Rn 58
Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 103 ist desWeiteren, dass der gegenseitige Vertrag im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens von beiden Vertragsparteien noch nicht oder nicht vollständig erfüllt ist.
Die Beurteilung richtet sich nach § 362 BGB.
Rn 59
Entscheidend ist somit der Eintritt des Leistungserfolges, eine Anwendung des § 103 kommt daher auch dann noch in Betracht, wenn der eine Vertragsteil vor Verfahrenseröffnung bereits alle geschuldeten Leistungshandlungen vorgenommen hat, aber der Leistungserfolg noch nicht eingetreten ist.
Dabei kommt es nicht darauf an, aus welchen Gründen der Leistungserfolg noch nicht eingetreten ist; das Verwalterwahlrecht ist auch dann gegeben, wenn der spätere Insolvenzschuldner selbst die fehlende Vertragserfüllung zu vertreten oder diese gar vorsätzlich vereitelt hat.
Rn 60
Erfüllung gemäß § 362 BGB kann auch durch Annahme einer Leistung unter Vorbehalt oder an Erfüllung Statt gemäß § 364 Abs. 1 BGB oder infolge Aufrechnung gemäß §§ 387, 389 BGB oder Hinterlegung gemäß § 378 BGB eingetreten sein; eine Leistung erfüllungshalber führt den Leistungserfolg noch nicht herbei, so dass die Begebung eines Wechsels oder Schecks nicht zur Erfüllung führt, § 364 Abs. 2 BGB.
Rn 61
Ob der Leistungserfolg durch eine Verfügung des Schuldners oder in anderer Weise, etwa durch Zwangsvollstreckung eingetreten ist, spielt für die Frage des Bestehens des Verwalterwahlrechtes keine Rolle. Ist der Leistungserfolg und damit vollständige Erfüllung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetreten, entfällt das Wahlrecht.
Rn 62
In diesem Fall verbleibt es bei den allgemeinen Regeln für die weitere Vertragsabwicklung. Hat der Insolvenzschuldner vor Verfahrenseröffnung vollständig geleistet, kann der Insolvenzverwalter die Gegenleistung zur Insolvenzmasse beanspruchen; eine Aufrechnungslage bleibt ungeachtet der Verfahrenseröffnung erhalten, Entsprechendes gilt für Verfügungen über die zu beanspruchende Gegenleistung, die wirksam vor Verfahrenseröffnung getroffen worden sind, wie eine Sicherungszession oder Verpfändung der Forderung. Hat der Vertragspartner des Insolvenzschuldners seinerseits vollständig erfüllt, ist er mit seiner Forderung Insolvenzgläubiger.
Rn 63
Für die Anwendbarkeit des § 103 genügt es, dass von beiden Vertragspartnern jeweils irgendeine der zu erbringenden Leistungen im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung noch nicht oder nicht vollständig erbracht ist. Es kommt nicht darauf an, dass die ausstehenden Leistungen im Verhältnis zueinander oder in Relation zu den bereits erbrachten Leistungen noch einen gewissen Umfang oder Bedeutung haben, so dass etwa außerhalb der Insolvenz die Geltendmachung eines Zurückbehaltungs- oder Leistungsverweigerungsrechtes gemäß § 320 Abs. 2 BGB nicht erfolgen könnte. Ebenso wenig müssen die ausstehenden Vertragsleistungen zu den synallagmatischen Leistungspflichten gehören, ausreichend ist vielmehr, dass Nebenleistungen noch nicht oder nicht vollständig erfüllt sind.