Rn 62
Der Bundesrat hat den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Insolvenzordnung (InsO) unter dem 22.04.2020 vorgelegt. Durch die geplante Neufassung von § 64 Abs. 2 InsO soll klargestellt werden, dass grundsätzlich die Bekanntmachung des vollständigen Beschlusses zu erfolgen hat, soweit schützenswerte Interessen bestimmter Beteiligter nicht ausnahmsweise eine nur auszugsweise Veröffentlichung der Beschlussgründe gebieten. Einige Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger verfahren nicht entsprechend der Rechtsprechung des BGH. Sie folgen vielmehr noch immer der bisherigen Praxis – Bekanntmachung lediglich des Umstandes, dass ein Beschluss ergangen und auf der Geschäftsstelle einsehbar ist – und berufen sich dabei auf ihre sachliche Unabhängigkeit gem. § 9 des Rechtspflegergesetzes. In der Praxis hat dies zur Folge, dass entsprechende Veröffentlichungen gem. § 64 Abs. 2 InsO unwirksam sind und deshalb die Beschlüsse grundsätzlich unbefristet angreifbar bleiben.
Rn 63
Für Insolvenzverwalterinnen und -verwalter besteht in diesen Fällen die Gefahr, dass Beschlüsse nachträglich aufgehoben werden und die Entnahme der Vergütung vor Eintritt der Rechtskraft im Extremfall sogar den Straftatbestand der Untreue erfüllen kann. Darüber hinaus sind auch staatshaftungsrechtliche Ansprüche denkbar.
Rn 64
Rechtssicherheit für alle Betroffenen und Beteiligten (Insolvenzverwalterinnen und -verwalter, Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger, Insolvenzgläubigerinnen und -gläubiger, Länder) kann daher nur erreicht werden, wenn das Gesetz die eindeutige Vorgabe gibt, dass die Bekanntmachung des vollständigen Beschlusses zu erfolgen hat, insbesondere also auch von Beschlusstenor und Beschlussgründen und grundsätzlich nur die festgesetzten Beträge, wie nach bisheriger Rechtslage, davon ausgenommen sind. Nur ausnahmsweise ist darüber hinaus aus Verhältnismäßigkeitsgründen von einer im Übrigen vollständigen Veröffentlichung der Beschlussgründe dann abzusehen, wenn hierdurch schützenswerte Interessen bestimmter Beteiligter verletzt werden. In diesem Fall sind auch die entsprechenden Teile der Beschlussgründe von der Veröffentlichung auszunehmen und ist dies kenntlich zu machen. Auch insoweit ist in der öffentlichen Bekanntmachung, wie bisher, darauf hinzuweisen, dass der vollständige Beschluss in der Geschäftsstelle eingesehen werden kann. Es ist daher dringend geboten, durch eine entsprechende Neufassung von § 64 Abs. 2 diese Vorgaben auch gesetzgeberisch klarzustellen.