1. Steuerbilanz
Formen: Vermögensübersicht i.S.d. § 4 Abs. 2 EStG ist die Steuerbilanz. Diese kann in Form
vorliegen.
Steuerbilanzen können ihrer Art nach sein:
- Eröffnungs- und Anfangsbilanzen,
- Schlussbilanzen,
- Liquidationsbilanzen,
- Umwandlungssteuerbilanzen,
- Übergangsbilanzen bei Änderung der Gewinnermittlungsart,
- Ergänzungs- und Sonderbilanzen sowie
- Zwischenbilanzen zum Zeitpunkt eines Gesellschafterwechsels als Sonderform der Schlussbilanz.
2. Sonderfälle
Für die Beantwortung der Frage, ob die dem FA vorgelegte Bilanz einer Berichtigung bzw. Änderung nach § 4 Abs. 2 EStG zugänglich ist, sind folgende Bilanzen voneinander zu unterscheiden:
- Nicht-Bilanzen
- nicht genehmigte Bilanzen
- nichtige Bilanzen
- verspätet aufgestellte Bilanzen
- vorläufige Bilanzen.
Nicht-Bilanzen: Diese entfalten deshalb keine rechtliche Wirkung, weil sie durch ein Organ eingereicht wurden, welches nicht zur Außenvertretung berechtigt war (§ 34 AO). Bis zur eventuellen Heilung durch Genehmigung des zuständigen Vertreters ist die Nicht-Bilanz nicht existent. Sie ist einer Berichtigung oder Änderung nach § 4 Abs. 2 EStG nicht zugänglich.
Nicht genehmigte Bilanzen: Anders verhält es sich bei einer Bilanz, die (noch) nicht von den zuständigen Organen genehmigt wurde. Zwar obliegt gem. § 46 Nr. 1 GmbHG, soweit die Satzung nichts Abweichendes bestimmt, den Gesellschaftern die Feststellung des Jahresabschlusses und die Geschäftsführung ist nur für die Aufstellung des Jahressabschlusses zuständig (§ 42a Abs. 2 GmbHG). Jedoch gelten diese Vorschriften nur für die Handelsbilanz. Für die Steuerbilanz sieht das Gesetz keine Formvorschriften vor. Auch ohne Feststellung der Bilanz durch die Gesellschafterversammlung kann deshalb eine wirksame Steuerbilanz vorliegen.
Nichtige Bilanzen: Handelsrechtlich kann sich die Nichtigkeit der Bilanz sowohl aus formellen als auch materiellen Gründen ergeben (§ 256 AktG). Da die Wirksamkeit der Steuerbilanz die zivilrechtliche Wirksamkeit nicht voraussetzt, ist die betroffene Steuerbilanz einer Änderung nach § 4 Abs. 2 EStG zugänglich. Dies soll auch dann gelten, wenn der Steuerpflichtige keine eigene Steuerbilanz aufstellt, sondern die Handelsbilanz unverändert übernimmt.
Verspätet aufgestellte Bilanzen: Nach § 243 Abs. 3 HGB ist die Bilanz innerhalb der einem ordnungsmäßigen Geschäftsgang entsprechenden Zeit aufzustellen. § 264 Abs. 1 HGB konkretisiert diesen Zeitraum für mittelgroße und große Kapitalgesellschaften auf die Dauer von 3 Monaten, für kleine Kapitalgesellschaften auf die Dauer von 6 Monaten.Beachten Sie: Unmittelbar gelten diese Vorschriften zwar nur für bilanzierende Kaufleute. Sie sind wegen der einheitlichen Beurteilung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung allerdings für alle Bilanzierende – also auch auf sonstig bilanzierende Steuerpflichtige (§ 4 Abs. 1 EStG) – sinngemäß anwendbar.
Beraterhinweis Wird die sachliche Richtigkeit der Buchführung durch eine verspätete Bilanzaufstellung nachweislich nicht beeinträchtigt, so ist auch die verspätet aufgestellte Bilanz als wirksame Steuerbilanz der Besteuerung zugrunde zu legen. Diese ist dann einer Änderung nach § 4 Abs. 2 EStG zugänglich.
Vorläufige Bilanzen: Mit einer Bilanz, von der sich der Steuerpflichtige ganz oder teilweise selbst distanziert, indem er sie als "vorläufig o.ä." bezeichnet, kann er seine Erklärungspflicht nicht erfüllen. Auch kann die Finanzbehörde auf dieser Grundlage keine Ermittlungen anstellen. Die vorläufige Bilanz ist somit auch keine wirksame Steuerbilanz. Einer Änderung nach § 4 Abs. 2 EStG ist sie deshalb nicht zugänglich.