bezahlten die erste Rate in Höhe von 6.918 DM an die Firma WJ-Haus.
Diese Firma nahm zur Finanzierung des Bauvorhabens aufgrund eines Kreditvertrags vom 27. Juli 1984 bei der Klägerin einen Kredit in Höhe von 200.000 dkr auf. Am 9. Januar 1985 eröffnete das Gericht in Varde/Dänemark das Konkursverfahren über das Vermögen der Firma WJ-Haus. Der als Konkursverwalter bestellte Rechtsanwalt L. wandte sich mit Schreiben vom 3. Dezember 1985 an den anwaltlichen Vertreter der Klägerin in Dänemark.
Aufgrund dieses Schreibens nimmt die Klägerin die beklagten Eheleute wegen der Restvergütung aus dem Bauvertrag vom 3. Juli 1984 in Höhe von 108.382 DM in Anspruch, den beklagten Ehemann zusätzlich auch in Höhe von weiteren 6.432 DM mit der Begründung, zu diesem Preis seien ihm aufgrund seines Auftrags auch Küchenmöbel geliefert worden. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit ihrer Revision verfolgt sie ihre Zahlungsansprüche weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist begründet; sie führt, soweit die Berufung der Klägerin gegenüber den beklagten Eheleuten zurückgewiesen worden ist, zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. 1. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, die Klägerin habe nach dem anwendbaren deutschen Recht gegen die beklagten Eheleute Zahlungsansprüche weder aus originärem noch aus abgetretenem Recht.
2. Dies wird von der Revision nicht angegriffen. Die Anwendung deutschen Rechts ist insoweit jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung läßt keine Rechtsfehler erkennen.
II. 1. Das Berufungsgericht ist ferner der Ansicht, die Klägerin sei nicht berechtigt, aufgrund gewillkürter Prozeßstandschaft die Werklohnforderung aus dem Bauvertrag im eigenen Namen geltend zu machen. Insoweit sei allein deutsches Recht maßgebend. Das Schreiben des Konkursverwalters vom 3. Dezember 1985 enthalte keine Prozeßführungsermächtigung. Auch hinsichtlich der Forderung wegen der gelieferten Küchenmöbel habe die Klägerin ihre eigene Berechtigung nicht hinreichend dargelegt. Aus der Rechnung der Firma WJ-Haus vom 12. Oktober 1984 wegen der Küchenmöbel lasse sich eine Berechtigung der Klägerin, die Forderung im eigenen Namen geltend zu machen, nicht entnehmen.
2. Hiergegen wendet sich die Revision mit Erfolg. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur gewillkürten Prozeßstandschaft halten den Revisionsangriffen in mehreren Punkten nicht stand.
a) Es begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken, daß das Berufungsgericht hinsichtlich einer gewillkürten Prozeßstandschaft ausschließlich deutsches Recht angewandt und die Anwendbarkeit dänischen Konkursrechts nicht geprüft hat.
aa) Die Zulässigkeit einer gewillkürten Prozeßstandschaft in Fällen mit Auslandsberührung beurteilt sich grundsätzlich nach deutschem Prozeßrecht als der lex fori (BGH, Urteil vom 6. Mai 1981 - I ZR 70/79 = NJW 1981, 2640; Geimer, Internationales Zivilprozeßrecht 2. Aufl. Rdn. 2243; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht Rdn. 558). Danach setzt eine gewillkürte Prozeßstandschaft voraus, daß der Prozeßführende ermächtigt ist, einen fremden Anspruch im eigenen Namen einzuklagen, und daß er ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Prozeßführung hat (std. Rspr.; Senat, Urteil vom 21. Dezember 1989 - VII ZR 49/89 = NJW 1990, 1117 = BauR 1990, 252 = ZfBR 1990, 135, 136 m.Nachw.). Die Voraussetzungen des schutzwürdigen Interesses beurteilen sich in Fällen mit Auslandsberührung allein nach deutschem Prozeßrecht als der lex fori (vgl. BGH, Urteil vom 6. Mai 1981 aaO; Schack aaO Rdn. 559; Nagel, Internationales Zivilprozeßrecht 3. Aufl. Rdn. 282).
bb) Die umstrittene Frage, ob sich auch die Wirksamkeit der Prozeßführungsermächtigung grundsätzlich nach der lex fori beurteilt (so Bernstein, Festschrift für Sieg S. 58; Wunderlich, Zur Prozeßstandschaft im internationalen Recht, Diss. München 1970 S. 167; Fragistas, Festschrift für Lewald S. 483) oder ob insoweit das Statut der eingeklagten Forderung maßgebend ist (so Schütze, Deutsches Internationales Zivilprozeßrecht S. 75), kann im vorliegenden Fall offenbleiben, da deutsches Recht hier sowohl als lex fori als auch als Forderungsstatut berufen ist. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, daß die Werklohnforderung aus dem Bauvertrag vom 3. Juli 1984 kraft stillschweigender Rechtswahl deutschem Recht unterliegt. Letzteres gilt auch für die geltend gemachte Forderung wegen der Lieferung von Küchenmöbeln, da diese wegen des engen Zusammenhangs mit dem Bauvertrag vom 3. Juli 1984 akzessorisch an das Bauvertragsstatut anzuknüpfen ist.
cc) Das Berufungsgericht hat übersehen, daß auf die Prozeßführungsermächtigung im vorliegenden Fall neben deutschem Recht unter der Voraussetzung auch dänisches Konkursrecht anzuwenden ist, daß der dänische Konkurs im Inland anerkannt wird. Das ausländische Konkursrecht regelt als Konkursstatut die Befugnisse des Konkursverwalters (vgl. Kirchhof, WM 1993, 1364, 1368; Gottwald/Arnold, Insolvenzrechts-Handbuch § 122 Rdn. 101-102; Summ, Die Anerkennung ausländischer Konkurse in der Bundesrepublik Deutschland S. 45-46). Es entscheidet unter anderem darüber, ob und unter welchen Voraussetzungen der Konkursverwalter massezugehörige Rechte freigeben oder verwerten kann. Im Falle einer Prozeßführungsermächtigung, die ein ausländischer Konkursverwalter erteilt und die sich auf eine in das betreffende ausländische Konkursverfahren einbezogene Forderung bezieht, ist daher das ausländische Konkursrecht als Konkursstatut berufen, darüber zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen es dem Konkursverwalter die Befugnis zur Erteilung einer solchen Prozeßführungsermächtigung einräumt. Voraussetzung für die Anwendbarkeit ausländischen Konkursrechts in derartigen Fällen ist allerdings, daß der Auslandskonkurs nach den Grundsätzen über die Anerkennung von Auslandskonkursen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juli 1985 - IX ZR 178/84 = BGHZ 95, 256, 269-270; BGH, Urteil vom 27. Mai 1993 - IX ZR 254/92 = BGHZ 122, 373) im Inland anerkannt wird.
b) Nach dem ergänzenden Vortrag der Klägerin im Revisionsverfahren steht nunmehr fest, daß der Konkursverwalter die Klägerin zur Prozeßführung ermächtigt hat.
aa) Bei der Prozeßführungsbefugnis handelt es sich um eine Prozeßvoraussetzung, die in jeder Lage des Verfahrens, auch in der Revisionsinstanz, von Amts wegen zu prüfen ist. Das Revisionsgericht ist weder an die Feststellungen des Berufungsgerichts gebunden noch beschränkt sich seine Prüfung auf die Tatsachen und Beweismittel, die dem Berufungsgericht vorgelegen haben. Das Revisionsgericht hat vielmehr auch unter Berücksichtigung neuen Vorbringens in der Revisionsinstanz selbständig festzustellen, ob die Voraussetzungen für die Prozeßführungsbefugnis im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz vorgelegen haben (std. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 19. März 1987 - III ZR 2/86 = BGHZ 100, 217, 219).
bb) Nach diesen Grundsätzen ist hier von einer Prozeßführungsermächtigung der Klägerin seitens des Konkursverwalters aufgrund des Schreibens vom 3. Dezember 1985 auszugehen. Die Klägerin hat in der Revisionsinstanz durch Vorlage eines Schreibens von Rechtsanwalt L. vom 11. Juni 1993 nachgewiesen, daß dieser als Konkursverwalter zum Zeitpunkt der Abfassung des Schreibens vom 3. Dezember 1985 mit einer Prozeßführung durch die Klägerin in deren eigenem Namen einverstanden war. In diesem Sinne versteht der Senat das im Revisionsverfahren vorgelegte Schreiben vom 11. Juni 1993.
Der gewillkürten Prozeßstandschaft steht auch nicht entgegen, daß die Klägerin in den Tatsacheninstanzen ausdrücklich lediglich eigene Ansprüche aus originärem und abgetretenem Recht geltend gemacht hat. Allerdings setzt eine gewillkürte Prozeßstandschaft grundsätzlich voraus, daß die Prozeßführungsermächtigung in den Tatsacheninstanzen offengelegt wird; ein bloß internes Einverständnis des Ermächtigenden, das erst in der Revisionsinstanz offengelegt wird, reicht im allgemeinen nicht aus (vgl. BGH, Urteil vom 12. Oktober 1987 - II ZR 21/87 = NJW 1988, 1585, 1587; BGH, Urteil vom 7. Dezember 1993 - VI ZR 152/92 = EzFamR aktuell 1994, Nr. 3, 65, in juris dokumentiert). Der genannten Voraussetzung ist hier indes genügt. Aufgrund des von der Klägerin vorgelegten Schreibens des Konkursverwalters vom 3. Dezember 1985 war für die beklagten Eheleute erkennbar, daß auch eine gewillkürte Prozeßstandschaft der Klägerin in Betracht kam; die beklagten Eheleute haben sich in ihrer Berufungserwiderung mit einer Prozeßführungsermächtigung der Klägerin seitens des Konkursverwalters auch ausdrücklich auseinandergesetzt.
III. 1. a) Das Berufungsurteil kann nach alledem, soweit die Berufung der Klägerin gegenüber den beklagten Eheleuten zurückgewiesen worden ist, nicht bestehenbleiben. Es ist insoweit aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Zu einer abschließenden Entscheidung ist der Senat aufgrund der bisher vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht in der Lage. Soweit die Prozeßführungsbefugnis betroffen ist, ist es dem Revisionsgericht allerdings grundsätzlich möglich, selbst Ermittlungen nach den Grundsätzen des Freibeweises vorzunehmen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Oktober 1992 - XII ZR 125/91 = WM 1993, 309). Es kann dahinstehen, ob diese Grundsätze auch auf den Fall übertragbar sind, daß ausländisches Recht ermittelt werden muß, weil nach deutschem Kollisionsrecht hinsichtlich einer Prozeßführungsermächtigung ausländisches Recht berufen ist. Hier ist es jedenfalls unzweckmäßig, daß der Senat im Hinblick auf die Wirksamkeit der vom Konkursverwalter erteilten Prozeßführungsermächtigung Ermittlungen zur Anerkennungsfähigkeit des dänischen Konkurses und zum Inhalt des dänischen Konkursrechts vornimmt. Falls sich eine wirksame gewillkürte Prozeßstandschaft ergeben sollte, muß die Sache ohnehin an die Vorinstanz zur Klärung zurückverwiesen werden, ob die eingeklagten fremden Forderungen und die von den beklagten Eheleuten geltend gemachten Einwendungen sachlich berechtigt sind.
2. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
a) Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand bestehen gegen die Wirksamkeit der vom Konkursverwalter mit Schreiben vom 3. Dezember 1985 erteilten Prozeßführungsermächtigung gemäß deutschem Recht keine Bedenken.
b) Das Berufungsgericht wird vorrangig zu prüfen haben, ob der dänische Konkurs nach den international konkursrechtlichen Grundsätzen über die Anerkennung von Auslandskonkursen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juli 1985 - IX ZR 178/84 = BGHZ 95, 256, 269-270; BGH, Urteil vom 27. Mai 1993 - IX ZR 254/92 = BGHZ 122, 373) im Inland anerkannt wird.
Ist der dänische Konkurs danach anzuerkennen, wird das Berufungsgericht sodann zu prüfen haben, ob die von der Klägerin geltend gemachten fremden Forderungen nach dänischem Konkursrecht in das dänische Konkursverfahren einbezogen waren. Das hängt insbesondere davon ab, ob sich nach dänischem Konkursrecht der vom Gericht in Varde/Dänemark eröffnete Konkurs auch auf Forderungen der Gemeinschuldnerin gegen Schuldner mit Wohnsitz im nichtdänischen Ausland, wie dies bei den beklagten Eheleuten der Fall ist, erstreckte und ob das dänische Konkursrecht insoweit Auslandswirkung selbst beansprucht (vgl. zur Auslandswirkung von Konkursen BGH, Urteil vom 11. Juli 1985 aaO 260-261; zur Auslandswirkung einzelner Konkursrechtsfolgen vgl. BGH, Urteil vom 27. Mai 1993 aaO).
Falls die vorstehenden Voraussetzungen vorliegen sollten, wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob und unter welchen Voraussetzungen das anzuwendende dänische Konkursrecht dem Konkursverwalter die Befugnis zur Erteilung einer auf massezugehörige Forderungen bezogenen Prozeßführungsermächtigung einräumt oder ob die vom Konkursverwalter im vorliegenden Fall erteilte Prozeßführungsermächtigung nach diesem Recht mangels einer solchen Befugnis unwirksam ist.
c) Das nach deutschem Prozeßrecht für eine gewillkürte Prozeßstandschaft erforderliche eigene schutzwürdige Interesse der Klägerin an der Prozeßführung ist gegeben. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist das erforderliche eigene schutzwürdige Interesse zur gerichtlichen Geltendmachung einer fremden Forderung gegeben, wenn ein von einem Konkursverwalter zur Prozeßführung ermächtigter Konkursgläubiger sich wegen einer ihm zustehenden Konkursforderung aus dem Erlös der als Prozeßstandschafter eingeklagten Forderung vorzugsweise befriedigen darf (vgl. BGH, Urteil vom 6. Mai 1985 - II ZR 132/84 = NJW 1985, 2719). Ähnlich liegt der Fall hier. Die Klägerin fiel nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wegen der Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Firma WJ-Haus mit ihrer Forderung auf Rückzahlung des dieser Firma vorher gewährten Kredits in Höhe von 200.000 dkr aus. Nach dem Schreiben des Rechtsanwalts L. vom 11. Juni 1993 hat dieser als Konkursverwalter die Klägerin mit Schreiben vom 3. Dezember 1985 zur Prozeßführung mit der Maßgabe ermächtigt, daß zwischen der Konkursmasse und der Klägerin über die Aufteilung des Erlöses verhandelt werden sollte. Die Klägerin hatte daher zumindest eine konkrete Aussicht, aus dem Erlös oder einem Teil davon Befriedigung oder wenigstens teilweise Befriedigung ihrer Kreditrückzahlungsforderung in Höhe von 200.000 dkr zu finden; damit ist das erforderliche eigene schutzwürdige Interesse der Klägerin an der Prozeßführung gegeben.
d) Die Klägerin begehrt Zahlung an sich. Klagt ein Prozeßführungsermächtigter auf Leistung an sich, so kann er Zahlung nur verlangen, wenn er unter anderem materiell zur Einziehung berechtigt ist (vgl. Stein/Jonas/Bork, ZPO 21. Aufl. vor § 50 Rdn. 45). Das Berufungsgericht wird daher gegebenenfalls unter Berücksichtigung des Schreibens vom 11. Juni 1993 erneut zu prüfen haben, ob der Konkursverwalter der Klägerin mit Schreiben vom 3. Dezember 1985 neben der Prozeßführungsermächtigung eine Einziehungsermächtigung bezüglich der von ihr geltend gemachten fremden Forderungen erteilt hat und ob diese Ermächtigung wirksam ist.
aa) Voraussetzungen und Wirksamkeit der vom Konkursverwalter möglicherweise erteilten Einziehungsermächtigung bestimmen sich nach deutschem Recht. Die Einziehungsermächtigung ist unbeschadet ihrer dogmatischen Einordnung im internen deutschen Recht (vgl. dazu Staudinger/Kaduk, BGB 12. Aufl. § 398 Rdn. 203-218) international privatrechtlich als Abtretung mit der Folge zu qualifizieren, daß sie in Fällen mit Auslandsberührung nach den für die Abtretung maßgebenden Kollisionsregeln zu beurteilen ist. Nach dem hier zeitlich maßgebenden bisherigen Internationalen Privatrecht (Art. 220 Abs. 1 EGBGB) beurteilen sich Voraussetzungen und Wirksamkeit einer Abtretung nach dem Recht, das auf die abgetretene Forderung anwendbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juni 1990 - VIII ZR 158/89 = BGHZ 111, 376, 379; Palandt/Heinrichs, BGB 45. Aufl. Vorbem. v. Art. 12 EGBGB Anm. 5 c). Voraussetzungen und Wirksamkeit einer Einziehungsermächtigung beurteilen sich dementsprechend nach dem Recht, das auf die einzuziehende Forderung anwendbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 24. November 1989 - V ZR 240/88 = NJW-RR 1990, 248, 250; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht Rdn. 558).
bb) Für diese international privatrechtliche Qualifikation der Einziehungsermächtigung spricht, daß die Erwägung, die dem in Art. 33 Abs. 2 EGBGB normierten und schon nach bisherigem Internationalen Privatrecht für die Abtretung maßgebenden Anknüpfungsprinzip zugrunde liegt, für die Einziehungsermächtigung ebenso gilt. Dem genannten Anknüpfungsprinzip liegt die Erwägung zugrunde, daß die Rechtsstellung des Schuldners und das Schuldverhältnis, auf welchem die Forderung beruht, nicht zur Disposition des Zedenten und des Zessionars stehen (vgl. von Bar, RabelsZ 53 (1989) 462, 467-468; Kropholler, Internationales Privatrecht S. 414; Ferid, Internationales Privatrecht 3. Aufl. Rdn. 6-120). Dieser kollisionsrechtliche Schuldnerschutz ist bei der Einziehungsermächtigung in gleicher Weise erforderlich und berechtigt. Ferner spricht auch der Zusammenhang zwischen Einziehungsermächtigung und Sachlegitimation für die hier vorgenommene Qualifikation. Bei der Einziehungsermächtigung handelt es sich um ein abgespaltenes Gläubigerrecht, das die Verfügungsbefugnis des Ermächtigten über ein fremdes, dem Ermächtigenden verbleibendes Recht durch den Begriff der Einziehung klar umgrenzt (BGH, Urteil vom 15. November 1984 - III ZR 115/83 = WM 1985, 613, 614). Die Einziehungsermächtigung verschafft dem Ermächtigten die Sachlegitimation, Leistung an sich zu verlangen. Die Sachlegitimation beurteilt sich in Fällen mit Auslandsberührung nach dem international privatrechtlich auf die geltend gemachte Forderung anwendbaren Recht (vgl. Fragistas, Festschrift für Lewald S. 481).
cc) Nach diesen Grundsätzen unterliegt eine etwaige Einziehungsermächtigung im vorliegenden Fall deutschem Recht als dem Forderungsstatut. Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand bestehen gegen die Wirksamkeit einer Einziehungsermächtigung seitens des Konkursverwalters, die unter Berücksichtigung des Schreibens vom 11. Juni 1993 naheliegt, gemäß deutschem Recht keine Bedenken.
dd) Das Berufungsgericht wird gegebenenfalls ferner, sofern der dänische Konkurs im Inland anerkannt wird, zu prüfen haben, ob und unter welchen Voraussetzungen das dänische Konkursrecht dem Konkursverwalter die Befugnis zur Erteilung einer auf massezugehörige Forderungen bezogenen Einziehungsermächtigung einräumt oder ob die Einziehungsermächtigung im vorliegenden Fall mangels entsprechender Befugnis des Konkursverwalters nach diesem Recht unwirksam ist.
e) Gegebenenfalls wird sich das Berufungsgericht schließlich mit der sachlichen Berechtigung der geltend gemachten fremden Forderungen und der von den beklagten Eheleuten erhobenen Einwendungen befassen müssen.
Fundstellen
Haufe-Index 2993693 |
BGHZ 125, 196 |
BGHZ, 196 |
NJW 1994, 2549 |
BGHR EGBGB (1986) Art. 33 Abs. 2 Einziehungsermächtigung 1 |
BGHR KO § 237 Konkursverwalter, ausländischer 2 |
BGHR ZPO § 51 Abs. 1 Prozeßstandschaft, gewillkürte 21 |
BauR 1994, 399 |
DRsp IV(408)184Nr. 8a (Ls) |
KTS 1994, 381 |
WM 1994, 958 |
ZIP 1994, 547 |
IPRax 1995, 168 |
MDR 1994, 1205 |
ZfBR 1994, 167 |
IPRspr. 1994, 198 |