Leitsatz
Aufschiebend bedingte Provisionsansprüche eines Versicherungsvertreters sind erst mit Bedingungseintritt zu aktivieren.
Sachverhalt
Klägerin war eine GmbH, die als Versicherungsmaklerin tätig war. Für ihre Tätigkeit erhielt sie Vergütungen der Versicherungsgesellschaften. Die Provision vereinnahmte sie als Umsätze. Da es nach den Vereinbarungen mit den Versicherungen zu Teilrückzahlungen kommen konnte, wenn die vermittelten Versicherungsverträge innerhalb der ersten fünf Jahre gekündigt wurden, bildete die Klägerin für die "Stornohaftung" Rückstellungen. Das Finanzamt veranlagte zunächst erklärungsgemäß. Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung vertrat denn jedoch der Prüfer die Auffassung, die Stornogefahr sei nicht hinreichend nachgewiesen, so dass keine Rückstellung zu bilden sei. Gegen die geänderten Bescheide legte die Klägerin Einspruch ein. Anschließend erhob sie Klage. Ein erstes Urteil des Finanzgerichts in dieser Sache hob der Bundesfinanzhof auf, so dass das Finanzgericht nunmehr erneut über den Fall zu befinden hatte.
Entscheidung
Die Klage war teilweise begründet. Für die Provisionen der Versicherung sei keine Gewinnrealisierung eingetreten, so das Finanzgericht, da die Provisionen noch stornobehaftet seien. Ansprüche aus Lieferungen und Leistungen seien dann zu aktivieren, wenn der Leistungsverpflichtete seine Verpflichtung erfüllt hat und der Zahlungsanspruch entstanden ist. Dies gelte auch für die Provisionen des Versicherungsvertreters. Bei Anlegung dieser Maßstäbe ergebe sich, dass wegen der Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung noch keine Gewinnauswirkung im Streitjahr in Betracht komme, da sich die Vertragsparteien dahingehend verständigt haben. Dies ergebe sich zwar nicht aus den vertraglichen Vereinbarungen, wohl aber aus Nebenabreden der Beteiligte. Für die stornobehafteten Beträge sei deshalb eine Verbuchung als erhaltene Anzahlungen zutreffend gewesen, mit dem Ablauf der Stornohaftzeit sei dieser Betrag dann ratierlich aufzulösen. Bezüglich der Provisionen, bei denen noch keine Gewinnrealisierung eingetreten sei, sei jedoch eine Aktivierung der Aufwendungen als unfertige Leistungen vorzunehmen.
Hinweis
Die Entscheidung hat eine lange Vorgeschichte. Das Finanzgericht Münster hat der Klägerin bereits mit Urteil v. 21.12.2011 (9 K 3802/08 K,G,F,Zerl. EFG 2012 S. 1286) in weiten Teilen Recht gegeben. Der Bundesfinanzhof hob dieses Urteil jedoch auf (BFH, Urteil v. 9.10.2013, I R 15/12, BFH/NV 2014 S. 907), so dass sich das Finanzgericht erneut mit der Sache auseinander setzen musste. Dabei kommt das Gericht nun letztlich zur gleichen Entscheidung, wenngleich mit einer abweichenden Begründung. Aufgrund der Umstände, die allerdings wohl recht spezifisch in diesem Sachverhalt waren, kam die eigentlich auf der Hand liegende Erfassung in der Buchhaltung der Klägerin nicht in Betracht, nämlich einen Umsatz aus den Provisionen insoweit zu "neutralisieren", wie die Gefahr bestand, dass die Provisionen zurückgezahlt werden mussten. Gelöst hat das Finanzgericht diese dadurch, dass es eine Gewinnrealisierung verneinte; dies allerdings aufgrund der Besonderheiten des Falles, die sich kaum verallgemeinern lassen dürften. Weiterhin strittig dürfte sein, ob die Aufwendungen für die Provisionen, bei denen noch keine Gewinnrealisierung eingetreten ist, als unfertige Leistungen zu aktivieren sind. Das Finanzgericht erkennt eine solche Pflicht zu Aktivierung trotz einer Auffassung in der Literatur (etwa Krumm, in Blümich, EStG, § 5 EStG Rz. 270 Stichwort Unfertige Leistungen) sowie eines älteren Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH, Urteil v. 25.8.1955, IV R 510/53, BStBl 1955 III S. 307) nur teilweise an. Zu aktivieren ist nur ein Teil der Aufwendungen der die Provisionsforderung betrifft. Das Finanzgericht hat die zu aktivierenden Aufwendungen dabei geschätzt. Ob diese Entscheidung für die Praxis Sicherheit schafft, erscheint fraglich. Das Finanzgericht hat denn auch die Revision erneut zugelassen. Zudem ist unter dem Aktenzeichen III R 5/16 beim BFH ein weiteres Verfahren anhängig, das die Aktivierung Aufwendungen im Zusammenhang mit Vermittlungsleistungen zum Gegenstand hat. Es bleibt deshalb zu hoffen, dass der Bundesfinanzhof Rechtssicherheit schafft.
Link zur Entscheidung
FG Münster, Urteil vom 28.04.2016, 9 K 843/14 K,G,F,Zerl