Das Bundeskabinett hat am 20.4.2022 den Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie (RefE UmRUG) vorgelegt. Mit der Umwandlungsrichtlinie (auch Mobilitätsrichtlinie genannt) ist die Richtlinie (EU) 2019/2121 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1132 in Bezug auf grenzüberschreitende Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen gemeint, mit der ein einheitlicher Rechtsrahmen für grenzüberschreitende Umwandlungen geschaffen werden soll. Ein solcher ist erforderlich, weil der Europäische Gerichtshof mit seiner Rechtsprechung zur Niederlassungsfreiheit die grenzüberschreitende Mobilität von Unternehmen im Binnenmarkt gestärkt und den Wettbewerb der Rechtsordnungen gefördert hat.
Zuletzt hat der Europäische Gerichtshof in der Rechtssache "Polbud" (EuGH, Urteil v. 12.10.2017, C-106/16) bestätigt, dass ein grenzüberschreitender Formwechsel auch dann möglich ist, wenn nur der Satzungssitz – nicht aber der Verwaltungssitz bzw. die wirtschaftliche Tätigkeit der Gesellschaft – in einen anderen Mitgliedstaat der EU verlegt wird. In dem vom EuGH zu entscheidenden Fall wollte eine polnische Gesellschaft nur ihren Satzungssitz nach Luxemburg verlegen, wirtschaftlich aber weiterhin in Polen tätig sein. Die Sitzverlegung wurde in das luxemburgische Handelsregister eingetragen, aber das polnische Gericht verweigerte die Löschung aus dem polnischen Register, sofern die Gesellschaft nicht – wie nach polnischem Recht vorgesehen – zuvor aufgelöst werde. Der EuGH musste sich also – anders als bei der VALE-Entscheidung (EuGH, Urteil v. 12.7.2012, C-378/10), in der es um einen Hereinformwechsel ging – erstmals mit einem Herausformwechsel befassen.
Die Richtlinie ist bis spätestens 31.1.2023 in nationales Recht umzusetzen.
Ziel des UmRUG ist es, im Umwandlungsgesetz (UmwG) – zusammengefasst in einem Sechsten Buch (§§ 305 ff. UmwG-E) – erstmals einen Rechtsrahmen für grenzüberschreitende Umwandlungen (Verschmelzungen, Spaltungen und Formwechsel) unter Beteiligung von Kapitalgesellschaften zu etablieren; nicht erfasst werden grenzüberschreitende Umwandlungen unter Beteiligung von Personenhandelsgesellschaften. Daneben sind punktuelle Anpassungen der (auch) innerstaatliche Umwandlungen betreffenden Regelungen vorgesehen. Entsprechend den Vorgaben der Richtlinie soll das UmRUG grundsätzlich am 31.1.2023 in Kraft treten.
Nach §§ 305 Abs. 2 (grenzüberschreitende Verschmelzungen), 320 Abs. 2 (grenzüberschreitende Spaltungen) bzw. 333 Abs. 2 (grenzüberschreitender Formwechsel) UmRUG-E gelten für die jeweilige grenzüberschreitende Umwandlungsmaßnahme die für ihr innerstaatliches Pendant geltenden Regeln entsprechend, soweit sich aus den Sonderregelungen nichts anderes ergibt. Folglich sind die Vorschriften zur Aufstellung und Prüfung der Schlussbilanz gem. § 17 Abs. 2 UmwG sowie zur Übernahme der Wertansätze des übernehmenden Rechtsträgers gem. § 24 UmwG (Buchwertverknüpfung) auch auf die grenzüberschreitenden Umwandlungsvorgänge analog anzuwenden.
Des Weiteren kommt es zur Modifizierung weiterer Vorgaben zur grenzüberschreitenden Verschmelzung, insbesondere der Vorschriften zum Schutz der Minderheitsgesellschafter, Gläubiger und Arbeitnehmer:
Zum Schutz der Anteilsinhaber sollen diese, sofern die übernehmende oder neue Gesellschaft nicht dem deutschen Recht unterliegt (§§ 313, 327, 340 UmwG-E), ein Austrittsrecht gegen eine Barabfindung sowie das Recht auf Verbesserung eines unangemessenen Umtauschverhältnisses erhalten. Um gleichzeitig die Liquidität der beteiligten Gesellschaften zu schützen, eröffnen §§ 72a, 72b UmwG-E der AG, KGaA und SE künftig die Möglichkeit, den Anteilseignern im Fall eines nicht angemessenen Umtauschverhältnisses anstelle einer baren Zuzahlung zusätzliche Aktien der übernehmenden Gesellschaft zu gewähren. Die zusätzlichen Anteile können im Wege einer Kapitalerhöhung gegen Sacheinlage unter Einbringung des Anspruchs der Aktionäre auf Gewährung zusätzlicher Aktien geschaffen werden. Beschlüsse, die einer Kapitalerhöhung zur nachträglichen Verbesserung des Umtauschverhältnisses dienen (§ 72b UmwG-E), können nur wegen Verfahrensfehlern angefochten werden. Insbesondere eine Anfechtung in Bezug auf die Bewertung des Einbringungsgegenstands ist ausgeschlossen (§ 69 Abs. 3 UmwG-E). Nach § 248a Satz 1 UmwG-E sollen die §§ 72a, 72b UmwG-E für einen Formwechsel in eine AG oder eine KGaA entsprechend gelten.
Zum Schutz der Gläubiger sieht der RegE einen Anspruch auf Sicherheitsleistung, eine Ausfallhaftung bei grenzüberschreitender Spaltung und einen besonderen Gerichtsstand für den grenzüberschreitenden Formwechsel vor.
Der Schutz der Arbeitnehmer ist umfassend ausgestaltet. Ihm dienen vor allem besondere Informations- und Konsultationsrechte. So muss der Umwandlungsbericht künftig einen eigenen arbeitnehmerspezifischen Abschnitt enthalten. Außerdem haben die Arbeitnehmer das Recht, Bemerkungen zum Plan zu übermitteln.
Der derzeit gel...