Leitsatz (amtlich)
Immo-Data
Der Firmenbestandteil „Immo-Data” verfügt über ursprüngliche Unterscheidungskraft.
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 8. Dezember 1994 im Kostenpunkt und im nachfolgenden Umfang aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das Urteil der 15. Zivilkammer – Kammer für Handelssachen – des Landgerichts Bochum vom 15. Februar 1994 abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
1. Die Beklagte wird unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, verurteilt, es zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken im Zusammenhang mit der Vermittlung von Immobilien aller Art sowie damit im Zusammenhang stehender Tätigkeiten
die Bezeichnung „Immo-Data” in Alleinstellung und/oder ihre Firma „Immo-Data Immobilienvermittlungsgesellschaft mbH”
zu benutzen.
2. Die Beklagte wird weiter verurteilt, über den Umfang der vorstehend unter 1. bezeichneten seit dem 25. November 1993 begangenen Handlungen Auskunft zu erteilen unter Angabe des erzielten Umsatzes sowie unter Angabe der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, Kalendervierteljahren und Bundesländern, dies unter Vorlage von Kopien und Abbildungen der einzelnen Werbemittel, wie insbesondere von Anzeigen, Rechnungen, Angebotsschreiben etc.
3. Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr aus seit dem 25. November 1993 begangenen Handlungen der vorstehend unter 1. bezeichneten Art entstanden ist und künftig entstehen wird.
Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 1/4, die Beklagte trägt 3/4.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien sind auf dem Immobiliensektor tätig; unter anderem vermitteln sie Immobilien.
Die Klägerin führt in ihrer prioritätsälteren Firma den Bestandteil „Immo-Data”. Die Beklagte firmiert mit „Immo-Data Immobilienvermittlungsgesellschaft mbH”.
Die Beklagte tritt im Verkehr sowohl unter ihrer vollständigen Firmenbezeichnung als auch mit dem Firmenschlagwort „IMMODATA” auf.
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage sowohl gegen die Verwendung von „IMMODATA” in Alleinstellung als auch gegen die Verwendung der vollständigen Firma durch die Beklagte.
Das Landgericht hat der Klage im wesentlichen stattgegeben und
die Beklagte verurteilt,
- unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel es zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken im Zusammenhang mit der Vermittlung von Immobilien aller Art sowie damit im Zusammenhang stehende Tätigkeiten die Bezeichnung IMMODATA zu benutzen;
- der Klägerin über den Umfang der vorstehend unter Ziffer I. 1. bezeichneten seit dem 25. November 1993 begangenen Handlungen Auskunft zu erteilen unter Angabe des erzielten Umsatzes sowie unter Angabe der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, Kalendervierteljahren und Bundesländern, dies unter Vorlage von Kopien und Abbildungen der einzelnen Werbemittel, wie insbesondere von Anzeigen, Rechnungen, Angebotsschreiben etc.;
- festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr aus seit dem 25. November 1993 begangenen Handlungen der vorstehend unter Ziffer I. 1. bezeichneten Art entstanden ist und künftig entstehen wird.
Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen.
Mit der Revision begehrt die Klägerin, das landgerichtliche Urteil wiederherzustellen. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I. Mit Erfolg beanstandet die Revision die Ansicht des Berufungsgerichts, der von der Klägerin geltend gemachte Schutz des Bestandteils ihrer Firma „Immo-Data” scheide wegen mangelnder Unterscheidungskraft aus. Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, bei der gewählten Bezeichnung schlage der beschreibende Charakter durch, zudem habe der Verkehr ein Interesse daran, daß auch Abkürzungen – wie hier im Bereich der Datenverarbeitung im Zusammenhang mit dem Immobilienhandel – freigehalten würden.
Dem Firmenbestandteil „Immo-Data” kommt hinreichende Unterscheidungskraft von Haus aus zu (§ 5 Abs. 2 Satz 1 MarkenG). Gemäß § 15 Abs. 2 MarkenG (§ 153 Abs. 1 MarkenG, § 16 Abs. 1 UWG) ist es der Beklagten untersagt, die beanstandete Bezeichnung „Immo-Data” in Alleinstellung sowie ihre Firma „Immo-Data Immobilienvermittlungsgesellschaft mbH” zu benutzen.
1. Einem Bestandteil einer Firmenbezeichnung ist der Schutz als Unternehmenskennzeichen im Sinne des § 5 Abs. 2 MarkenG zuzubilligen, sofern es sich hierbei um einen unterscheidungskräftigen Teil der Firma handelt, der seiner Art nach im Vergleich zu den übrigen Firmenbestandteilen geeignet erscheint, sich im Verkehr als schlagwortartiger Hinweis auf das Unternehmen durchzusetzen (ständige Rechtsprechung; vgl. zuletzt BGH, Urt. v. 21.11.1996 – I ZR 149/94, GRUR 1997, 468, 469 – NetCom m.w.N.).
a) Das Berufungsgericht hat keine Zweifel gehegt, daß der Firmenbestandteil „Immo-Data” geeignet ist, sich im Verkehr als schlagwortartiger Hinweis auf das Unternehmen der Klägerin durchzusetzen. Solche treten auch nicht zutage und werden von der Revisionserwiderung nicht vorgebracht. Es kommt deshalb für die rechtliche Beurteilung nicht darauf an, ob die Klägerin diese Kurzbezeichnung tatsächlich als Firmenschlagwort in Alleinstellung bereits verwendet hat. Da der Senat die Rechtsfrage der hinreichenden Unterscheidungskraft bejaht (nachfolgend b), kann es auch dahinstehen, ob sich die Kurzbezeichnung im Verkehr als Firmenschlagwort für das Unternehmen der Klägerin bereits durchgesetzt hat (vgl. BGH, Urt. v. 7.3.1991 – I ZR 148/89, GRUR 1991, 556, 557 = WRP 1991, 482 – Leasing Partner).
b) Das Berufungsgericht hat bei seiner rechtlichen Beurteilung zwar nicht verkannt, daß ein beschreibender Charakter der Bestandteile eines Unternehmenskennzeichens dessen Schutz nicht entgegensteht. Seine Beurteilung aber, die Verbindung der beiden Bestandteile „Immo” und „Data” bringe nichts Originelles zum Ausdruck, was im Unterschied zu einer bloßen Beschreibung kennzeichnungskräftig wirken könnte, ist nicht frei von Rechtsfehlern. Bei der Kombination von beschreibenden oder an beschreibende Angaben angelehnten Wörtern zu einem einheitlichen Begriff ist eine ausreichende Unterscheidungskraft anzunehmen, wenn die Kombination dieser Wortbestandteile eine namensmäßig und unterscheidend wirkende Kennzeichnung von individueller Eigenart ergibt (BGH, Urt. v. 7.6.1990 – I ZR 298/88, GRUR 1990, 1042, 1043 = WRP 1991, 83 – Datacolor; Urt. v. 7.3.1991 – I ZR 148/89, GRUR 1991, 556, 557 = WRP 1991, 482 – Leasing Partner; Urt. v. 27.9.1995 – I ZR 199/93, GRUR 1996, 68, 69 – COTTON LINE).
c) Für die vom Berufungsgericht abweichende rechtliche Beurteilung des Streitfalls durch den Senat ist maßgeblich, daß schon die Teilbegriffe „Immo” und „Data” nicht unmittelbar dem Wortschatz der deutschen Sprache entnommen sind. Es handelt sich hierbei vielmehr um Wortverkürzungen; bei „Data” ist zudem in für das Deutsche sprachunüblicher und verfremdender Weise dem Wortstamm „Dat” ein „a” angehängt. Die Zusammenfügung dieser Wortteile zu „Immo-Data” ist dem Sprachgebrauch fremd (vgl. auch OLG Stuttgart Urt. v. 23.12.1994 – 2 U 184/94 mit Nichtannahmebeschluß des Senats vom 30.11.1995 – I ZR 41/95). Einer solchen sprachunüblichen Kombination von (Teil-)Begriffen könnte die Unterscheidungskraft von Haus aus nur versagt werden, wenn der gewählte Begriff sich in der beschreibenden Angabe des Gegenstands des Unternehmens erschöpfte (vgl. BGH GRUR 1997, 468, 469 – NetCom). Dahingehend kann der Begriff „Immo-Data” indessen nicht verstanden werden. Auch wenn der Verkehr im Zusammenhang mit dem Begriff „Immo-Data” einerseits an Immobilien und andererseits an Datenverarbeitung denkt, so hat er damit noch keine konkrete Vorstellung, was Gegenstand des Unternehmens der Klägerin – entsprechendes gilt für das Unternehmen der Beklagten – sein könnte. Insbesondere kann dieser Wortschöpfung nicht entnommen werden, ob das mit ihr gekennzeichnete Unternehmen im Immobilienbereich als Vermieter auftritt, ob es Verkäufe vermittelt, oder ob es sich mit der Entwicklung von Computerprogrammen befaßt, die sich auf den Handel oder die Verwaltung von Immobilien erstrecken. Ein allgemeines Freihaltebedürfnis des Verkehrs, sich gerade dieses abgekürzten Schlagworts zur Kennzeichnung von Unternehmen auf dem Immobilienbereich zu bedienen, besteht entgegen der Beurteilung des Berufungsgerichts sonach nicht.
Der Begriffsbildung „Immo-Data” kann daher die zur Kennzeichnung eines Unternehmens ausreichende individuelle Eigenart nicht abgesprochen werden.
2. Der Rechtsstreit ist einer abschließenden Entscheidung zuzuführen, da nach dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhältnis die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).
a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist der von der Beklagten im identischen Geschäftsbereich der Vermittlung von Immobilien als Schlagwort verwendete Begriff „IMMODATA” – in Groß- oder Kleinbuchstaben – mit dem Firmenbestandteil der Klägerin „Immo-Data” schriftbildlich nahezu und klanglich vollständig identisch. Auch die Gesamtfirma der Beklagten „Immo-Data Immobilienvermittlungsgesellschaft mbH” ist mit dem Unternehmenskennzeichen der Klägerin „Immo-Data” verwechslungsfähig im Sinne des § 15 Abs. 2 MarkenG, auch wenn – mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts zu dessen Benutzung im Verkehr – in Anbetracht seiner Anlehnung an beschreibende Angaben nur von einer schwachen Kennzeichnungskraft auszugehen ist. Der Firmenbestandteil „Immobilienvermittlungsgesellschaft mbH” ist nämlich rein beschreibender Art und vermag dem Gesamteindruck der Firma der Beklagten kein unterscheidungskräftiges Gepräge zu geben.
b) Das Klagebegehren erweist sich indessen als unbegründet, soweit die Klägerin mit ihrem vom Landgericht zuerkannten Antrag, der Beklagten die Benutzung der Bezeichnung IMMODATA im Zusammenhang mit der Vermittlung von Immobilien aller Art zu untersagen, über die konkreten Verletzungsformen der Verwendung dieses Begriffs in Alleinstellung oder im Zusammenhang mit der Gesamtfirma hinaus jedwede Benutzung der Bezeichnung „Immo-Data” durch die Beklagte im Immobilienbereich verboten wissen möchte. Der dahingehende Antrag ist nicht begründet. Bei Eingriffen in eine Firmenbezeichnung richtet sich das Unterlassungsgebot in der Regel nur gegen den angegriffenen Firmennamen in seiner vollständigen Fassung oder gegen die Verwendung eines Firmenbestandteils als Firmenschlagwort (BGH GRUR 1997, 468, 470 – NetCom m.w.N.). Dagegen kann nicht verlangt werden, daß jedwede Verwendung des Begriffs „Immo-Data” von der Beklagten unterlassen wird, da nach der Lebenserfahrung nicht ausgeschlossen werden kann, daß die Einbindung dieses Begriffs in eine geänderte Firmierung bei ausreichendem Abstand der Gesamtfirma vom Firmenbestandteil der Klägerin „Immo-Data” eine Verwechslungsgefahr nicht mehr auslöst. Das Urteil des Landgerichts ist hinsichtlich des Unterlassungsgebots dementsprechend abzuändern, woraus sich zugleich eine Einschränkung der rückbezogenen Ansprüche auf Auskunftserteilung und auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten ergibt. Das Landgericht hat die Voraussetzungen der Schadensersatzhaftung der Beklagten zutreffend bejaht. In Anbetracht der Branchenidentität der in Essen bzw. in Aachen ansässigen Unternehmen der Parteien ist der Eintritt eines Schadens hinreichend wahrscheinlich. Die Beklagte hat in ihrer Berufungsbegründung hiergegen auch nichts eingewandt.
II. Nach alledem ist auf die Revision der Klägerin das Berufungsurteil aufzuheben und das vom Landgericht ausgesprochene Verbot nur hinsichtlich der Verwendung von „IMMODATA” als Firmenschlagwort und des derzeitigen Firmennamens der Beklagten zu bestätigen. Im weitergehenden Umfang ist die Klage abzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 646139 |
MDR 1998, 56 |