Leitsatz (amtlich)
Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Kreditinstituten, in denen ein Entgelt für die Übertragung von Wertpapieren in ein anderes Depot gefordert wird, verstoßen gegen § 307 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB. Dies gilt auch für Übertragungen im Rahmen der laufenden Geschäftsbeziehung.
Normenkette
BGB § 307
Verfahrensgang
OLG Nürnberg (Urteil vom 27.05.2003; Aktenzeichen 9 U 3928/02) |
LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 18.10.2002) |
Tenor
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Urteil des 9. Zivilsenats des OLG Nürnberg v. 27.5.2003 aufgehoben und das Urteil der 7. Zivilkammer des LG Nürnberg-Fürth v. 18.10.2002 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft gegen eines ihrer Vorstandsmitglieder bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, Folgende oder eine dieser inhaltsgleiche Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu verwenden, sofern der Vertrag nicht mit einer Person abgeschlossen wird, die in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt (Unternehmer):
"Wertpapierübertrag im Rahmen der laufenden Geschäftsverbindung, Ausgang, pro Posten
8 EUR bei Girosammelverwahrung 19,50 EUR bei Wertpapierrechnung 59,50 EUR bei effektiver Übertragung/Auslieferung zzgl. Versandkosten, jeweils inkl. MwSt."
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der klagende Verein, in dem sich die Verbraucherverbände N.s zusammengeschlossen haben, ist in die Liste qualifizierter Einrichtungen gem. § 22a AGBG (jetzt: §§ 4, 16 Abs. 4 UKlaG) eingetragen. Die beklagte Bank verwendet im Geschäftsverkehr mit ihren Kunden, denen sie ausschließlich das Discount-Brokerage anbietet, ein Preis- und Leistungsverzeichnis, das für einen Wertpapierübertrag im Rahmen einer Depotschließung kein Entgelt vorsieht, aber u.a. folgende Klausel enthält:
"Wertpapierübertrag im Rahmen der laufenden Geschäftsverbindung, Ausgang, pro Posten 8 EUR bei Girosammelverwahrung 19,50 EUR bei Wertpapierrechnung 59,50 EUR bei effektiver Übertragung/Auslieferung zzgl. Versandkosten, jeweils inkl. MwSt."
Die gegen diese Klausel gerichtete Unterlassungsklage ist in den Vorinstanzen (WM 2003, 129 und 1989) erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Die Klausel unterliege der Inhaltskontrolle, weil sie eine von Rechtsvorschriften abweichende Regelung enthalte. Sie begründe entgegen § 985 BGB bzw. §§ 6, 8 DepotG ein Entgelt für die Herausgabe von Wertpapieren, die sich im Eigentum des Kunden befänden. Die Regelung benachteilige den Kunden aber nicht unangemessen. Seinem Interesse werde dadurch ausreichend Rechnung getragen, dass die Wertpapierübertragung auf ein Fremddepot im Rahmen der Depotauflösung kostenlos sei. Mit der Wertpapierübertragung im Rahmen der laufenden Geschäftsverbindung erfülle die Beklagte zwar auch ihre Herausgabepflicht. Zugleich werde sie aber im ausschließlichen Kundeninteresse in einer über den Pflichtenumfang des Depotvertrages hinausgehenden Weise tätig. Die Übertragung von Wertpapieren auf ein anderes Depot sei weder als Verwahrung noch als Verwaltung dieser Wertpapiere anzusehen. Sie stelle keine auf Grund des Depotvertrages geschuldete Leistung dar. Die Wertpapierübertragung im Rahmen der laufenden Geschäftsverbindung sei vielmehr eine gesonderte Dienstleistung, für die eine gesonderte Vergütung gefordert werden dürfe.
II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch gem. §§ 1, 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UKlaG auf Unterlassung der weiteren Verwendung der angegriffenen Klausel.
1. Rechtsfehlerfrei ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass die Klausel der gerichtlichen Inhaltskontrolle unterliegt. Gemäß § 307 Abs. 3 S. 1 BGB, der an die Stelle des früheren § 8 AGBG getreten ist, sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden, kontrollfähig. Darunter fallen zwar weder Bestimmungen über den Preis der vertraglichen Hauptleistung noch Klauseln über das Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte, zusätzlich angebotene Sonderleistung (BGH v. 7.5.1996 - XI ZR 217/95, BGHZ 133, 10 [13] = MDR 1996, 807; v. 14.10.1997 - XI ZR 167/96, BGHZ 137, 27 [30] = MDR 1998, 172). Hingegen stellen Regelungen, die kein Entgelt für Sonderleistungen, die dem Kunden auf rechtsgeschäftlicher Grundlage erbracht werden, zum Gegenstand haben, sondern Aufwendungen für die Erfüllung gesetzlich begründeter eigener Pflichten des Klauselverwenders auf den Kunden abwälzen, eine kontrollfähige Abweichung von Rechtsvorschriften dar (BGH v. 14.10.1997 - XI ZR 167/96, BGHZ 137, 27 [30] = MDR 1998, 172; v. 18.5.1999 - XI ZR 219/98, BGHZ 141, 380 [383] = MDR 1999, 1147; jeweils m.w.N.). Um eine solche Abrede handelt es sich bei der streitigen Klausel.
a) Der in der Klausel geregelte Wertpapierübertrag ist die Erfüllung des gesetzlichen Herausgabeanspruchs des Kunden gegen die Beklagte.
aa) Dies gilt für alle in der Klausel aufgeführten Fälle, also nicht nur für die effektive Übertragung bzw. Auslieferung, sondern auch bei Girosammelverwahrung und Wertpapierrechnung. Der Herausgabeanspruch gem. §§ 7, 8 DepotG bzw. § 695 S. 1, § 985 BGB (zu dem darauf beruhenden Besitzmittlungsverhältnis: BGH, Urt. v. 18.1.1996 - IX ZR 81/95, MDR 1996, 639 = WM 1996, 518; Urt. v. 22.4.1997 - XI ZR 127/96, MDR 1997, 765 = WM 1997, 1136) wird nach den im heutigen Massengeschäft geltenden Börsenusancen i.d.R. ohne effektive Übertragung, d.h. ohne körperliche Bewegung von Wertpapierurkunden, im Effektengiroverkehr erfüllt. Anders wäre angesichts der massenhaft anfallenden Geschäftsvorgänge ein geordnetes Effektenwesen nicht mehr denkbar (Than in: Obst/Hintner, Geld-, Bank- und Börsenwesen, 40. Aufl., S. 849). Dabei wird die Besitzverschaffung mittels Übertragung der tatsächlichen Sachherrschaft durch die Umbuchung von Girosammel-Depotgutschriften ersetzt (Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl., Rz. 11.344 und 11.365). Dies gilt unabhängig davon, ob herausgabefähige einzelne Wertpapiere überhaupt existieren oder durch eine Sammelurkunde i.S.d. § 9a DepotG ersetzt sind. Insbesondere wenn die Ausgabe einzelner Wertpapiere gem. § 9a Abs. 3 S. 2 DepotG ausgeschlossen ist, kann der - auf die Verschaffung eines mittelbaren Mitbesitzes an der Sammelurkunde gerichtete (Kümpel in: Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis, Rz. 8/100b) - Herausgabeanspruch nur durch eine Umbuchung bei der die Sammelurkunde verwahrenden Wertpapiersammelbank (§ 1 Abs. 3, § 5 DepotG, Nr. 11 Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte) erfüllt werden. Auch urkundlich nicht verkörperte Wertrechte (Bucheffekten), z.B. Bundesschatzbriefe (Gössmann in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 2. Aufl., § 72 Rz. 68; Baumbach/Hefermehl, Wechselgesetz und Scheckgesetz, 22. Aufl., WPR Rz. 93), können nur durch eine depotmäßige Umbuchung herausgegeben werden. Soweit der Anspruch auf Herausgabe von Aktien bei einer Anschaffung im Ausland und der Erteilung einer Gutschrift in Wertpapierrechnung (§ 22 DepotG, Nr. 12 Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte) aus einem Treuhandverhältnis folgt (BGH, Urt. v. 1.2.1988 - II ZR 152/87, AG 1988, 140 = MDR 1988, 646 = WM 1988, 402 [404]), entspricht eine effektive Lieferung ebenfalls nicht den Börsenusancen.
bb) Der Herausgabeanspruch des Kunden wird nicht erst mit der Beendigung des Depotvertrages fällig, bei der der Wertpapierübertrag nach dem Preis- und Leistungsverzeichnis der Beklagten kostenlos ist, sondern kann bereits während der laufenden Geschäftsverbindung geltend gemacht werden (§ 695 S. 1 BGB; Heinsius/Horn/Than, DepotG, § 7 Rz. 8; für den Anspruch aus einem Treuhandverhältnis gem. § 667 BGB; BGH v. 30.11.1989 - III ZR 112/88, BGHZ 109, 260 [264] = BRAK 1990, 55 = MDR 1990, 315; Seiler in MünchKomm/BGB, 3. Aufl., § 667 Rz. 22).
b) Ein Entgelt für ihren personellen und sachlichen Aufwand bei der Erfüllung des Herausgabeanspruchs kann die Beklagte nach dispositivem Gesetzesrecht nicht beanspruchen.
2. Rechtsfehlerhaft ist hingegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klausel halte der Inhaltskontrolle stand. Die Berechnung eines Entgelts für die Herausgabe verwahrter Wertpapiere ist mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) und benachteiligt die Kunden der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB).
a) aa) Zu den wesentlichen Grundgedanken des dispositiven Rechts gehört, dass jeder Rechtsunterworfene seine gesetzlichen Verpflichtungen zu erfüllen hat, ohne dafür ein gesondertes Entgelt verlangen zu können. Ein Anspruch auf Ersatz anfallender Kosten besteht nur, wenn dies im Gesetz vorgesehen ist. Andernfalls können die Kosten nicht auf Dritte abgewälzt werden, indem die Erfüllung gesetzlicher Pflichten in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur individuellen Dienstleistung ggü. dem Vertragspartner erklärt wird. Die Revisionserwiderung beruft sich insoweit ohne Erfolg auf das Verursacherprinzip, das für die Preisgestaltung im nicht regulierten Wettbewerb keine rechtliche Bedeutung hat (BGH v. 18.5.1999 - XI ZR 219/98, BGHZ 141, 380 [385] = MDR 1999, 1147). Entgelte können nur für Leistungen verlangt werden, die auf rechtsgeschäftlicher Grundlage für den einzelnen Kunden erbracht werden. Jede Entgeltregelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die sich nicht auf eine solche Leistung stützt, sondern Aufwendungen für die Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht des Verwenders offen auf dessen Kunden abwälzt, stellt nach ständiger Rechtsprechung des Senats eine Abweichung von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung dar und verstößt gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB (BGH v. 18.5.1999 - XI ZR 219/98, BGHZ 141, 380 [385 f.] = MDR 1999, 1147; Urt. v. 19.10.1999 - XI ZR 8/99, WM 1999, 2545 [2546]; jeweils m.w.N.).
bb) Die Beklagte erbringt durch den Wertpapierübertrag im Rahmen der laufenden Geschäftsverbindung keine (Sonder-)Dienstleistung für ihre Kunden auf rechtsgeschäftlicher Grundlage (a.A.: Sonnenhol, WuB IV A., § 307 BGB 1.03), sondern handelt vorrangig im eigenen Interesse zur Erfüllung einer eigenen gesetzlichen Verpflichtung. Wenn der gesetzliche Herausgabeanspruch des Kunden nicht durch die effektive Auslieferung von Wertpapierurkunden, sondern durch die Umbuchung auf ein Depot bei einem anderen Kreditinstitut erfüllt wird, liegt dies zwar auch im Interesse des Kunden, der die Beklagte mit der Umbuchung beauftragt hat. Dies ist aber nur ein Nebeneffekt und nicht der eigentliche Grund dafür, dass die Beklagte den Herausgabeanspruch auf diese Weise erfüllt. Entscheidend hierfür ist vielmehr, dass die Bewältigung der Papierflut im heutigen Massengeschäft eine Rationalisierung des Effekten- und Depotgeschäfts (Kümpel in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 2. Aufl., § 104 Rz. 68 ff.) erfordert. Zu diesem Zweck haben die Kreditinstitute - und nicht ihre Kunden - den Effektengiroverkehr eingeführt (Heinsius/Horn/Than, DepotG, § 5 Rz. 4 f.). Dadurch haben sie ihren personellen und sachlichen Aufwand im Verhältnis zu einer körperlichen Bewegung konkreter Wertpapierurkunden wesentlich verringert. Dies wird im vorliegenden Fall daran deutlich, dass die Beklagte, die als Discount-Broker ihre Geschäfte bevorzugt über elektronische Medien abwickelt, in der angegriffenen Klausel für die effektive Auslieferung ein mehr als siebenmal höheres Entgelt als für eine Wertpapierübertragung bei Girosammelverwahrung fordert.
Vor diesem Hintergrund unterscheidet sich die Umbuchung von Wertpapieren auf ein Depot bei einem anderen Kreditinstitut entgegen der Auffassung von Krüger/Bütter, Das Recht der Bankentgelte, 2. Aufl., S. 390 f. Rz. 5.3. und Steuer, FS Hadding 2004, S. 1169, 1184 ff. grundlegend von einer Geldüberweisung im Rahmen eines Girovertrages, für die unzweifelhaft in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ein Entgelt vereinbart werden kann. Während die Umbuchung von Wertpapieren auf ein anderes Depot geringeren Aufwand als die effektive Auslieferung der Urkunden verursacht und deshalb dem Rationalisierungs- und Vereinfachungsinteresse der Kreditinstitute entspricht, hat ein Kreditinstitut kein besonderes Interesse, den Auszahlungsanspruch eines Girokunden, den es ohne weiteres am Schalter oder am Geldausgabeautomaten erfüllen kann, durch die Überweisung auf ein anderes Konto zu befriedigen. Geldüberweisungen erfolgen vielmehr im ausschließlichen Interesse des Girokunden an der Abwicklung seines Zahlungsverkehrs. Gerade zu diesem Zweck unterhält der Kunde anders als bei einem Depot, bei dem es ihm um die Verwahrung und sachkundige Verwaltung von Wertpapieren geht, ein Girokonto.
Hinter dem Rationalisierungsinteresse der Kreditinstitute, das für die Erfüllung des Herausgabeanspruches durch Umbuchung auf ein anderes Depot anstatt durch effektive Auslieferung entscheidend ist, tritt das Interesse des Kunden, seine Dispositionsbefugnis über den Depotbestand auszuüben und ihn auf ein anderes Depot übertragen zu lassen, zurück. Dies gilt nicht nur, soweit ein Anspruch auf Auslieferung konkreter Urkunden nicht besteht, etwa weil er gem. § 9a Abs. 3 S. 2 DepotG ausgeschlossen ist oder weil die Rechte des Kunden nicht urkundlich verkörpert sind. Auch wenn eine effektive Auslieferung der Urkunden an den Kunden möglich ist, fällt dessen Dispositionsinteresse ggü. dem Interesse des Kreditinstituts, den mit der effektiven Auslieferung der Urkunden, die in Fällen des § 9a Abs. 3 S. 1 DepotG erst noch hergestellt werden müssten, verbundenen Aufwand zu vermeiden, nicht ins Gewicht. Die Festsetzung eines vom Kunden zu zahlenden Entgelts für den Wertpapierübertrag im Rahmen der laufenden Geschäftsverbindung ist daher mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbar (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB).
b) Eine gegen Treu und Glauben verstoßende unangemessene Benachteiligung der Kunden der Beklagten ist damit indiziert. Gründe, die die Klausel bei der gebotenen umfassenden Abwägung der berechtigten Interessen aller Beteiligten (BGH v. 28.1.2003 - XI ZR 156/02, BGHZ 153, 344 [350] = MDR 2003, 704 = BGHReport 2003, 545 m.w.N.) gleichwohl nicht als unangemessen erscheinen lassen, sind nicht ersichtlich.
Die Revisionserwiderung macht zur Rechtfertigung der Klausel ohne Erfolg geltend, die Wertpapierübertragung im Rahmen der laufenden Geschäftsverbindung verursache einen wesentlich höheren Verwaltungsaufwand als die kostenlose Wertpapierübertragung bei der Depotauflösung. Ein solcher erhöhter Aufwand ist vom Berufungsgericht nicht festgestellt und von den Parteien in den Tatsacheninstanzen nicht vorgetragen worden (§ 559 Abs. 1 S. 1 ZPO). Allein der Umstand, dass die Beklagte in Fällen wiederholter Übertragung verschiedener Posten während der laufenden Geschäftsverbindung häufiger tätig werden muss als bei der einmaligen Übertragung aller Posten bei der Depotschließung, berechtigt sie nicht zur Erhebung eines Entgelts, weil das Gesetz die Geltendmachung von Teilforderungen zulässt (Krüger in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 266 Rz. 21 m.w.N.).
Unerheblich ist ferner, dass die Beklagte nach einem Depotübertrag keine Provision aus einer Verkaufskommission mehr verdienen kann. Sie hat keinen Anspruch darauf, mit dem Verkauf beauftragt zu werden, und erhält diese Provision bei einem kostenlosen Wertpapierübertrag aus Anlass einer Depotschließung ebenfalls nicht. Der Beklagten bleibt unbenommen, die Entgelte für ihre Dienstleistungen beim Handel mit Wertpapieren, die nach ihrer eigenen Darstellung den Schwerpunkt ihrer Geschäftstätigkeit bilden, und für die dahinter zurücktretende Depotverwaltung so zu gestalten, dass das finanzielle Interesse ihrer Kunden an einem Wertpapierübertrag im Rahmen der laufenden Geschäftsverbindung entfällt.
3. Die Klausel ist gem. § 307 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB insgesamt, d.h. auch hinsichtlich der Versandkosten, unwirksam. Diese Kosten können dem Kunden zwar auferlegt werden, weil der Herausgabeanspruch gem. § 697 BGB am Sitz der Beklagten zu erfüllen ist und die Kosten der Übersendung von Wertpapieren an den Kunden von diesem zu tragen sind (Heinsius/Horn/Than, DepotG, § 7 Rz. 13). Die Klausel kann aber nicht teilweise, hinsichtlich der Versandkosten, aufrecht erhalten werden, weil der Beklagten dadurch entgegen dem in ständiger Rechtsprechung des BGH anerkannten Verbot der geltungserhaltenden Reduktion (BGH v. 20.6.1984 - VIII ZR 337/82, BGHZ 91, 375 [384] = MDR 1985, 50; v. 3.11.1999 - VIII ZR 269/98, BGHZ 143, 104 [118 f.] = MDR 2000, 320; v. 13.2.2001 - XI ZR 197/00, BGHZ 146, 377 [385] = MDR 2001, 639 = BGHReport 2001, 293, jeweils m.w.N.) das mit unangemessenen AGB-Bestimmungen verbundene Risiko der Gesamtunwirksamkeit abgenommen würde.
III.
Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und der Klage stattgeben.
Fundstellen
Haufe-Index 1308338 |
BGHZ 2005, 189 |
BB 2005, 350 |
DB 2005, 1212 |
NJW 2005, 1275 |
NWB 2004, 4235 |
BGHR 2005, 516 |
EBE/BGH 2005, 4 |
EBE/BGH 2005, 46 |
EWiR 2005, 419 |
WM 2005, 272 |
WuB 2005, 309 |
ZIP 2005, 245 |
MDR 2005, 406 |
VuR 2005, 120 |
ZBB 2005, 142 |
BBV 2005, 39 |
FB 2005, 612 |