Gesetzestext

 

(1) 1Ein Schuldner, der mindestens zwei der drei in § 22a Absatz 1 genannten Voraussetzungen erfüllt, hat an dem für ihn zuständigen Insolvenzgericht Anspruch auf ein Vorgespräch über die für das Verfahren relevanten Gegenstände, insbesondere die Voraussetzungen für eine Eigenverwaltung, die Eigenverwaltungsplanung, die Besetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses, die Person des vorläufigen Insolvenzverwalters oder Sachwalters, etwaige weitere Sicherungsanordnungen und die Ermächtigung zur Begründung von Masseverbindlichkeiten. 2Wenn der Schuldner nach Satz 1 keinen Anspruch auf ein Vorgespräch hat, liegt das Angebot eines Vorgesprächs im Ermessen des Gerichts.

(2) Mit Zustimmung des Schuldners kann das Gericht Gläubiger anhören, insbesondere, um deren Bereitschaft für eine Mitgliedschaft in einem vorläufigen Gläubigerausschuss zu erörtern.

(3) Die Abteilung, für die der Richter das Vorgespräch nach Absatz 1 Satz 1 führt, ist in den sechs Monaten nach dem Vorgespräch für das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners zuständig.

I. Allgemeines

 

Rn 1

Mit dem Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG)[1] wurde § 10a mit Wirkung zum 01.01.2021[2] neu geschaffen. Es wird mit der Norm das sog. Vorgespräch normiert, welches bis dato schon ein in der insolvenzgerichtlichen Praxis häufig genutztes Mittel war. Diese Art der Vorabstimmung mit dem Insolvenzgericht wird seitens der Praxis als ein wesentlicher Erfolgsfaktor für erfolgreiche Eigenverwaltungen benannt.[3]

 

Rn 2

Durch diese legislatorischen Vorgaben wird nicht nur eine Vereinheitlichung, was einen klaren Rechtsrahmen für die Beteiligten schafft, sondern zugleich auch ein gewisses Maß an Bindungswirkung, etwa durch Abs. 3, geschaffen.

 

Rn 3

Das Vorgespräch dient der Vorbereitung eines etwaigen Insolvenzverfahrens.[4] In ihm können alle für das Verfahren relevanten Gegenstände erörtert werden.[5]

 

Rn 4

§ 10a Abs. 1 Satz 1 sieht einen Anspruch des Schuldners auf das Vorgespräch vor, sobald er mindestens zwei der drei in § 22a Abs. 1 genannten Voraussetzungen erfüllt.

 

Rn 5

Ist dies nicht der Fall, kann das zuständige Insolvenzrecht ein solches Vorgespräch gleichwohl durchführen, doch steht dieses Angebot dann gem. Abs. 1 Satz 2 im Ermessen des Gerichts. Diese Differenzierung und damit die Bewertung als "Anspruchsgespräch" oder "Ermessensgespräch" ist vor dem Hintergrund des Abs. 3 von erheblicher Bedeutung. Die innergerichtliche Zuständigkeit wird durch die Führung des Gesprächs bei einem Anspruchsgespräch auf eben diejenige Abteilung für sechs Monate festgelegt, für die der Richter das Vorgespräch nach Abs. 1 Satz 1 geführt hat.

Auch im Rahmen eines Restrukturierungsverfahrens nach dem StaRUG ist ein Vorgespräch, und damit die analoge Anwendung von § 10a, angezeigt.[6]

 

Rn 6

Das Vorgespräch begründet weder eine örtliche Zuständigkeit, noch begründet oder fixiert es eine inhaltliche Bindung des befassten Insolvenzgerichts[7] oder gar einen Anspruch des Schuldners auf bestimmte Entscheidungen.[8]

[1] BGBl. I 2020. S. 3256.
[2] Art. 25 Abs. 1 SanInsFoG.
[3] BT-Drs. 19/24181, 192.
[4] BT-Drs. 19/24181, 192.
[5] BT-Drs. 19/24181, 192.
[6] AG Hamburg, Beschl. v. 17.01.2022 – 61c RES 1/21, ZInsO 2022, 671.
[7] Sämisch, ZInsO 2022, 438 (439).
[8] BT-Drs. 19/24181, 193.

II. Anspruchsgespräch, Abs. 1 Satz 1

 

Rn 7

Damit das Gericht prüfen kann, ob ein Anspruch des Schuldners auf ein Vorgespräch nach Abs. 1 Satz 1 besteht, muss gegenüber dem Gericht dargelegt werden, um welches Unternehmen es sich handelt, dass das Gericht örtlich zuständig ist und dass das Unternehmen jedenfalls zwei der drei Merkmale des § 22a Abs. 1 erfüllt.[9] Durch die Angabe dieser Informationen und Parameter wird das Gericht in die Lage versetzt zu prüfen, ob der Schuldner einen Anspruch auf das Vorgespräch hat.

 

Rn 8

Da der Amtsermittlungsgrundsatz nach § 5 schon mit den Angaben zum Vorgespräch einsetzt, sollten die notwendigen Informationen und Angaben glaubhaft gemacht werden.

 

Rn 9

Zugrunde zu legen sind, bezogen auf das vorangegangene Geschäftsjahr, mindestens 6.000.000 Euro Bilanzsumme nach Abzug eines auf der Aktivseite ausgewiesenen Fehlbetrags im Sinne des § 268 Abs. 3 HGB, mindestens 12.000.000 Euro Umsatzerlöse in den zwölf Monaten vor dem Abschlussstichtag, sowie im Jahresdurchschnitt mindestens fünfzig Arbeitnehmer. Zwei dieser drei Prämissen müssen erfüllt, und entsprechend darzulegen.

 

Rn 10

Demgegenüber bedarf es nicht der Überlassung eines ausgearbeiteten Entwurfs des Insolvenzantrags nebst den hierfür notwendigen Unterlagen. Ein Antragsentwurf muss weder vor dem eigentlichen Vorgespräch, noch in dem Gespräch vorgelegt werden.[10]

 

Rn 11

Das Vorgespräch hat bei dem zuständigen Insolvenzgericht stattzufinden. Die Frage der örtlichen Zuständigkeit richtet sich nach § 3 Abs. 1.

 

Rn 12

Im Falle einer Konzerninsolvenz im Sinne der Zuständigkeitsregelungen nach § 3a sollten alle in Betracht kommenden Insolvenzgerichte im Anwendungsbereich des § 3a auch zu allen möglichen Insolvenzverfahren einer Gruppeninsolvenz das Vorgespräch ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge