3.1. Begrifflichkeit: Gruppeninterne Drittsicherheit
Rn 7
Entsprechend der Legaldefinition in § 217 Abs. 2 handelt es sich bei gruppeninternen Drittsicherheiten um den Insolvenzgläubigern eingeräumte Rechte, die diesen von einem verbundenen Unternehmen i.S.v. § 15 AktG
- entweder aus einer als Bürge, Mitschuldner oder aufgrund einer anderweitig übernommenen Haftung oder
- an Gegenständen des Vermögens dieses Unternehmens zustehen.
Rn 8
Anders als noch im Regierungsentwurf zum SanInsFoG vorgesehen, umfasst die Gesetz gewordene Neuregelung nicht nur die von einem Tochterunternehmen i.S.v. § 290 HGB zu Gunsten der Muttergesellschaft gestellte Sicherheit; stattdessen ist entsprechend der Empfehlung des Rechtsausschusses diese Beschränkung gestrichen und sind auch von Mutter- oder Schwesterunternehmen gestellte Drittsicherheiten in den Anwendungsbereich von § 217 Abs. 2 einbezogen worden. Damit werden nunmehr sowohl Up- und Down- als auch Crossstream Sicherheiten erfasst.
Rn 9
Die Art der Sicherheit, in die der Eingriff in den Insolvenzplan erfolgen kann, hat der Gesetzgeber umfassend ausgestaltet. Der Insolvenzplan kann bei Vorliegen der erforderlichen Voraussetzungen in jede Personal- und Sachsicherheit eingreifen. In Betracht kommen z.B. einerseits Bürgschaft, Schuldbeitritt, Garantie und Patronatserklärung sowie andererseits Grundschuld, Hypothek, Pfandrechte an Sachen und Gegenständen, Sicherungsübereignung und -abtretung.
Rn 10
Die Gestaltung der Sicherheit, d.h. der Eingriff selbst kann insbesondere in einem (teilweisen) Erlass, einer Stundung oder einer Freigabe der Sicherheit zugunsten der Insolvenzmasse bestehen.
Rn 11
§ 223a setzt nicht voraus, dass sich das die Drittsicherheit stellende verbundene Unternehmen seinerseits in finanziellen Schwierigkeiten befindet. Auch wenn der Sicherheitengeber nicht insolvenzreif ist oder insolvenzreif zu werden droht und die Sicherheit folglich werthaltig ist, kann die Drittsicherheit gestaltet werden. Das in § 251 Abs. 1 Nr. 2 verankerte Schlechterstellungsverbot verhindert in diesem Fall Planregelungen zulasten der gesicherten Gläubiger.
3.2. § 223a Satz 1 (Grundsatz): gruppeninterne Drittsicherheiten bleiben unberührt.
Rn 12
Satz 1 der Vorschrift bestimmt, dass – sofern im Insolvenzplan nichts anderes bestimmt ist – das Recht eines Gläubigers aus einer gruppeninternen Drittsicherheit durch den Insolvenzplan nicht berührt wird. Die Norm weist damit Parallelen zu § 254 Abs. 2 Satz 1 auf, der allgemein für Drittsicherheiten (z.B. aufgrund von einer Mitschuldnerschaft, einer Bürgschaft, einer Garantie, eines Aussonderungsrechts etc.) regelt, dass ein Insolvenzplan insoweit keine Wirkung zeitigt, also die Insolvenzgläubiger unabhängig von dem beschlossenen Insolvenzplan die Drittsicherheiten in Anspruch nehmen können. § 223a Satz 1 überträgt diese Regelung im Grundsatz auch auf gruppeninterne Drittsicherheiten. Auch sie bleiben grundsätzlich von den Planregelungen unberührt, d.h. die Gläubiger können trotz Insolvenzplans die gruppeninternen Sicherheiten weiterhin in Anspruch nehmen. Die Regelung führt also ebenso wie im Fall des § 254 Abs. 2 Satz 1 zu einer Durchbrechung des Grundsatzes der Akzessorietät, weil das Sicherungsrecht, obwohl die Hauptforderung durch teilweise Forderungsverzichte/-erlasse nicht mehr in Gänze durchsetzbar ist, vollumfänglich in Anspruch genommen werden kann. Sie erklärt sich dadurch, dass der Insolvenzplan nur zu nicht mehr durchsetzbaren Forderungen, aber keineswegs erloschenen, sondern als unvollkommene Verbindlichkeiten fortbestehenden Forderungen (Naturalobligationen) führt.
3.3. § 223a Satz 2 (Ausnahme): Anderweitige Planregelung
Rn 13
Satz 2 der Vorschrift stellt einerseits im Zusammenspiel mit § 217 Abs. 2 nochmals klar, dass durch einen Insolvenzplan in gruppeninterne Drittsicherheiten eingegriffen werden kann, und sieht andererseits für den Fall eines solchen Eingriffs eine Verpflichtung zur angemessenen Entschädigung vor. Durch diese Regelung wird damit erstmals für (gruppeninterne) Drittsicherheiten überhaupt eine Eingriffsmöglichkeit mittels Insolvenzplans geschaffen. Für sonstige Drittsicherheiten besteht diese Gestaltungsmöglichkeit nicht, d.h. für sie kennt § 254 keine § 223 Satz 2 vergleichbare Regelung. In sie kann dementsprechend nur im Einverständnis mit den durch die Drittsicherheiten begünstigten Gläubigern eingegriffen werden.
Rn 14
Zu beachten ist jedoch, dass die Eingriffsmöglichkeit erst mit rechtskräftiger Bestätigung des Insolvenzplans besteht. Bis dahin kann der durch die Drittsicherheit Begünstigte also deren Verwertung betreiben. Das gilt auch noch während des Eröffnungsverfahrens, weil sich eine Anordnung des Gerichts, wonach Zwangsvollstreckungsmaßnahmen untersagt sind (§ 21 Abs. 2 InsO...