1. Steuerliche Gewinnermittlungsvorschrift
§ 4 Abs. 2 EStG ist eine steuerliche Gewinnermittlungsvorschrift. Nach § 5 Abs. 6 EStG gilt sie auch für den BV-Vergleich der Gewerbetreibenden, die nach § 5 Abs. 1 EStG verpflichtet sind, Bücher zu führen oder dies freiwillig tun. § 4 Abs. 2 EStG bezieht sich ausschließlich auf die steuerliche Vermögensübersicht.
Beachten Sie: Korrekturen der Handelsbilanz sind alleine nach handelsrechtlichen Grundsätzen vorzunehmen.
Gewerbesteuerliche Aspekte: Bei einer Bilanzänderung für Zwecke der Einkommen- und Gewerbesteuer ist zu beachten, dass Gewinn und Gewerbeertrag verfahrensrechtlich selbständig zu ermitteln sind. Zwar ist die Gewerbesteuer nach § 7 GewStG an einkommensteuerliche Grundsätze, aber nicht an die tatsächliche Einkommensteuer gebunden. Damit begründet § 7 GewStG keine Bindungswirkung für die Gewerbesteuer an den einkommensteuerrechtlichen Gewinn.
Beraterhinweis Für die jeweilige Veranlagung gilt deshalb, dass die Bilanzansätze als Ausgangswerte maßgeblich sind, die in der jeweilig zugrunde gelegten Vorjahresbilanz als Abschlusswerte enthalten waren.
2. Verhältnis zu Korrekturvorschriften
Keine verfahrensrechtliche Änderungsvorschrift i.S.d. § 172 AO: Bei den Regelungen über die Bilanzberichtigung oder -änderung i.S.d. § 4 Abs. 2 EStG handelt es nicht um verfahrensrechtliche Änderungsvorschriften i.S.d. § 172 AO. So kann nach § 4 Abs. 2 EStG eine Bilanzänderung durchaus zulässig erscheinen, eine Korrektur des dazugehörigen Steuerbescheides aber am Fehlen einer einschlägigen Korrekturvorschrift scheitern.
Beachten Sie: Die Bestandskraft der Veranlagung und die Regelung über die Verjährung setzen die Grenze für eine Bilanzänderung.
3. Zeitlicher Anwendungsbereich
§ 4 Abs. 2 S. 1 EStG stellt darauf ab, dass die Änderung nach der Einreichung beim FA erfolgt. Bis zur Einreichung beim FA ist eine Änderung somit jederzeit und ohne Einschränkung möglich.
4. Bilanzberichtigung oder -änderung?
Obwohl § 4 Abs. 2 EStG einheitlich den Begriff der Bilanzänderung verwendet, ist diesem in Satz 1 und Satz 2 jeweils eine andere Bedeutung beizulegen (s. Abb. 2).
Abb. 2
a) Bilanzberichtigung
Korrektur eines unrichtigen Bilanzansatzes: Nach § 4 Abs. 2 S. 1 EStG darf der Steuerpflichtige einen unrichtigen Bilanzansatz korrigieren (s. unter IV.).
Beachten Sie: Dieses scheinbare Wahlrecht des Steuerpflichtigen wird durch § 153 AO eingeschränkt: Hiernach besteht eine Berichtigungspflicht, wenn der Kaufmann nachträglich erkennt, dass die Steuererklärung wegen der unrichtigen Bilanzierung zu niedrige Einkünfte ausweist. Umgekehrt hat die Finanzbehörde die Berichtigung insbesondere anzuregen, wenn bei der Besteuerung wegen der unrichtigen Bilanzierung zu hohe Einkünfte angesetzt wurden.
Da nur der Steuerpflichtige die Bilanz berichtigen darf, erstreckt sich im Ergebnis das Berichtigungsrecht des § 4 Abs. 2 S. 1 EStG allein auf Fehler, die den Steuerpflichtigen belasten oder sich steuerlich nicht auswirken.
b) Bilanzänderung
Austausch eines zulässigen Bilanzansatzes durch anderen zulässigen Bilanzansatz: § 4 Abs. 2 S. 2 EStG beschreibt die Voraussetzungen für den Austausch eines zulässigen Bilanzansatzes durch einen anderen zulässigen Bilanzansatz durch den Steuerpflichtigen. Liegen die Voraussetzungen vor, so hat der Kaufmann ein Wahlrecht, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen (s. unter V.).
Beraterhinweis Eine rückwirkende Sachverhaltsgestaltung ist in keinem Fall eine Bilanzänderung i.S.d. § 4 Abs. 2 EStG.