Gesetzestext
(1) Wird über die Vermögen von gruppenangehörigen Schuldnern die Eröffnung von Insolvenzverfahren beantragt oder wurden solche Verfahren eröffnet, kann das für die Eröffnung von Gruppen-Folgeverfahren zuständige Gericht (Koordinationsgericht) auf Antrag ein Koordinationsverfahren einleiten.
(2) 1Antragsberechtigt ist jeder gruppenangehörige Schuldner. 2§ 3a Absatz 3 findet entsprechende Anwendung. 3Antragsberechtigt ist auch jeder Gläubigerausschuss oder vorläufige Gläubigerausschuss eines gruppenangehörigen Schuldners auf der Grundlage eines einstimmigen Beschlusses.
1. Normzweck
Rn 1
§ 269d wurde ebenfalls mit dem Gesetz zur Erleichterung der Bewältigung von Konzerninsolvenzen eingeführt und bietet die Möglichkeit ein sog. Koordinationsverfahren einzuleiten. Im Rahmen eines solchen Verfahrens wird vom Insolvenzgericht ein Verfahrenskoordinator bestellt (§ 269e). Dieser hat als neutrale dritte Person für eine abgestimmte Abwicklung der Verfahren zu sorgen (vgl. hierzu im Einzelnen § 269f) und kann hierfür insbesondere einen Koordinationsplan vorlegen (vgl. hierzu im Einzelnen § 269h und § 269i).
Rn 2
Die Norm findet Anwendung, wenn entgegen dem gesetzlichen Ideal kein Einheitsverwalter für sämtliche Konzerngesellschaften bestellt wurde. Das Koordinationsverfahren soll über die in § 269a bis § 269c geregelten Vorschriften zur Kooperation hinaus als zusätzliches Restrukturierungsinstrument die Abstimmung zwischen den Einzelverfahren mit verschiedenen Insolvenzverwaltern verbessern, ohne die Selbstständigkeit der Einzelverfahren infrage zu stellen. Einigungshindernisse aufgrund von Informationsdefiziten sollen eingedämmt werden; Blockadehaltungen kann das Koordinationsverfahren indes nicht überwinden. Eine Verpflichtung, ein derartiges Verfahren einzuleiten, besteht nicht. Vielmehr liegt es in den Händen der gruppenangehörigen Schuldner bzw. nach § 3a Abs. 3 in den Händen des Insolvenzverwalters sowie der (vorläufigen) Gläubigerausschüsse, ob eine Einleitung erfolgt.
2. Zuständiges Gericht (Koordinationsgericht)
Rn 3
Zuständig ist das nach § 3a zuständige Gericht des Gruppengerichtsstandes (vgl. zum Gericht des Gruppengerichtsstandes im Einzelnen unter § 3a). Das Gericht muss sich vor der Entscheidung über die Eröffnung des Koordinationsverfahrens bereits als Gericht des Gruppengerichtstandes i.S.d. § 3a für zuständig erklärt haben bzw. seine Zuständigkeit als Gericht des Gruppengerichtsstandes sowie die Einleitung des Koordinationsverfahrens gleichzeitig erklären. Wurde noch kein Antrag auf Begründung eines Gruppen-Gerichtsstandes nach § 3a gestellt, ist der Antrag auf Einleitung eines Koordinationsverfahren dahingehend auszulegen, dass bei dem angerufenen Gericht auch der Gruppengerichtsstand begründet werden soll.
3. Antrag
3.1 Antragsberechtigung
Rn 4
Antragsberechtigt sind gemäß § 269d Abs. 2 der Schuldner sowie jeder (vorläufige) Gläubigerausschuss eines gruppenangehörigen Schuldners, sofern dessen Mitglieder einen einstimmigen Beschluss getroffen haben, einen derartigen Antrag stellen zu wollen. Hinsichtlich des Beschlusses gelten die allgemeinen Regeln hinsichtlich eines ordnungsgemäßen Beschlusses eines Gläubigerausschusses i.S.v. § 72 (vgl. hierzu § 72 Rn. 2 ff.).
Rn 5
Gemäß § 269d Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 3a Abs. 3 geht die Antragsberechtigung des Schuldners mit Verfahrenseröffnung auf den Insolvenzverwalter und mit Bestellung eines vorläufig starken Insolvenzverwalters auf diesen über. Im Fall der Eigenverwaltung verbleibt das Antragsrecht nach § 270g Satz 2 beim Schuldner.
Rn 6
Da zur Antragstellung lediglich der "Schuldner" oder ein Gläubigerausschuss berechtigt ist, kann der Antrag nur von gruppenangehörigen Schuldnern gestellt werden, die zumindest bereits einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen gestellt haben. Ein Antragsrecht für von der Insolvenz überhaupt nicht betroffene Gruppenunternehmen erscheint auch nicht zielführend. Schließlich würden diese auch nicht am Koordinationsverfahren beteiligt. Es ist daher nicht ersichtlich, warum sie u.U. sogar gegen den Willen der übrigen Unternehmen ein Koordinationsverfahren herbeiführen können sollten, von dem sie letztendlich noch nicht einmal direkt profitieren.
Rn 7
Der Gruppen-Gläubigerausschuss ist nicht antragsberechtigt.
Rn 8
Eine Besonderheit gilt für Institute nach § 10a KWG. Bei übergeordneten Finanzholding-Gesellschaften und gruppenangehörigen Instituten liegt gemäß § 46b Abs. 1a Satz 2 KWG die Entscheidung über ein Koordinationsverfahren bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, welche das...