Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, ob die Allgemeine Gebührenordnung für die wirtschaftsprüfenden sowie wirtschafte- und steuerberatenden Berufe, herausgegeben von Steuerberater Adolf Fitzke (AllGO) als "übliche Vergütung" anzusehen ist.
Verfahrensgang
OLG Karlsruhe (Entscheidung vom 20.12.1966) |
LG Konstanz |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe - 9. Zivilsenat in Freiburg - vom 20. Dezember 1966 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage abgewiesen worden ist.
In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Der Kläger hat als vereidigter Buchprüfer die Beklagte und ihren Ehemann, den am 3. Januar 1963 verstorbenen Färbereibesitzer Erwin S., in steuerlicher und wirtschaftlicher Hinsicht beraten. Nach dem Tode ihres Mannes ließ sich die Beklagte von dem Kläger weiter beraten.
Durch notarielle Urkunde vom 2. April 1963 ermächtigte sie ihn, sie "in allen Rechts- und sonstigen Angelegenheiten gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten". In der Zeit von April bis September 1963 bemühte sich der Kläger um die Verwertung eines Grundstücks der Beklagten, dessen damaliger Verkehrswert etwa 600.000 DM betrug. Er war auch sonst noch für die Beklagte tätig, so schloß er u.a. zwei Vergleiche.
Mit Rechnungen vom 15. Oktober 1963 verlangte der Kläger von der Beklagten für seine "Vermögensverwaltung" vom 2. April bis 30. September 1963 gemäß § 60 der Allgemeinen Gebührenordnung für die wirtschaftsprüfenden sowie wirtschafts- und steuerberatenden Berufe, herausgegeben von Steuerberater Adolf F., (A.) 6.000 DM sowie für eine Reihe Beratungen und Besprechungen vor dem 2. April 1963 1.121 DM.
Diese Beträge hat er nach Abzug von 700 DM geleisteter Barzahlungen, somit in Hohe von 6.421 DM mit der Klage geltend gemacht.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt, soweit sie zur Zahlung von mehr als 421 DM verurteilt worden war. Dabei handelte es sich um die Rechnung über 1.121 DM abzüglich bezahlter 700 DM.
Das Oberlandesgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 2.348 DM (einschließlich der anerkannten 421 DM) verurteilt und die Klage im übrigen, d.h. in Höhe von 4.073 DM, abgewiesen. Es hat die Revision zugelassen.
Mit seiner Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
1.
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, daß der Kläger als "Vermögensverwalter" im Sinne des Art. I § 5 Nr. 3 RBerG anzusehen sei. Es seien ihm, so stellt es fest, nicht nur Einzelaufträge erteilt worden, vielmehr habe ihm obgelegen, alle mit dem Vermögen der Beklagten zusammenhängenden Fragen zu behandeln. Zwischen seiner Vermögensverwaltung und den von ihm besorgten Rechtsangelegenheiten, so insbesondere den Bemühungen um die Verwertung des Grundstücks, habe ein unmittelbarer Zusammenhang bestanden, so daß seine Tätigkeit nach Art. I § 5 Ziff. 3 RBerG erlaubt gewesen sei.
Das läßt keinen Rechtsfehler erkennen.
2.
Das Oberlandesgericht führt weiter aus, der Kläger könne deshalb für seine Vermögensverwaltung nach den §§ 675, 612 BGB eine Vergütung verlangen. Da über deren Höhe nichts vereinbart worden sei, sei die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen (§ 612 Abs. 2 BGB). Im Gegensatz zum Landgericht ist das Berufungsgericht aber der Ansicht, daß die A. nicht als übliche Vergütung im Sinne des § 612 Abs. 2 BGB angesehen werden könne, denn es handle sich bei dieser um eine "verbandsinterne Aufstellung von Honorierungsrichtlinien", die noch keine allgemeine Verkehrsgeltung erlangt habe.
Die Gebühr des Klägers sei vielmehr nach § 118 BRAGebO in Verbindung mit Art. IX § 1 des Kostenänderungsgesetzes vom 26. Juli 1957 (BGBl I 861) zu berechnen.
Es kommt daher zu folgender Berechnung:
2 * 5/10 Gebühren aus 600.000 |
2.422,- DM |
gem. § 118, Anl. zu § 11 BRAGebO (a.F.) |
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Gebühren für 2 Vergleiche |
205,- DM |
von der Beklagten anerkannt |
421,- DM |
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3.048,- DM |
abzüglich bezahlter |
700,- DM |
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2.348,- DM |
Es hat den Kläger daher mit seiner Mehrforderung abgewiesen.
Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers muß zur Aufhebung des Urteils führen.
a)
Vorweg ist zu bemerken, daß dem Oberlandesgericht bei seiner Berechnung insoweit ein Fehler unterlaufen ist, als es von der Forderung des Klägers den bezahlten Betrag von 700 DM zweimal abgezogen hat. Die Klägerin hat die Forderung von 1.121 DM voll anerkannt und hiervon dann die bezahlten 700 DM abgezogen. Das Berufungsgericht hätte deshalb bei seiner Berechnung entweder die Forderung von 1.121 DM voll einsetzen müssen oder aber die bezahlten 700 DM nicht nochmals absetzen dürfen.
Da das Urteil, wie zu c) noch auszuführen sein wird, im Umfang der Beschwer des Klägers ohnehin aufgehoben werden muß, kann es bei diesem Hinweis sein Bewenden haben.
b)
Die Feststellung des Berufungsgerichts, daß die Sätze der A. nicht als "übliche Vergütung" zu gelten haben, ist eine tatsächliche Feststellung, an die das Revisionsgericht gemäß § 561 ZPO gebunden ist (vgl. das Urteil des erkennenden Senats vom 10. Juni 1968 - VII ZR 26/66 - S. 10).
Die Rügen des Klägers sind nicht begründet.
aa)
Die Frage, ob die A. als übliche Vergütung im Sinne des § 612 Abs. 2 BGB anzusehen ist, ist streitig. Von den Oberlandesgerichten Karlsruhe (8. Zivilsenat; OLGZ 1965, 2, 5) und Nürnberg (BB 1959, 935) wird das zwar (ohne nähere Begründung) bejaht; überwiegend wird aber die gegenteilige Meinung vertreten (OLG Celle in BB 1958, 1045; VG Darmstadt in NJW 64, 120; vergl. ferner das dem Urteil des Senats vom 10. Juni 1968 zugrundeliegende Urteil des OLG Düsseldorf vom 9. Dezember 1965 8 U 40/65 sowie das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 27. September 1963 12 U 74/62, das dem Senat in der Sache VII ZR 265/63 vorgelegen hat; vgl. auch OVG Münster in NJW 1966, 2184).
Bei dieser Sachlage kann das Revisionsgericht keinen Erfahrungssatz des Inhalts feststellen, daß die A. allgemeine Verkehrsgeltung erlangt hat.
bb)
Der Kläger rügt, das Berufungsgericht habe nicht beachtet, daß die Beklagte die allgemeine Verkehrsgeltung der A. niemals bestritten habe.
Die Rüge ist nicht begründet. Die Beklagte hat, was der Kläger übersehen hat, in ihrem Schriftsatz vom 30. September 1965 S. 4 ausdrücklich darauf hingewiesen, daß ihres Erachtens die Sätze der A. nicht als übliche Vergütung angesehen werden könnten. Wenn das Landgericht im Widerspruch hierzu in den Gründen seines Urteils S. 9 ausführt, die A. werde "unbestrittenermaßen allgemein angewendet" und der Kläger sich das in seinem Schriftsatz vom 19. August 1966 dann zu eigen gemacht hat, so vermag das das Bestreiten der Beklagten nicht aus der Welt zu schaffen; eine tatbestandliche Feststellung hat das Landgericht nach dem Zusammenhang nicht getroffen.
cc)
Im übrigen richten sich die Rügen des Klägers zu diesem Punkt in unzulässiger Weise gegen die Feststellungen und die tatsächliche Würdigung des Berufungsgerichts.
Auch die Rüge, das Berufungsgericht hätte ihn zu einer Ergänzung des tatrichterlichen Vertrags auffordern müssen, ist nicht begründet.
c)
Dagegen wendet sich der Kläger mit Recht gegen die Anwendung des § 118 RAGebO. Eine Vermögensverwaltung gehört in der Regel nicht zu der Berufstätigkeit eines Rechtsanwalts, deshalb kann die Vergütung für eine solche auch nicht nach den Sätzen der BRAGebO bemessen werden (BGHZ 46, 268). Damit ist aber auch der Anwendung des § 118 BRAGebO auf den Anspruch des Klägers die Grundlage entzogen.
d)
Da zwischen den Parteien über die Bemessung der Vergütung für die Vermögensverwaltung nichts vereinbart worden ist und es hierfür auch keine übliche Vergütung gibt, ist die Festsetzung der Gebühr nach den §§ 315, 316 BGB vorzunehmen. Es ist also zu prüfen, ob und inwieweit die von dem Kläger berechnete Gebühr von 6.000 DM für die Vermögensverwaltung der Billigkeit entspricht. Das ist Sache des Tatrichters, der sich dann auch noch damit zu befassen haben wird, ob und inwieweit die von ihm als billig befundene Gebühr auch die Gebühr für die beiden Vergleiche umfaßt.
3.
Das angefochtene Urteil ist daher im Kostenpunkt und insoweit aufzuheben, als die Klage abgewiesen worden ist. In diesem Umfang ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird auch über die Kosten der Revision zu befinden haben.
Fundstellen
Haufe-Index 3018654 |
DB 1969, 2226 (amtl. Leitsatz) |
DB 1970, 380 (Volltext mit amtl. LS) |
NJW 1970, 699-700 (Volltext mit amtl. LS) |
MDR 1970, 407 (Volltext mit amtl. LS) |