Zusammenfassung
Im HGB wird die Bilanzierung von Bewertungseinheiten, das sog. "hedge accounting", gesetzlich geregelt.
Die Bewertung des Handelsbestands von Banken zum beizulegenden Zeitwert ist verpflichtend vorgeschrieben.
Dieser Beitrag erläutert die Regelungen des HGB zu den Finanzinstrumenten. Der Fokus liegt dabei auf einer verständlichen Darstellung der Regelungen und deren Interpretation anhand von Beispielen. Daneben sollen stets ein kurzer Vergleich zu den IFRS und Hinweise zur praktischen Umsetzung geboten werden.
1 Bewertungseinheiten
1.1 Was sind Bewertungseinheiten?
Um ihre Finanzrisiken zu steuern, ergänzen Unternehmen bestimmte Grundgeschäfte durch sogenannte "Sicherungsinstrumente". Im Rahmen einer Sicherungsbeziehung wird das Risiko eines Grundgeschäfts durch ein Sicherungsinstrument abgesichert. Ein solches Grundgeschäft und das dazugehörende Sicherungsinstrument müssen nach dem HGB als Bewertungseinheit abgebildet werden.
Kreditvereinbarung und Zinstauschvertrag
Das Grundgeschäft: Ein Unternehmen nimmt einen variabel verzinsten Kredit auf.
Das Sicherungsinstrument: Das Unternehmen schließt einen Zinstauschvertrag ab, der die variablen Zinsauszahlungen für den Kredit in fixe Zinsauszahlungen tauscht.
Folge: Das Risiko des Zinsanstiegs ist beseitigt. Das Unternehmen muss nur fixe Zinszahlungen leisten. Kredit und Zinstauschvertrag sind als Bewertungseinheit zu bilanzieren.
1.2 Regelung der Bewertungseinheiten
1.2.1 Bildung von Bewertungseinheiten
Pflicht zur Bildung
Bei Sicherungsbeziehungen sind zwingend Bewertungseinheiten zwischen den Grundgeschäften und den Sicherungsinstrumenten zu bilden (§ 254 HGB). Dies gilt hinsichtlich der vergleichbaren Risiken in dem Umfang und für den Zeitraum, in dem sich die gegenläufigen Wertänderungen ("fair values") oder Zahlungsströme ("Cashflows") von Grundgeschäft und Sicherungsinstrument ausgleichen. Die Pflicht zur Bildung von Bewertungseinheiten gilt aufgrund des Maßgeblichkeitsprinzips uneingeschränkt auch für die steuerliche Gewinnermittlung (§ 5 Abs. 1a EStG).
Mit der Pflicht zur Bildung von Bewertungseinheiten verfügt das HGB über Regeln zur Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen, die dem "hedge accounting" nach IFRS (IFRS 9 Finanzinstrumente) ähneln, sich aber nicht mit diesen decken.
1.2.2 Zulässige Grundgeschäfte
Als Grundgeschäfte für die Bildung von Bewertungseinheiten kommen folgende Posten infrage (§ 254 HGB):
- Vermögensgegenstände (z. B. Finanzanlagen)
- Schulden (z. B. Kredite)
- Schwebende Geschäfte (z. B. Fremdwährungseinzahlungen aus bereits abgeschlossenen Lieferverträgen)
- Mit hoher Wahrscheinlichkeit erwartete Transaktionen (z. B. Fremdwährungseinzahlungen aus geplanten, aber nicht bereits abgeschlossenen Lieferverträgen)
Antizipative Bewertungseinheiten
Mit erwarteten Transaktionen können sogenannte "antizipative Bewertungseinheiten" gebildet werden. Unter "antizipativen Bewertungseinheiten" versteht man Sicherungsbeziehungen zwischen einem bereits abgeschlossenen Sicherungsinstrument – meist ein Derivat – und einer geplanten ("erwarteten") Transaktion.
Absicherung von Forderungseingängen gegen Währungsschwankungen
In exportorientierten Industrieunternehmen werden häufig künftige Fremdwährungseinzahlungen aus der Begleichung von Forderungen gegen Währungsschwankungen durch Devisentermingeschäfte abgesichert. Die Absicherung wird nicht typischerweise erst bei der Umsatzrealisierung, sondern bereits bei der Bestellung oder gar der Angebotsabgabe durchgeführt. Der Abschluss der erwarteten Transaktion muss dabei "so gut wie sicher" sein. Es dürfen allenfalls nur noch außergewöhnliche Umstände dem Eintritt der Transaktion entgegenstehen, die außerhalb des Einflussbereichs des Unternehmens liegen.
1.2.3 Sicherungsinstrumente
Zulässige Hedging-Konstruktionen
In der Praxis werden im Finanzrisikomanagement folgende Konstruktionen zur Absicherung ("hedging") eingesetzt:
- "Micro hedges": Absicherung eines Grundgeschäfts
- "Portfolio hedges": Absicherung mehrerer gleichartiger Grundgeschäfte
- "Macro hedges": Absicherung mehrerer Gruppen von Grundgeschäften.
Das HGB erkennt grundsätzlich – anders als etwa IFRS – alle 3 Hedging-Konstruktionen als Grundgeschäfte zur Bildung von Bewertungseinheiten an.
Zulässige Sicherungsinstrumente
Der Kreis der Sicherungsinstrumente ist auf Finanzinstrumente beschränkt. In der Praxis werden im Finanzrisikomanagement meist derivative Finanzinstrumente eingesetzt. Im Zinsrisikomanagement spielen etwa Zinstauschverträge (Zinsswaps) und Zinsbegrenzungsgeschäfte (Caps, Floors und Collars) eine besondere Rolle. Zur Steuerung von Währungsrisiken werden demgegenüber üblicherweise Devisentermingeschäfte, Währungsswaps (Cross Currency Swaps) und Währungsoptionen eingesetzt. Nach HGB gelten auch Termingeschäfte über den Erwerb oder die Veräußerung von Waren als Finanzinstrumente (z. B. Termingeschäfte über Aluminium, Öl, Strom). Neben derivativen Finanzinstrumenten dürfen auch originäre Finanzinstrumente als Sicherungsinstrumente verwendet werden. Originäre Finanzinstrumente spielen beim Währungsrisikomanagement eine besondere Rolle (z. B. Risikoausgleich einer Fremdwährungsforderung durch eine Fremdwährungsverbindlich...