Rn 1
Der Beginn der Reform des Insolvenzrechts reicht viele Jahrzehnte zurück. Nachdem seit 1970 ein drastischer Anstieg der Zahl der Anträge auf Eröffnung von Konkursverfahren zu verzeichnen war, andererseits der Anteil der Konkursverfahren, die auch eröffnet wurden, stetig herabsank und seit vielen Jahren bei einer Quote von etwa 25 % verblieben war, des Weiteren die Vergleichsordnung nahezu keine praktische Relevanz mehr hatte und auch in eröffneten Konkursverfahren für die einfachen, nicht bevorrechtigten Gläubiger allenfalls Quoten auf deren Forderungen von durchschnittlich 5 % zu erzielen waren, wurde ein weitgehender Funktionsverlust des Insolvenzrechts konstatiert, was mit dem Begriff "Konkurs des Konkurses" prägnant ausgedrückt wurde.
Rn 2
Der Befund des Funktionsverlustes des Insolvenzrechts galt seinerzeit auch für die Gesamtvollstreckungsordnung. Auch dort kam es nach einer anfänglich hohen Zahl von Verfahrenseröffnungen ebenfalls ganz überwiegend zur Abweisung der Anträge auf Gesamtvollstreckung mangels Masse.
Rn 3
Vor diesem Hintergrund setzte der seinerzeitige Bundesminister der Justiz Dr. Hans- Jochen Vogel 1978 eine Sachverständigenkommission für Insolvenzrecht ein, welche Vorschläge für eine Reform des gesamten Insolvenzrechts ausarbeiten sollte. 1985 wurde der erste Bericht der Sachverständigenkommission vorgelegt, 1986 folgte ein zweiter Bericht, die nicht unwesentlich durch die Verhandlungen des 51. und des 54. Deutschen Juristentages beeinflusst waren.
Rn 4
Im Jahr 1988 wurde vom Bundesjustizministerium ein Diskussionsentwurf für ein "Gesetz zur Reform des Insolvenzrechtes" vorgelegt, der 1989 ergänzt wurde. Ebenfalls 1989 wurde ein Referentenentwurf für ein "Gesetz zur Reform des Insolvenzrechtes" vorgelegt. 1990 folge ein Referentenentwurf für ein "Einführungsgesetz zum Gesetz zur Reform des Insolvenzrechtes", 1992 wurde schließlich der Entwurf der Bundesregierung für eine Insolvenzordnung (InsO) vorgelegt, ebenso ein Regierungsentwurf für ein Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung (EGInsO). Die Regierungsentwürfe markieren den Beginn des förmlichen Gesetzgebungsverfahrens.
Rn 5
Durch die Beratungen des Rechtsausschusses des Bundestags erfuhr der Regierungsentwurf zahlreiche Veränderungen, zum einen durch Straffung und Vereinfachung zahlreicher Regelungen, zum anderen durch Neueinführung eines eigenen Insolvenzverfahrens für Verbraucher.
Rn 6
Am 21.04.1994 erfolgte die Verabschiedung des Gesetzes auf der Grundlage der Beratungen des Rechtsausschusses.
Rn 7
Nachdem im Ergebnis der Anrufung des Vermittlungsausschusses durch den Bundesrat der Zeitpunkt des Inkrafttretens der Insolvenzordnung und des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung vom 01.01.1997 auf den 01.01.1999 verlegt worden war, stimmten der Bundestag am 17.06.1994 und der Bundesrat am 08.07.1994 den Empfehlungen des Vermittlungsausschusses zu, sodass die Insolvenzordnung und das Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung am 18.10.1994 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden konnten.
Rn 8
Teile der Insolvenzordnung sind aufgrund Art. 110 Abs. 1 und Abs. 3 EGInsO seit dem 19.10.1994, dem Tag nach der Verkündung der InsO und des EGInsO, in Kraft; dies betrifft maßgeblich Vorschriften der Insolvenzordnung, die Verordnungsermächtigungen für die Bundesländer zur Umsetzung der Insolvenzordnung beinhalten, des Weiteren sind die Regelungen des § 104 InsO durch Art. 105 EGInsO ebenfalls vorzeitig in Kraft gesetzt worden.
Rn 9
Durch das Arbeitsrechtliche Beschäftigungsförderungsgesetz 1996 wurden mit Wirkung zum 01.10.1996 die arbeitsrechtlichen Teile der Insolvenzordnung (§§ 113, 120–122 und 125–128) vorzeitig für die alten Bundesländer durch Änderung von § 1 KSchG und § 113 BetrVG unter Anpassung an die bisherige Diktion der Konkursordnung ebenfalls vorzeitig in Kraft gesetzt.
Rn 10
Ziel der Reform des gesamten Insolvenzrechts war die Beseitigung der eingetretenen Funktionsunfähigkeit der geltenden Insolvenzgesetze und damit die Wiederherstellung der Ordnungsaufgabe des Insolvenzrechts in einer sozialen Marktwirtschaft.