Leitsatz (amtlich)
Klagen die Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts eine zum Gesellschaftsvermögen gehörende Forderung ein und rechnet der Beklagte im Prozeß dagegen mit einer ihm gegen einen der Gesellschafter zustehenden Forderung auf, so wird dadurch – trotz fehlender Gegenseitigkeit der sich gegenüberstehenden Forderungen (BGB § 719 Abs 2) – die Verjährung der zur Aufrechnung gestellten Forderung unterbrochen.
Tatbestand
Der Kläger führte im Jahre 1975 im Auftrage der Beklagten Maurerarbeiten aus. Mit seiner Klage, der am 30. Januar 1978 eingereichte und am 3. Februar 1978 zugestellte Anträge auf Erlaß von Mahnbescheiden gegen beide Beklagten vorausgingen, hat der Kläger restlichen Werklohn in Höhe von 19.680,26 DM nebst Zinsen von beiden Beklagten als Gesamtschuldnern verlangt. Die Beklagten haben mehrere Einzelpositionen der Rechnung des Klägers beanstandet, Mängel des Bauwerks behauptet und die Einrede der Verjährung erhoben.
Das Landgericht hat der Klage – unter Abweisung der Mehrforderung – in Höhe von nur 18.810,26 DM nebst Zinsen gegenüber dem Beklagten zu 1 und in Höhe von nur 6.466,90 DM nebst Zinsen gegenüber der Beklagten zu 2 stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Klage voll abgewiesen.
Mit seiner – zugelassenen – Revision, um deren Zurückweisung die Beklagten bitten, erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht hat die Revision „in dem aus den Entscheidungsgründen ersichtlichen Umfange” zugelassen. In den Gründen führt es dazu aus, es habe die Revision insoweit zugelassen, als es „die Unterbrechungswirkung der vom Kläger in dem Rechtsstreit 3 0 140/76 LG Lübeck erklärten Aufrechnung verneint” habe.
Diese Beschränkung ist nicht zulässig. Der Bundesgerichtshof hat schon mehrfach entschieden, daß es dem Berufungsgericht nur dann gestattet ist, die Zulassung der Revision auf nur einen Teil des Streitstoffes zu beschränken, wenn es ihm prozessual möglich wäre, diesen Teil in einem gesonderten Verfahrensabschnitt, abgetrennt vom übrigen Verfahren, im Wege eines Teil- oder Grundurteils zu entscheiden (BGHZ 76, 397; BGH NJW 1981, 287, jeweils mit Nachweisen). Das ist hier nicht der Fall. Mit einem Teilurteil kann nur über einen von mehreren Ansprüchen oder über einen Teil eines Anspruchs entschieden werden (§ 301 ZPO). Ein Grundurteil ist nur möglich, wenn alle anspruchsbegründenden Tatsachen festgestellt sind (Thomas/Putzo, ZPO, 11. Aufl., § 304 Anm. 2 b; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 39. Aufl., § 304 Anm. 3 B; Zöller/Vollkommer, ZPO, 12. Aufl., § 304 Anm. II 4). Dagegen können einzelne Elemente der Begründetheit nicht Gegenstand eines Grundurteils sein (BGHZ 49, 33, 36 m.w.N.; 72, 34, 36). Ob ein einzelnes Verteidigungsmittel, etwa die Einrede der Verjährung nicht durchgreift, kann nicht durch Grundurteil entschieden werden.
Die zugelassene Revision ergreift deshalb das Berufungsurteil im ganzen.
II.
Das Berufungsgericht hält die Klageforderung für verjährt. Die Arbeiten des Klägers seien noch im Jahre 1975 abgenommen worden. Deshalb habe die zweijährige Verjährungsfrist des § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB mit dem Ablauf des 31. Dezember 1975 begonnen und mit dem Ablauf des 31. Dezember 1977 geendet. Die erst am 30. Januar 1978 eingegangenen Anträge auf Erlaß von Mahnbescheiden hätten deshalb die Verjährung nicht mehr unterbrechen können.
III.
1. Die Revision macht geltend:
a) Die Verjährung hinsichtlich des Beklagten zu 1 sei durch Aufrechnung in einem Vorprozeß (§ 209 Abs. 2 Nr. 3 BGB) unterbrochen worden. Dem liegt folgendes zugrunde: Im Jahre 1976 haben der jetzige Beklagte zu 1 und sein mit ihm in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts verbundener Mitgesellschafter T. einen dieser Gesellschaft aus Heizungsarbeiten zustehenden Werklohnanspruch von 25.380,99 DM gegen den jetzigen Kläger eingeklagt (3 0 140/76 LG Lübeck). Dieser hat in jenem Prozeß mit dem jetzigen Klageanspruch die Aufrechnung erklärt. Nachdem er auf das Aufrechnungsverbot aus § 719 Abs. 2 BGB hingewiesen worden war, hat er den damaligen Klageanspruch anerkannt. Dementsprechend ist in jenem Prozeß am 25. Januar 1978 ein Anerkenntnisurteil ergangen.
b) Wegen eines Teilbetrages von 6.466,90 DM sei die Verjährung hinsichtlich beider Beklagten durch ein mit deren Schreiben vom 20. März 1976 erklärtes Anerkenntnis unterbrochen worden.
2. Das Berufungsgericht verneint in beiden Fällen eine wirksame Verjährungsunterbrechung:
a) Es fehle an den Voraussetzungen des § 209 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Im Vorprozeß sei die Aufrechnung wegen fehlender Gegenseitigkeit unzulässig gewesen. Denn der damalige Kläger und jetzige Beklagte zu 1 und sein Mitgesellschafter T. hätten eine ihnen nur gesamthänderisch als BGB-Gesellschaftern zustehende Forderung eingeklagt, während sich die damals zur Aufrechnung gestellte jetzige Klageforderung allein gegen den damaligen Kläger und jetzigen Beklagten zu 1 richte (§ 719 Abs. 2 BGB). Zwar werde im Schrifttum die Auffassung vertreten, daß auch eine unzulässige Aufrechnung die Verjährung unterbreche. Dies gelte aber nicht, wenn wegen fehlender Gegenseitigkeit eine Aufrechnungslage überhaupt nicht bestanden habe. Ansonsten könnte auch die von einem Beklagten in einem Prozeß erklärte Aufrechnung mit einem ihm gegen einen anderen als den Prozeßgegner zustehenden Anspruch die Unterbrechung der Verjährung herbeiführen. Dies entspreche nicht dem Sinn und Zweck des § 209 Abs. 2 Nr. 3 BGB.
b) In dem Schreiben der beiden Beklagten vom 20. März 1976 sieht das Berufungsgericht kein zur Verjährungsunterbrechung führendes Anerkenntnis (§ 208 BGB), sondern lediglich ein Vergleichsangebot.
IV.
Die Revision hat Erfolg, soweit sie sich auf die Unterbrechung der Verjährung durch Aufrechnung im Prozeß beruft.
Die Aufrechnung im Vorprozeß hat die Verjährung unterbrochen.
a) Die Aufrechnung im Prozeß führt nur und gerade dann zu einer Unterbrechung der Verjährung, wenn die Aufrechnung nicht durchgreift, da andernfalls der zur Aufrechnung gestellte Anspruch erlischt (allgemeine Meinung, vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 40. Aufl., § 209 Anm. 3 d; Johannsen in BGB-RGRK, 12. Aufl., § 209 Rdn. 34; Erman/Hefermehl, BGB, 6. Aufl., § 209 Rdn. 13; von Feldmann in MK, § 209 Rdn. 20). So tritt Unterbrechung z.B. bei einer Eventualaufrechnung ein, auf die das Gericht nicht einzugehen braucht, weil es die Klage ohnehin abweist (vgl. außer den oben genannten auch Soergel/Augustin, BGB, 11. Aufl., § 209 Rdn. 24; Staudinger/Dilcher, BGB, 12. Aufl., § 209 Rdn. 31). Das gleiche gilt, wenn die Klage als unzulässig abgewiesen wird.
b) Ob auch eine unzulässige Aufrechnung die Unterbrechung herbeiführt, ist nicht abschließend geklärt. Dies wird anscheinend stets angenommen von Palandt/Heinrichs BGB, 40. Aufl., § 209 Anm. 3 d, Erman/Hefermehl BGB, 6. Aufl., § 209 Rdn. 13, von Feldmann in MK, § 209 Rdn. 20, Planck BGB, 4. Aufl., § 209 Anm. 2 a und Enneccerus/Nipperdey Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 15. Aufl., 1. Bd., 2. Halbband, S. 1427, dagegen nur für die prozessual unzulässige Aufrechnung bejaht von Staudinger/Dilcher BGB, 12. Aufl., § 209 Rdn. 31 und Jauernig BGB, §§ 208-217 Anm. 3 d. Diese Frage braucht hier nicht abschließend entschieden zu werden.
c) Maßgeblich ist nur, ob bei der vorliegenden Fallgestaltung nach Sinn und Zweck des § 209 BGB die Aufrechnung im Vorprozeß zur Unterbrechung führt. Das ist zu bejahen.
Nach dem Rechtsgedanken des § 209 BGB macht der Gläubiger, der die Durchsetzung seines Anspruchs aktiv betreibt (vgl. BGHZ 72, 23, 29), dem Schuldner seinen Rechtsverfolgungswillen so deutlich, daß dieser sich darauf einrichten muß, auch noch nach Ablauf der ursprünglichen Verjährungsfrist in Anspruch genommen zu werden (vgl. von Feldmann in MK, § 209 Rdn. 1). Dementsprechend unterbricht auch eine unzulässige Klage die Verjährung (RGZ 84, 309, 310 f; 149, 321, 326; BGH, Urteil vom 20.12.1973 – III ZR 154/71 = WM 1974, 353, 354 = LM Telegraphenwegegesetz Nr. 3/4), dagegen nicht eine Klage gegen den falschen Schuldner (BAG, Urteil vom 24.5.1957 – 4 AZR 501/54 = BB 1957, 822; Soergel/Augustin, BGB, 11. Aufl., § 209 Rdn. 11; Staudinger/Dilcher, BGB, 12. Aufl., § 209 Rdn. 8), weil von dieser eine den richtigen Schuldner warnende Wirkung nicht ausgehen kann. Von der Aktiv- und Passivlegitimation abgesehen, ist es deshalb auch ohne Bedeutung, ob die Klage sachlich begründet ist (Soergel/Augustin, BGB, 11. Aufl., § 209 Rdn. 12).
Das Berufungsgericht meint ersichtlich, hier liege ein Fall vor, der mit der Erhebung einer Klage gegen den falschen Schuldner identisch oder vergleichbar wäre. Das ist aber nicht der Fall:
Eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts besitzt keine eigene Rechtspersönlichkeit (BGHZ 23, 307, 313; Ulmer in MK, vor § 705 Rdn. 8; von Gamm in BGB-RGRK, 12. Aufl., vor § 705 Rdn. 4); demgemäß fehlt ihr nach ganz herrschender Meinung auch die Parteifähigkeit (Ulmer in MK, vor § 705 Rdn. 8 und § 718 Rdn. 37; Rosenberg/Schwab, ZPR, 12. Aufl., S. 210; Zöller/Vollkommer, ZPO, 12. Aufl., § 50 Anm. III 2; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 20. Aufl., § 50 Rdn. 17; a.A. Wolfgang Schünemann, Grundprobleme der Gesamthandgesellschaft, S. 212 ff). Im Prozeß sind vielmehr die Gesellschafter selbst Partei (von Gamm in BGB-RGRK, 12. Aufl., § 714 Rdn. 10; Staudinger/Keßler, BGB, 12. Aufl., § 714 Rdn. 19; Ulmer in MK, § 718 Rdn. 37; Kornblum BB 1970, 1445, 1446 f). Die vom jetzigen Kläger als damaligem Beklagten im Vorprozeß erklärte Aufrechnung scheiterte demgemäß auch nicht deshalb, weil er seine Forderung gegenüber einem anderen als seinem Schuldner geltend gemacht hätte. Der jetzige Beklagte zu 1 war im Vorprozeß einer der beiden Kläger. Die Aufrechnung scheiterte vielmehr allein daran, daß dem jetzigen Beklagten zu 1 die damalige Klageforderung nur zusammen mit seinem Mitgesellschafter zustand, also gesamthänderisch gebunden war. In einem solchen Fall ist zwar die Aufrechnung wegen fehlender Gegenseitigkeit nicht möglich. Sie ist aber trotzdem auch gegenüber dem richtigen Schuldner im Prozeß geltend gemacht worden. Damit hat der jetzige Kläger seinerzeit dem jetzigen Beklagten zu 1 seinen Rechtsverfolgungswillen in der vom Gesetz geforderten nachhaltigen Weise ausreichend deutlich gemacht. Deshalb hat die damalige Aufrechnung die Verjährung unterbrochen.
d) Die Unterbrechungswirkung ist nicht nachträglich gemäß § 215 Abs. 2 BGB entfallen. Der Vorprozeß ist durch Anerkenntnisurteil vom 25. Januar 1978 beendet worden. Der Kläger hat aber schon am 30. Januar 1978 seine alsbald zugestellten Mahngesuche eingereicht.
e) Die Aufrechnung im Vorprozeß hat nur die Verjährung gegenüber dem Beklagten zu 1 unterbrochen. Gegenüber der am Vorprozeß nicht beteiligten Beklagten zu 2 trat nach § 425 BGB die Unterbrechung nicht ein.
V.
Ohne Erfolg bleibt die Revision, soweit sie geltend macht, das Schreiben beider Beklagten vom 20. März 1976 habe die Verjährung in der darin genannten Höhe unterbrochen.
Die Auslegung des Schreibens vom 20. März 1976 durch das Berufungsgericht läßt Rechtsfehler nicht erkennen. Die Beklagten haben mehrfach den Ausdruck „Vorschlag” gebraucht und durch die Formulierung „Falls Sie mit dieser Regelung einverstanden sind…” zum Ausdruck gebracht, daß sie einen Betrag von 6.466,90 DM nur zahlen wollten, wenn der Kläger eine weitergehende Forderung nicht mehr stellen würde. Das spricht für die Meinung des Berufungsgerichts.
Die Revision führt dagegen an, es ergebe sich aus dem Schreiben nicht, welche weiteren Abzüge die Beklagten noch hätten vornehmen können. Deshalb hätten sie anerkannt, dem Kläger zumindest 6.466,90 DM zu schulden.
Das geht fehl. Die Beklagten hatten vorgeschlagen, „für die nicht fachgerechte Arbeit bei der Verblendmauerung 5.000 DM in Abzug zu bringen”. Ihre Ankündigung, bei Nichtannahme ihres Vorschlags einen Sachverständigen zu beauftragen, bezog sich erkennbar auf diesen Abzug. Die Beklagten gingen dabei ersichtlich davon aus, daß der Sachverständige einen höheren Abzug für gerechtfertigt halten könnte.
VI.
Nach alledem ist das Berufungsurteil aufzuheben, soweit die Klage gegen den Beklagten zu 1 abgewiesen worden ist. Insoweit ist der Rechtsstreit noch nicht zur abschließenden Entscheidung reif und deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Die Forderung gegen die Beklagte zu 2 hat das Berufungsgericht zu Recht als verjährt erachtet und deshalb zutreffend die Klage gegen diese Beklagte abgewiesen (§ 222 BGB). Insoweit ist die Revision zurückzuweisen.
Fundstellen