Dipl.-Finw. (FH) Anna M. Nolte
Das Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen v. 22.12.2016 dient der Sicherstellung der Unveränderbarkeit digitaler Grundaufzeichnungen, z. B. in elektronischen Registrierkassen. U. a. schützt es elektronische Aufzeichnungssysteme durch eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung und führt die Kassen-Nachschau (§ 146b AO) ein.
Durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/514 des Rates vom 22.3.2021 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Modernisierung des Steuerverfahrensrechts v. 22.11.2022 wurden die Möglichkeiten des Datenzugriffs durch die Finanzverwaltung erheblich erweitert.
6.1.6.1. Aufzeichnungsvorschriften / Aufzeichnungssysteme
Der neue § 146a AO hat ab dem VZ 2020 einen Rechtsrahmen für elektronische Aufzeichnungssysteme geschaffen. Danach muss gewährleistet sein, dass elektronische Aufzeichnungssysteme alle Vorgänge, wie z. B. Geschäftsvorfälle, sofort im Zeitpunkt des Beginns dieses Vorfalls aufzeichnen und protokollieren. Dies war bisher nur durch Verwaltungsvorschriften geregelt.
§ 146a Abs. 1 AO schreibt vor, dass jeder, der aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfälle oder andere Vorgänge mit Hilfe eines elektronischen Aufzeichnungssystems erfasst, sicherstellen muss, dass es sich um ein System handelt, das die Vorgänge einzeln, vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet aufzeichnet. Zum Schutz dieses Systems ist eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung vorgeschrieben, die aus einem Sicherheitsmodul, einem Speichermedium und einer einheitlichen digitalen Schnittstelle bestehen muss. Das dient dem Schutz der Authentizität und Integrität sowie der Vollständigkeit der aufgezeichneten Daten. Die Zertifizierung ist durch die Hersteller bzw. Entwickler der zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik – BSI – zu beantragen.
Elektronische Aufzeichnungssysteme in diesem Sinne sind elektronische oder computergestützte Systeme, mit denen aufbewahrungspflichtige Grundaufzeichnungen geführt werden, wie z. B. Registrierkassen. Näheres regelt die Kassenensicherungsverordnung.
Mit dem BMF, Schreiben v. 12.1.2024, hat die Finanzverwaltung Hinweise auf die Veröffentlichung der aktuellen Version der Digitalen Schnittstelle der Finanzverwaltung für Kassensysteme (DVFinV-K) in der Version 2.4 bekannt gemacht.
Unter die vorgeschriebene fortlaufende Einzelaufzeichnungspflicht fallen insbesondere
- Kasseneinnahmen und -ausgaben,
- Trainingsbuchungen; diese sind als Daten zu erfassen, zu protokollieren und als solche zu kennzeichnen,
- Entnahmen oder Einlagen, Sofort-Storno, Nachstorno, durchlaufende Posten.
Das Kriterium "geordnet" dient dazu, dass es einem sachverständigen Dritten möglich ist, sich in angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und den Saldo im elektronischen Aufzeichnungssystem zu verschaffen, und zwar in Entstehung und Abwicklung, progressiv und retrograd. Die Sicherungsverpflichtung bedeutet auch, dass bei Verkauf oder Verschrottung des elektronischen Aufzeichnungssystems die digitalen Aufzeichnungen für die Dauer der gesetzlich vorgeschriebenen Aufbewahrungsfristen auf einem – ggf. anderen – Speichermedium gesichert und verfügbar gehalten werden.
Zu diesen und weiteren Ordnungsvorschriften für die Buchführung und für Aufzeichnungen mittels elektronischer Aufzeichnungssysteme vgl. ausführlich Anwendungserlass AEAO zu § 146a AO.
6.1.6.2. Manipulationsschutz
§ 146a Abs. 1 Satz 5 AO enthält die eigentliche Regelung zum Schutz vor Manipulationen. Danach ist es verboten, die Aufzeichnungssysteme i. S. d. § 146a Abs. 1 Sätze 1-3 AO sowie Software hierfür, die den dort genannten Anforderungen nicht entsprechen, gewerbsmäßig zu bewerben oder in Verkehr zu bringen. Nicht unter dieses Verbot fällt das gewerbsmäßige Bewerben oder In-den-Verkehr-bringen von elektronischen Aufzeichnungssystemen ohne technische Sicherheitseinrichtung in ein Gebiet außerhalb des Geltungsbereichs der AO. Allerdings ist es nicht zulässig, solche Aufzeichnungssysteme außerhalb des Geltungsbereichs der AO zu erwerben, um sie unter Umgehung der Regelungen des § 146a Abs. 1-3 AO im Inland einzusetzen.
6.1.6.3. Belegausgabepflicht
§ 146a Abs. 2 AO bestimmt, dass jeder an einem aufzeichnungspflichtigen Geschäftsvorfall i. S. d. § 146a Abs. 1 Satz 1 AO Beteiligte einen Anspruch auf die Ausstellung eines Beleges hat. Die Finanzbehörden können hiervon aus Zumutbarkeitsgründen – widerrufbare – Ausnahmen genehmigen (§ 148 AO), wie z. B. bei Verkauf von Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen (z. B. Brötchenverkauf beim Bäcker oder Zeitungskauf am Kiosk). Der Beteiligte ist aber nicht verpflichtet, den Beleg mitzunehmen.
6.1.6.4. Ort der Führung und Aufbewahrung von Büchern und sonstigen Aufzeichnungen
Grundsätzlich sind Bücher und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen im Geltungsbereich der AO zu...