Leitsatz
Von Franchisenehmern in einen „gemeinsamen Werbeetat” eingezahlte und zum Bilanzstichtag noch nicht verbrauchte zweckgebundene Werbebeiträge zur Finanzierung der dem Franchisegeber obliegenden überregionalen Werbung sind beim Franchisegeber erfolgsneutral zu behandeln.
Normenkette
§ 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG
Sachverhalt
Der Kläger betrieb in den Streitjahren 1998 bis 2000 als Franchisegeber ein Franchiseunternehmen im Bereich der Systemgastronomie. Nach den zwischen dem Kläger und seinen Franchisenehmern bestehenden Vertragsabreden oblag es den Franchisenehmern, die lokale Werbung in ihrem jeweiligen Vertragsgebiet selbstständig zu betreiben. Hingegen wurde die überregionale Werbung durch den Kläger konzipiert. Die Kosten der überregionalen Werbemaßnahmen wurden aus einem vom Kläger verwalteten „gemeinsamen Werbeetat” bestritten, in den jeder Franchisenehmer monatlich 1 % seiner Umsatzerlöse einzuzahlen hatte.
Die den gemeinsamen Werbeetat betreffenden Zahlungsvorgänge erfasste der Kläger in seiner Buchhaltung auf einem gesonderten Werbekonto. Der Kläger bildete in seinen Bilanzen für die auf dem Werbekonto gebuchten Erlöse, soweit ihnen kein im selben Jahr angefallener Werbeaufwand gegenüberstand, einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten, den er zu Beginn des Folgejahrs wieder auflöste.
Das FA erkannte diese Rechnungsabgrenzungsposten nicht an und löste sie gewinnerhöhend auf. Das FG wies die dagegen gerichtete Klage als unbegründet ab (EFG 2005, 27). Die Revision des Klägers hatte Erfolg.
Entscheidung
Bei den passiv abgegrenzten Werbegeldern handle es sich um zweckbestimmte Geldzuflüsse, die nach den GoB durch den Ausweis einer Verbindlichkeit erfolgsneutral zu erfassen gewesen seien.
Der Senat folge dem FG nicht darin, dass in Höhe der vom Kläger bisher nicht verausgabten Beträge keine über eine bloße abstrakte Möglichkeit hinausgehende ungewisse Verpflichtung gegeben sei. Denn den abgeschlossenen Franchisevereinbarungen sei im Weg der ergänzenden Vertragsauslegung eine Verpflichtung des Franchisegebers gegenüber seinen Franchisepartnern zu entnehmen, in absehbarer Zeit zu deren Gunsten Werbemaßnahmen im Gegenwert der von sämtlichen Franchisenehmern eingezahlten Werbebeiträge durchzuführen.
Hieraus folge in bilanzrechtlicher Sicht, dass die Zahlungen der Franchisenehmer, soweit sie noch nicht zu Werbezwecken eingesetzt worden seien, keinen Ertrag des Klägers darstellten. Vielmehr seien sie in diesem Umfang als sonstige Verbindlichkeiten auszuweisen und demgemäß erfolgsneutral zu behandeln. Da die Höhe dieser noch für Werbemaßnahmen einzusetzenden Beträge feststehe, liege eine dem Grunde und der Höhe nach feststehende Verbindlichkeit vor.
Hinweis
In der Rechtsprechung der Zivilgerichte (vgl. OLG München, Urteil vom 25.08.2005, 6 U 4084/04, OLGReport 2006, 414, unter II.C.1.) und im zivilrechtlichen Schrifttum (vgl. z.B. Giesler in Giesler/Nauschütt, Franchiserecht, § 5 Rz. 126 und 135; Sistermann in Metzlaff, Praxishandbuch Franchising, 2003, § 28 Rz. 9) wird davon ausgegangen, dass der Franchisegeber gegenüber jedem einzelnen Franchisenehmer eine Verpflichtung zur Konzeption und Durchführung überregional wirkender Werbemaßnahmen übernimmt und zugleich mit den Franchisenehmern vereinbart, die in den gemeinsamen Werbeetat einzuzahlenden Beiträge ausschließlich für diese Zwecke zu verwenden. Trotz des dem Franchisegeber hierbei gem. § 315 BGB eingeräumten Ermessens hat er auf die berechtigten Belange der Franchisenehmer Rücksicht zu nehmen (BGH, Urteil vom 23.07.1997, VIII ZR 130/96, BGHZ 136, 295, DB 1997, 2323).
Davon ausgehend erscheint es konsequent, dass der BFH im vorliegenden Streitfall in Bezug auf die im Wirtschaftsjahr der Einzahlung durch die Franchisenehmer in den gemeinsamen Werbeetat nicht (mehr) für die (überregionale) Werbung verbrauchten Beiträge eine (aufwandswirksam zu passivierende) sonstige Verbindlichkeit des Franchisegebers gegenüber seinen Franchisenehmern angenommen hat.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 22.08.2007, X R 59/04