Leitsatz (amtlich)
1. Die Gesellschafter einer Vor-GmbH haften für die Verbindlichkeiten dieser Gesellschaft unbeschränkt. Es besteht eine einheitliche Gründerhaftung in Form einer bis zur Eintragung der Gesellschaft andauernden Verlustdeckungshaftung und einer an die Eintragung geknüpften Vorbelastungs- (Unterbilanz-)haftung (teilweise Aufgabe BGH, 1981-03-09, II ZR 54/80, BGHZ 80, 129, 144; BGH, 1984-05-07, II ZR 276/83, BGHZ 91, 148, 152).
2. Die Verlustdeckungshaftung ist ebenso wie die Vorbelastungs- (Unterbilanz-)haftung eine Innenhaftung (Aufgabe BGH, 1975-12-15, II ZR 95/73, BGHZ 65, 378, 383; BGH, 1978-06-15, II ZR 205/76, BGHZ 72, 45, 50).
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 17. Mai 1994 im Kostenpunkt – mit Ausnahme der Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 3 – und insoweit aufgehoben, als die Klage gegen die Beklagten zu 1 und 2 abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger, Verwalter im Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen der H. GmbH i.G. (künftig: H. GmbH i.G.), nimmt die Beklagten als Gesellschafter anteilig auf Ausgleich von Verlusten in Anspruch, welche die Gesellschaft nach einem per 31. Oktober 1991 zu Liquidationswerten erstellten Status erlitten haben soll.
Die H. GmbH i.G. wurde am 3. November 1990 von der Beklagten zu 1 gegründet. Diese übertrug durch notariellen Vertrag vom 31. Januar 1991 von ihrem Geschäftsanteil in Höhe von 50.000,– DM mit sofortiger Wirkung je einen Anteil von 13.000,– DM auf die Beklagten zu 2 und 3. Die Gesellschafter beschlossen sodann, das Stammkapital um 50.000,– DM zu erhöhen. Die Stammeinlagen von dem auf 100.000,– DM erhöhten Kapital übernahmen die Beklagte zu 1 mit 48.000,– DM und die Beklagten zu 2 und 3 mit je 26.000,– DM. Sie sind im März 1991 vollständig eingezahlt worden. Mit notariellem Vertrag vom 15. November 1991 übertrug der Beklagte zu 2 seinen Geschäftsanteil „mit sofortiger dinglicher Wirkung” auf den Beklagten zu 3.
Die Gesellschaft wurde am 13. Februar 1991 zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet. Sie nahm im Anschluß daran ihre Geschäftstätigkeit auf. Nachdem die zwischenzeitlich verlegten Registerakten wieder aufgefunden worden waren, beanstandete das Kreisgericht D. mit Zwischenverfügung vom 28. Oktober 1991 den Eintragungsantrag. Zur Eintragung kam es nicht mehr. Am 28. November 1991 wurde die Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen der H. GmbH i.G. beantragt. Dieses Verfahren ist durch Beschluß des Kreisgerichts D. vom 13. Februar 1992 eröffnet worden.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen eingelegte Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Mit seiner Revision, die er auf die Beklagten zu 1 und 2 beschränkt hat, verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts haften die Beklagten zu 1 und 2 entsprechend ihrer Beteiligung für die von der H. GmbH i.G. erwirtschafteten, vom Gesellschaftsvermögen nicht gedeckten Verluste.
I. Die Beklagten zu 1 und 2 waren ebenso wie der in der Revisionsinstanz nicht mehr am Verfahren beteiligte Beklagte zu 3 bis zur Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens Mitglieder der Vorgesellschaft. Das steht für die Beklagte zu 1, welche die H. GmbH i.G. als Alleingesellschafterin am 3. November 1990 errichtet hat, fest. Es kann aber auch für den Beklagten zu 2 nicht in Zweifel gezogen werden.
1. Der Beklagte zu 2 ist – ebenso wie der Beklagte zu 3 – der Vorgesellschaft wirksam durch den mit der Beklagten zu 1 am 31. Januar 1991 geschlossenen Vertrag beigetreten. Zwar folgt das nicht aus der unter II vereinbarten, „mit sofortiger Wirkung vorgenommenen” Abtretung der Geschäftsanteile. Denn die Abtretung eines – künftigen – Geschäftsanteils, die auch schon vor der Eintragung der errichteten Gesellschaft in das Handelsregister zulässig ist, wird erst mit ihrer Eintragung wirksam (BGHZ 21, 242, 245; 21, 378, 383; 29, 300, 303). Der Beitritt zu einer Vor-GmbH kann – ebenso wie das Ausscheiden aus dieser Gesellschaft – nur durch Znderung des Gesellschaftsvertrags erfolgen, die einstimmig vorgenommen werden muß, soweit der Vertrag keine anderweitige Regelung enthält (BGHZ 15, 204, 206; 21, 242, 246; 29, 300, 303; BGH, Urt. v. 14. Dezember 1970 – II ZR 161/69, WM 1971, 306, 307; Urt. v. 17. Januar 1983 – II ZR 89/82, WM 1983, 230; Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., § 11 Rdn. 35 m.w.N. in Fn. 65; abweichend Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 8. Aufl., § 11 Rdn. 41). Die zwischen den Beklagten getroffene, notariell beurkundete Vereinbarung genügt diesen Voraussetzungen, mag dafür auch die unzutreffende Bezeichnung der Geschäftsanteilsabtretung gewählt worden sein. Da die Beklagte zu 1 Alleingesellschafterin der H. GmbH i.G. war, konnte sie Anteile der Vor-GmbH unter Znderung des Gesellschaftsvertrags auf die Beklagten zu 2 und 3 übertragen. Der Gesellschaftsvertrag ist entsprechend geändert worden: Gleichzeitig mit der Abtretung der Geschäftsanteile wurde eine Kapitalerhöhung durchgeführt. Aus diesem Anlaß sind die Geschäftsanteile neu gebildet und in § 4 zum Gegenstand des geänderten Gesellschaftsvertrags gemacht worden. Der Beklagte zu 2 ist unter diesen Umständen wirksam Gesellschafter der H. GmbH i.G. geworden.
2. Der Beklagte zu 2 ist aufgrund der Vereinbarung vom 15. November 1991, durch die er seinen Geschäftsanteil auf den Beklagten zu 3 übertragen hat, nicht wirksam aus der H. GmbH i.G. ausgeschieden. Der Vertrag ist nur zwischen den Beklagten zu 2 und 3 geschlossen worden. Die Beklagte zu 1 war daran nicht beteiligt. Der Gesellschaftsvertrag der Vor-GmbH ist daher nicht wirksam geändert worden. Der Beklagte zu 2 ist demnach Gesellschafter der H. GmbH i.G. geblieben.
II. Die Beklagten zu 1 und 2 haften im Verhältnis ihrer gesellschaftlichen Beteiligung für die bei der H. GmbH i.G. eingetretenen Verluste. Diese Haftung ist nicht auf den Betrag der noch nicht eingezahlten Einlagen beschränkt, sondern umfaßt die Verluste, die vom Gesellschaftsvermögen nicht abgedeckt werden. Einer Wiederauffüllung des Stammkapitals bedarf es nicht.
1. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats haften die Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Vor-GmbH, die nicht in das Handelsregister eingetragen, sondern liquidiert wird, grundsätzlich nur bis zur Höhe ihrer Einlageverpflichtung. Der Wille zu einer solchen Haftungsbeschränkung komme, wie der Senat ausgeführt hat, regelmäßig dadurch zum Ausdruck, daß der Geschäftsführer für eine „GmbH” oder „GmbH i.G.” auftrete. Dadurch werde für den Vertragspartner erkennbar, daß „die Vertretungsmacht und die ihr entsprechenden Vertragserklärungen des Geschäftsführers darauf beschränkt seien, die Gründer nur bis zur Höhe ihrer Einlagen zu verpflichten” (BGHZ 65, 378, 382; 72, 45, 49; 80, 129, 144; 80, 182, 184). Wird nach dieser Rechtsprechung die Einlage entsprechend der im Gesellschaftsvertrag getroffenen Regelung bereits vor Eintragung der Gesellschaft vollständig eingezahlt, scheidet eine weitergehende Inanspruchnahme des Gesellschafters aus seinem Privatvermögen aus (BGHZ 65, 378, 382 f.).
2. Gegen die Haftungsbeschränkung sind insbesondere nach Aufgabe des Vorbelastungsverbots und der damit verbundenen Einführung der Vorbelastungs- bzw. Unterbilanzhaftung (vgl. BGHZ 80, 129; 105, 300) berechtigte Bedenken erhoben worden.
a) Die Entscheidung der Frage, ob die Gesellschafter der Vor-GmbH für Geschäfte, die mit ihrer Zustimmung aufgenommen worden sind, beschränkt oder unbeschränkt haften, ist im Ausgangspunkt daran auszurichten, daß nach allgemeinen Grundsätzen des bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts derjenige, der als Einzelperson oder in Gemeinschaft mit anderen Geschäfte betreibt, für die daraus entstehenden Verpflichtungen haftet. Dieser Grundsatz gilt solange, wie er nicht durch das Gesetz abgeändert wird – das hat sich in der Regelung zur Haftung der Kommanditisten (§§ 171 ff. HGB) und der Gesellschafter in den Gesellschaften mit beschränktem Haftungsfonds niedergeschlagen – oder die Gesellschafter mit dem Vertragspartner keine vertragliche Beschränkung der Haftung herbeiführen (Flume, Die juristische Person, 1983, § 5 III 3, S. 164; ders., Die Personengesellschaft, 1977, § 16 IV 4, S. 328 f.; vgl. auch John, Die organisierte Rechtsperson, 1977, S. 324; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 2. Aufl., § 18 IV 1 b; § 34 III 3 c m.w.N. in Fn. 74; ders., Zur Stellung der oHG im System der Handelsgesellschaften, 1972, S. 317; Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 8. Aufl., § 11 Rdn. 82; Stimpel, FS Fleck, 1988, S. 345, 360 m.w.N. in Fn. 49/44; Wiedemann, JurA 1970, S. 456 f.). Zutreffend wird darauf hingewiesen, daß angesichts dieser gesetzlichen Konzeption außerhalb der gesetzlich geregelten Fälle nicht etwa die Annahme einer unbeschränkten, sondern diejenige einer beschränkten Haftung begründungsbedürftig ist. Da die Gesellschaftsverpflichtungen Angelegenheit der Gemeinschaft sind und den einzelnen Gesellschafter die Haftung für diese Verpflichtungen trifft, kann die Haftungsbeschränkung nicht auf Umstände wie die hinreichende Warnung der Gläubiger durch die Firmierung, den gegenständlichen Umfang der Vertretungsmacht des Geschäftsführers oder einen entsprechenden Willen der einzelnen Gesellschafter gestützt werden. Denn es geht nicht um die rechtsgeschäftliche Verpflichtung der Gründergesellschafter, sondern um ihre gesetzliche Haftung für die Verpflichtungen der Gemeinschaft und deren Ausschluß (Stimpel, FS Fleck aaO, S. 360; Flume, Die juristische Person aaO, S. 165).
b) Die Regelung des § 13 Abs. 2 GmbHG, nach der den Gläubigern für Verbindlichkeiten der Gesellschaft nur das Gesellschaftsvermögen haftet, steht der Annahme einer unbeschränkten Haftung nicht entgegen. Die Vorschrift ist lediglich auf die eingetragene GmbH zugeschnitten. Eine Ausdehnung auf die Vor-GmbH kommt im Hinblick auf § 11 Abs. 1 GmbHG nicht in Betracht. Denn würde man den Kreis der auf die Vorgesellschaft anwendbaren Normen des GmbH-Rechts um die Vorschriften über die Aufbringung bzw. Sicherung des Stammkapitals und die Haftungsbeschränkung erweitern, würde sich die Bedeutung der Handelsregistereintragung auf die Umwandlung der Vorgesellschaft in eine juristische Person, also einen rein formalen Aspekt, beschränken. In materiell-rechtlicher Hinsicht bestünde die Gesellschaft mit der Wirkung der beschränkten Haftung jedoch schon vor ihrer Eintragung (Lieb, FS Stimpel, 1985, S. 399, 412 f.; ihm folgend Stimpel, FS Fleck aaO, S. 354 f.). Gerade das schließt § 11 Abs. 1 GmbHG aus. Einer solchen ausdehnenden Anwendung des § 13 Abs. 2 GmbHG steht auch die Haftungsregelung des § 11 Abs. 2 GmbHG entgegen. Der Gesetzgeber hat mit der Durchführung von Geschäften vor Eintragung der GmbH gerechnet und aus diesem Grunde im Gläubigerinteresse die unbeschränkte persönliche Haftung der „Handelnden” verlangt. Darunter ist in früherer Zeit nicht nur die Haftung der Geschäftsführer, sondern auch der Gründergesellschafter verstanden worden. Dieser gesetzgeberische Gedanke beansprucht auch unter der geänderten Voraussetzung Geltung, daß die Haftung der Gesellschafter heute anders konzipiert wird (Stimpel, FS Fleck aaO, S. 355 f.).
c) Im Schrifttum wird zudem auf den Wertungswiderspruch hingewiesen, der dann entsteht, wenn die Haftung der Gesellschafter in der Vor-GmbH beschränkt wird, nach Eintragung in Gestalt der Unterbilanzhaftung (Vorbelastungshaftung) jedoch eine unbeschränkte Haftung eingreifen soll. Es wird zu Recht als eine nicht hinnehmbare Inkonsequenz angesehen, die Haftung der Gründer bis zur Eintragung auf die bedungenen Einlagen zu reduzieren, nach Eintragung die Gesellschafter hingegen mit einer unbegrenzten Verlustausgleichspflicht zu belasten (Meister, FS Werner, 1984, S. 521, 548 f.; Lieb, FS Stimpel aaO, S. 411, 414; Stimpel, FS Fleck aaO, S. 359; K. Schmidt, ZHR 156 1992, S. 93, 108; Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., § 11 Rdn. 64). Das Ungleichgewicht zwischen einer beschränkten Haftung vor Eintragung und einer unbeschränkten Einstandspflicht nach Eintragung würde bei Verlusten der Vorgesellschaft für die Gründer einen erheblichen Anreiz bieten, die Eintragung nicht weiterzubetreiben und die Gesellschaft zu liquidieren (Meister, FS Werner aaO, S. 548; Scholz/K. Schmidt aaO, § 11 Rdn. 80). Ein Haftungsgleichlauf vor und nach Eintragung der GmbH erscheint daher unabdingbar. Er gebietet, eine unbeschränkte Haftung der mit der Aufnahme der Geschäftstätigkeit einverstandenen Gründer für sämtliche Anlaufverluste der Vor- GmbH anzuerkennen (Lieb, FS Stimpel aaO, S. 414; Meister, FS Werner aaO, S. 548 f.; Stimpel, FS Fleck aaO, S. 360 f.; Hachenburg/Ulmer aaO, § 11 Rdn. 65; Scholz/K. Schmidt aaO, § 11 Rdn. 82; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 14. Aufl., § 11 Rdn. 8).
d) Für dieses Ergebnis streitet auch eine rechtssystematische Überlegung. Eine Unterbilanzhaftung, die erst nach Eintragung Rechtsfolgen entfaltet, benötigt in der Entwicklungsstufe der Vor-GmbH ein gleichwertiges Zquivalent. Denn erst eine schon während des Bestehens der VorGmbH eingreifende unbeschränkte Haftung der Gründer kann die nach der Eintragung wirkende Vorbelastungs- oder Unterbilanzhaftung legitimieren (vgl. K. Schmidt, ZHR 156 1992 aaO, S. 108, 121). Es erscheint unter diesem Gesichtspunkt geboten, von einer einheitlichen Gründerhaftung auszugehen (Meister, FS Werner aaO, S. 549), die sich in eine Verlustdeckungshaftung und eine Vorbelastungshaftung aufspaltet, jedoch auf den gleichen, der jeweiligen Gründungsphase angepaßten Anspruchsvoraussetzungen basiert (Hachenburg/Ulmer aaO, § 11 Rdn. 95).
e) Mit Hilfe der Verlustdeckungshaftung wird auch der Interessenwiderstreit beseitigt, der zwischen Geschäftsführern, die zur Vermeidung einer Handelndenhaftung auf die Eintragung der GmbH drängen, und Gesellschaftern, die sich einer Eintragung wegen der Besorgnis der Vorbelastungshaftung widersetzen, besteht (vgl. dazu BGHZ 80, 129, 142). Die Geschäftsführer haften bei Annahme einer Verlustdeckungshaftung vor Eintragung der GmbH nicht schärfer als die Gesellschafter. Scheitert die Eintragung, so können die gemäß § 11 Abs. 2 GmbHG in Anspruch genommenen Geschäftsführer ihren Regreßanspruch mittels der Verlustdeckungshaftung bei den Gesellschaftern durchsetzen.
Insgesamt erscheint es somit interessen- und sachgerecht, den Gesellschaftern das Geschäftsrisiko der Gesellschaft in der Gründungsphase aufzuerlegen (vgl. Hachenburg/Ulmer aaO, § 11 Rdn. 95).
III. Die Haftung trifft die Beklagten zu 1 und 2 im Innenverhältnis zur H. GmbH i.G. Der Kläger als Gesamtvollstreckungsverwalter über das Vermögen dieser Gesellschaft ist daher zur Geltendmachung des Haftungsanspruchs berechtigt.
1. Die Gründe, die bisher nach Ansicht des Senats im Gläubigerinteresse eine Außenhaftung erforderlich machten, sind mit der Aufgabe des Vorbelastungsverbots und der Einführung der Vorbelastungshaftung entfallen. Denn dadurch, daß auch die Pflichten aus den von der Vor-GmbH getätigten Geschäften auf die eingetragene GmbH übergehen (vgl. dazu BGHZ 80, 129, 137 ff.) und darüber hinaus die Vorbelastungshaftung auch die den Mindesteinlagebetrag übersteigende Zahlung ergreift, die freiwillig vor Eintragung der GmbH zur Erfüllung der Resteinlagepflicht vorgenommen wird (vgl. BGHZ 105, 300), ist die besondere Gefahrenlage der Gläubiger, die dem Senat seinerzeit Veranlassung zur Annahme einer Außenhaftung gegeben hat, beseitigt.
2. Zugleich weisen gewichtige Gründe auf eine Ausgestaltung der Verlustdeckungshaftung als Innenhaftung hin.
a) Aufgrund ihrer Nähe zur rechtsfähigen GmbH ist diese Haftungsform für ihre Gesellschafter typischer als die für die oHG und in den von § 176 HGB gesetzten Grenzen auch für die KG maßgebende gesamtschuldnerische Außenhaftung der Gesellschafter (vgl. dazu Ulmer, ZIP 1996 aaO, S. 736 f.). Daher sollte die Haftungsverfassung der VorGmbH für Anlaufverluste den für die eingetragene GmbH geltenden Haftungsgrundsätzen angepaßt werden (Stimpel, FS Fleck aaO, S. 362; Ulmer, ZIP 1996, 733, 734). Entsprechend dem für die GmbH gültigen gesetzlichen Konzept ist die an die Eintragung der GmbH geknüpfte Vorbelastungshaftung (Unterbilanzhaftung) folgerichtig stets unter dem Gesichtspunkt der internen Haftung der Gesellschafter gesehen worden. Der weitgehende Gleichlauf der Verlustdeckungshaftung mit der Vorbelastungshaftung, die beide in einem engen Zusammenhang stehen, spricht somit nachdrücklich dafür, auch dieses Rechtsinstitut als Innenregreß mit anteiliger Haftung auszuformen (Hachenburg/Ulmer aaO, § 11 Rdn. 65; Lutter/Hommelhoff aaO, § 11 Rdn. 8; Meister, FS Werner aaO, S. 550; Stimpel, FS Fleck aaO, S. 361).
Den Gläubigern entstehen dadurch keine unzumutbaren Nachteile, weil sie im Wege der Pfändung den Verlustdeckungsanspruch der Vorgesellschaft gegen die Gründer verwerten können (Hachenburg/Ulmer aaO, § 11 Rdn. 66). Zwar wird dagegen eingewandt, es stelle eine wesentliche Beeinträchtigung des Gläubigerschutzes dar, daß diese gezwungen seien, aus einem gegen die Vor-GmbH erwirkten Titel die gegen die Gründergesellschafter gerichteten Einzelansprüche zu pfänden, Teilschulden einzuklagen und bei deren Uneinbringlichkeit schließlich die Ausfallhaftung geltend zu machen (K. Schmidt, ZIP 1996 aaO, S. 357). Es ist unbestreitbar, daß diese Voraussetzungen den Gläubigern im Vergleich zu einer gesamtschuldnerischen Außenhaftung die Durchsetzung ihrer Ansprüche erschweren können. Die in diesem Zusammenhang gebotene Abwägung der Interessen der Gläubiger und Gesellschafter ergibt aber, daß diese Erschwernis für die Gläubiger nicht unzumutbar ist. Zutreffend ist darauf hingewiesen worden, daß sie nur in den Fällen der masselosen Insolvenz auftreten kann, diese aber bei der Vor-GmbH relativ selten sind (Ulmer, ZIP 1996 aaO, S. 735 f.). Des weiteren ist zu Recht entgegnet worden, daß es dem einzelnen Gesellschafter kaum zugemutet werden kann, sich einer der Höhe nach unbegrenzten gesamtschuldnerischen Haftung anstelle einer durch die Anlaufverluste begrenzten anteiligen Verlustdeckungs- oder Vorbelastungshaftung auszusetzen (Stimpel, FS Fleck aaO, S. 361 f.; Ulmer, ZIP 1996 aaO, S. 736; Kort, ZIP 1996, S. 109, 113). Das betrifft insbesondere die kleinen und mittleren Gesellschafterbeteiligungen. Zudem kann es, sieht man einmal von den Insolvenzfällen ab, durchaus Fälle geben, in denen die Vor-GmbH bei Zahlungsfähigkeit die Zahlung mit guten Gründen ablehnt. Hier würde es insbesondere den unternehmerisch nicht beteiligten Gesellschafter unzumutbar belasten, sich die für die Rechtsverteidigung erforderlichen Informationen zuvor bei der Vor-GmbH beschaffen zu müssen, die dem Anspruchsbegehren des Gläubigers selbst ohne derartige Erschwernisse entgegentreten könnte.
Insgesamt bewertet würde die gesamtschuldnerische Außenhaftung den Gläubigern ein nicht gebotenes Maß an Schutz gewähren (vgl. Ulmer, ZIP 1996 aaO, S. 736).
b) Im Falle des Konkurses wäre bei Annahme einer unmittelbaren Haftung der Gesellschafter zu befürchten, daß ein Wettlauf der Gläubiger einsetzt und – etwa wenn einzelne Gesellschafter illiquide werden – ungleiche Befriedigungschancen der Gläubiger entstehen. Sind die Ansprüche dagegen im Innenverhältnis gegen die Vor-GmbH gerichtet, kann in der Regel eine gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger erwartet werden. Das gilt vor allem deshalb, weil der Verlustdeckungsanspruch gegen die Vor-GmbH erst mit dem Scheitern der Eintragung entsteht (Hachenburg/Ulmer aaO, § 11 Rdn. 95). Der Fälligkeitszeitpunkt ist mit der Eröffnung des Konkursverfahrens bzw. mit dem Beginn der Liquidation bestimmt. Berechnungsschwierigkeiten sind nicht zu befürchten.
Ist die Vor-GmbH hingegen vermögenslos, hat sie insbesondere keinen Geschäftsführer mehr oder sind weitere Gläubiger nicht vorhanden, kann ebenso wie bei der Einmann-Vor-GmbH dem Gläubiger der unmittelbare Zugriff gestattet werden. Die Eröffnung dieser Möglichkeit schafft keine Abwicklungsschwierigkeiten (Hachenburg/Ulmer aaO, § 11 Rdn. 67, 68).
3. Ob eine unmittelbare Inanspruchnahme der Gesellschafter nach den Grundsätzen der Haftung in der oHG in Betracht kommt, wenn die Gesellschafter ihre Eintragungsabsicht aufgeben, den Geschäftsbetrieb aber fortführen, kann im vorliegenden Falle dahingestellt bleiben. Nach dem für die Vorinstanz zu unterstellenden Sachverhalt kann nicht davon ausgegangen werden, daß diese Voraussetzungen erfüllt sind. Da die Gesellschaft, wie sich aus den beigezogenen Vollstreckungsakten ergibt, erhebliche Forderungsausfälle zu verzeichnen hatte und am 22. November 1991 ihre Zahlungen einstellen mußte, hat sie ihre Geschäftstätigkeit eingestellt und am 28. November 1991 den Antrag auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens gestellt. Damit war zugleich die Entscheidung darüber gefallen, daß das Eintragungsverfahren nicht fortgeführt werden sollte. Dem Vortrag des Klägers kann nicht entnommen werden, daß die Gründer die Absicht, die Eintragung der H. GmbH i.G. herbeizuführen, bereits zu einem früheren Zeitpunkt aufgegeben haben.
4. In der praktischen Konsequenz reduzieren sich die Unterschiede zwischen Innen- und Außenhaftung nach alledem auf die Frage, ob die Abwicklungslast die Gläubiger oder die Gesellschafter zu tragen haben (K. Schmidt, ZHR 156 aaO, S. 113). Bedeutung erlangt die Haftung der Gründergesellschaft in der Regel nur im Konkurs- und Liquidationsverfahren. Für diesen Fall der Liquidation oder des Konkurses gehen auch maßgebende Verfechter der Außenhaftung von einem Innenausgleich aus (vgl. u.a. K. Schmidt, ZHR 156 aaO, S. 119 f.). Umgekehrt befürworten Vertreter der Innenhaftung für den Fall, daß die Vor-GmbH vermögenslos ist, insbesondere keinen Geschäftsführer mehr hat und auch die Stellung eines Konkursantrags keine Aussicht auf Erfolg verspricht, die Zulässigkeit eines unmittelbaren Zugriffs auf das Vermögen der Gründergesellschafter (vgl. u.a. Hachenburg/Ulmer aaO, § 11 Rdn. 67).
5. Aufgrund dieser gesamten Umstände hält es der Senat – teilweise unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung – für richtig, von einer einheitlichen Gründerhaftung auszugehen, die sich aus einer Verlustdeckungs- und einer Vorbelastungshaftung zusammensetzt. Der 10. Senat des Bundesarbeitsgerichts und der 2. Senat des Bundessozialgerichts haben sich dieser neuen Rechtsprechung des Senats angeschlossen (BAG, Beschl. v. 10. Juli 1996 – 10 AZR 908/94 (B) und BSG, Beschl. v. 31. Mai 1996 – 2 S (U) 3/96).
IV. Sind die Gesellschafter einer Vor-GmbH verpflichtet, die bei dieser Gesellschaft entstandenen, nicht vom Gesellschaftsvermögen gedeckten Anlaufverluste auszugleichen, ist der Kläger als Insolvenzverwalter über das Vermögen der H. GmbH i.G. berechtigt, derartige Ansprüche gegen die Beklagten zu 1 und 2 geltend zu machen. Diese haften entsprechend ihrem Beteiligungsverhältnis.
Das Berufungsgericht hat – aus seiner Sicht zu Recht – keine Feststellungen zur Höhe der Ansprüche getroffen. Da der per 31. Oktober 1991 erstellte Status offensichtlich nur vorläufiger Natur ist und die Parteien ihren Vortrag unter dem Eindruck des klagabweisenden erstinstanzlichen Urteils im wesentlichen auf den Grund des Anspruchs konzentriert haben, ist ihnen Gelegenheit zu geben, zur Höhe der angefallenen Verluste ergänzend vorzutragen. Das gilt in gleicher Weise für die Frage, ob die Gesellschafter die Geschäfte der Gemeinschuldnerin einverständlich aufgenommen haben.
Die Sache war daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 647920 |
BGHZ, 333 |
NJW 1997, 1507 |
JR 1998, 103 |
ZIP 1997, 679 |
MDR 1997, 665 |