Dipl.-Finw. (FH) Anna M. Nolte
2.1 Manövriermasse
Steuerbilanzpolitik kann innerhalb der Freiräume mit folgenden Mitteln betrieben werden:
- Sachverhaltsgestaltung;
- Ausschöpfung von Beurteilungsspielräumen oder
- Ausübung von Wahlrechten.
Derartige Mittel werden in den einzelnen Jahren unterschiedlich gegeben sein. Die Summe aller in einem Wirtschaftsjahr zur Verfügung stehenden steuerbilanzpolitischen Mittel wird Manövriermasse genannt.
2.2 Sachverhaltsgestaltung
Der steuerrechtlich erhebliche Sachverhalt kann durch tatsächliche Maßnahmen, wie z. B. Baumaßnahmen, Verschrottung von Wirtschaftsgütern, oder durch zivilrechtliche Gestaltungen, wie z. B. Abschluss eines Ehegatten-Arbeitsvertrags, beeinflusst werden. Der Sachverhalt muss bis zum Schluss des Wirtschaftsjahrs gestaltet sein. Eine Rückwirkung wird nicht anerkannt. Manchmal ist eine Sachverhaltsgestaltung Voraussetzung für die Ausübung von Wahlrechten.
Erhöhte Absetzungen
Erwägt der Unternehmer, erhöhte Absetzungen bei Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen in Anspruch zu nehmen, müssen die Maßnahmen bis zum Schluss des Wirtschaftsjahrs abgeschlossen worden sein. Die Frage, ob und in welcher Höhe die erhöhten Absetzungen in Anspruch genommen werden sollen, kann vorerst offenbleiben. Darüber muss bis zur Erstellung und Einreichung der Bilanz bei dem Finanzamt entschieden worden sein.
Scheingestaltungen sind unbeachtlich. Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, ist das verdeckte Rechtsgeschäft für die Besteuerung maßgebend. Ungewöhnliche Gestaltungen sollten mit Blick auf § 42 AO vermieden werden. In zweifelhaften Fällen sollte das Finanzamt vorher gefragt werden durch Einholung einer verbindlichen Auskunft oder Zusage.
2.3 Beispiele von Sachverhaltsgestaltungen, nach Bilanzpositionen gegliedert
2.3.1 Sachanlagevermögen
Beim Sachanlagevermögen besteht die Möglichkeit, die Anschaffungen von geringwertigen Wirtschaftsgütern im Hinblick auf die Sofortabschreibung vorzuziehen oder die Herstellung von Restarbeiten zu beschleunigen oder zu verzögern, je nachdem, ob der Abschreibungsbeginn für Herstellungskosten noch im laufenden oder erst im folgenden Wirtschaftsjahr angestrebt wird. Auch besteht die Möglichkeit der Bildung eines Sammelpostens.
Bei neuen beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens können zur Förderung kleinerer und mittlerer Betriebe Investitionsabzugsbeträge geltend gemacht und Sonderabschreibungen vorgenommen werden. Ggf. können die Investitionsabzugsbeträge im Folgejahr bis zur zulässigen Obergrenze aufgestockt werden. Auch können sie verringert werden.
Bei Erhalt von Investitionszuschüssen hat der Steuerpflichtige ein Wahlrecht, den Zuschuss als sofortige Betriebseinnahme anzusetzen. In diesem Fall werden die Anschaffungs- und Herstellungskosten der betreffenden Wirtschaftsgüter durch die Zuschüsse nicht berührt. Wahlweise können die Zuschüsse auch erfolgsneutral behandelt werden. Die betroffenen Anlagegüter dürfen dann nur mit den um die Zuschüsse verringerten Anschaffungs- oder Herstellungskosten angesetzt werden; hiervon sind auch die AfA und ggf. erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen vorzunehmen.
2.3.2 Immaterielles Anlagevermögen
Erhöhung des Forschungsaufwands für eine Erfindung, die dem Aktivierungsverbot unterliegt; soll hingegen der Gewinn angehoben werden, kann es angebracht sein, ein bereits entwickeltes Patent, das einen Buchwert von 0 EUR hat, nicht in Lizenz zu vergeben, sondern gewinnrealisierend zu veräußern.
2.3.3 Umlaufvermögen
Beschleunigung der Lagerzugänge von Waren bei steigenden Preisen im Hinblick auf das "last in – first out-Verfahren"; bei langfristiger Fertigung können Teilleistungen vereinbart werden. Folge: Teilgewinnrealisierung zur Vermeidung einer zusammengeballten Gewinnrealisierung im Zeitpunkt der Endabnahme.
2.3.4 Forderungen aus Lieferungen und Leistungen
Beeinflussung des Forderungsbestands durch die Beschleunigung oder Verzögerung gewinnrealisierender Veräußerungen gegen Jahresende, etwa durch gezielte Werbeaktionen oder die Zusage von Sonderkonditionen; schnelle oder langsame Erledigung von Bestellungen.
2.3.5 Rückstellungen
Nach handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung gebildete Rückstellungen sind auch in der Steuerbilanz anzusetzen, soweit steuerliche Sondervorschriften dem nicht entgegenstehen und die Bildung der Rückstellungen betrieblich veranlasst ist. Jubiläumsrückstellungen dürfen nur ...