Gesetzestext

 

(1) 1Der Insolvenzverwalter eines gruppenangehörigen Schuldners hat im Berichtstermin den Koordinationsplan zu erläutern, wenn dies nicht durch den Verfahrenskoordinator oder eine von diesem bevollmächtigte Person erfolgt. 2Der Insolvenzverwalter hat im Anschluss an die Erläuterung zu begründen, von welchen im Plan beschriebenen Maßnahmen er abweichen will. 3Liegt zum Zeitpunkt des Berichtstermins noch kein Koordinationsplan vor, so kommt der Insolvenzverwalter seinen Pflichten nach den Sätzen 1 und 2 in einer Gläubigerversammlung nach, für die das Insolvenzgericht alsbald einen Termin bestimmt.

(2) Auf Beschluss der Gläubigerversammlung ist der Koordinationsplan einem vom Insolvenzverwalter auszuarbeitenden Insolvenzplan zugrunde zu legen.

1. Normzweck

 

Rn 1

Die Vorschrift soll gewährleisten, dass in den einzelnen Berichtsterminen (vgl. im Einzelnen zum Berichtstermin als erste Gläubigerversammlung § 29 Rn. 4 ff.) bzw. in einer gesonderten Gläubigerversammlung sämtliche Gläubiger der Einzelinsolvenzverfahren über den Inhalt des Koordinationsplanes informiert werden und somit auch sachgerechte Entscheidungen über das Koordinationsprojekt treffen können.[1] Zudem sollen die Einzelverwalter verpflichtet werden, gegenüber den Gläubigern ihres Insolvenzverfahrens eventuell beabsichtigte Abweichungen von den vorgeschlagenen Maßnahmen zu begründen.[2] Damit gewährleistet die Norm eine gewisse Kontrolle des einzelnen Insolvenzverwalters. Die Erläuterungs- und Rechtfertigungspflicht sowie das bei Abweichungen zulasten der Gläubiger bestehende Risiko für den Einzelverwalter, nach § 60 InsO zu haften, führt mittelbar zu einer Bindungswirkung des Koordinationsplans für die einzelnen Gruppeninsolvenzverfahren (vgl. § 269h Rn. 21 f.).[3]

 

Rn 2

Darüber hinaus bietet § 269i Abs. 2 der Gläubigerversammlung die Möglichkeit eine Bindungswirkung des Koordinationsplanes dahingehend zu erreichen, dass der Insolvenzverwalter den Koordinationsplan zur Grundlage eines auszuarbeitenden Insolvenzplanes machen muss. Der Gesetzgeber möchte mit dieser Regelung im Fall eines vorliegenden Koordinationsplanes den in § 157 Satz 2 enthaltenen Gedanken präzisieren, dass die Gläubigerversammlung den Insolvenzverwalter mit der Ausarbeitung eines Insolvenzplanes beauftragen und ihm das Ziel des Plans vorgeben kann.

[1] MünchKomm/Eidenmüller/Frobenius, § 269i Rn. 6.
[2] Flöther-Pleister/Theusinger, Handbuch Konzerninsolvenzrecht, § 4 Rn. 395.
[3] Braun-Esser, § 296i Rn. 1; Höfer/Harig, NZI-Beilage 2018, 38.

2. Zur Erläuterung berechtigte Person

 

Rn 3

Die Erläuterung des Koordinationsplanes soll vorrangig vom Verfahrenskoordinator durchgeführt werden.

 

Rn 4

Für den Fall, dass der Verfahrenskoordinator die Erläuterung nicht vornimmt, ist jeder einzelne Insolvenzverwalter in seinem Insolvenzverfahren zur Erläuterung des Koordinationsplanes verpflichtet. Im Fall der Eigenverwaltung obliegt diese Pflicht den Organen des eigenverwaltenden Schuldners. Dies ergibt sich zwar nicht aus § 270g, aber aus dem allgemeinen Grundsatz gemäß § 270 Abs. 1 Satz 1, wonach der Schuldner an die Stelle des Insolvenzverwalters tritt.

 

Rn 5

Ein gemeinsames Auftreten von Verfahrenskoordinator und Insolvenzverwalter dürfte als vertrauensbildende Maßnahme und Zeichen konzernweiter Zusammenarbeit der Insolvenzverwalter mit dem Verfahrenskoordinator regelmäßig von Vorteil sein. Die Erläuterung durch den Verfahrenskoordinator bzw. dessen Personal wird daher der Regelfall sein, zumal der Verfahrenskoordinator wesentlich detailliertere Kenntnisse vom Inhalt des Koordinationsplanes haben dürfte. Die Entscheidung darüber, ob die Erläuterung durch den Verfahrenskoordinator oder den Insolvenzverwalter erfolgt, obliegt nach dem Wortlaut von § 269f Abs. 1 Satz 3 dem Verfahrenskoordinator. Er hat insoweit ein Rederecht, während den Insolvenzverwalter eine Pflicht zur Erläuterung trifft, soweit dies nicht durch den Verfahrenskoordinator erfolgt.[4]

[4] So auch Braun-Esser, § 269i Rn. 7.

3. Inhalt der Erläuterung

 

Rn 6

Die Erläuterung umfasst zunächst die Mitteilungen über den Inhalt des Koordinationsplanes. Die erläuternde Person sollte mit allgemeinen Darstellungen beginnen (Ursachen der Krise, Sanierungsstrategien, Liquidationsstrategien etc.) und dann die im Koordinationsplan genannten Maßnahmen im Einzelnen darstellen.[5] Dabei sollte darauf Rücksicht genommen werden, dass Gläubiger oft juristische Laien sind.[6] Zudem sollten die Vor- und Nachteile der jeweiligen Maßnahmen erläutert werden.

 

Rn 7

Für den Fall, dass der Insolvenzverwalter von den im Koordinationsplan vorgeschlagenen Maßnahmen abweicht, hat er diese Abweichungen sowie die Gründe hierfür zu erläutern. Zwar spricht der Wortlaut nicht von einer Erläuterung der Gründe für die Abweichung von den Vorschlägen.[7] Die Vorschrift verlangt aber die Begründung der Abweichung von den Maßnahmen. Daraus ergibt sich bereits, dass eine Auseinandersetzung mit den Gründen zu erfolgen hat. Aufgrund seiner allgemeinen Massemehrungspflicht ist der Insolvenzverwalter zur gründlichen Prüfung der Frage angehalten, ob die im Rahmen de...

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