Rn 20
Bereits vor Inkrafttreten der InsO hat eine Reformierung des Gesetzes stattgefunden, indem im Juli 1996 der jetzige Satz 2 in § 108 Abs. 1 eingefügt wurde.
Die grundsätzliche Entscheidung des Gesetzgebers, anders als bislang auch Miet- und Pachtverträge, damit also auch Leasingverträge über bewegliche Sachen und Rechte dem Wahlrecht des Insolvenzverwalters gemäß § 103 zu unterstellen, führt in der Insolvenz des Leasinggebers zu weitreichenden Konsequenzen hinsichtlich der auf den Zeitraum seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens entfallenden Leasingraten.
Da mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Hauptleistungspflichten eines gegenseitigen Vertrags erlöschen und mit der Erfüllungswahl des Insolvenzverwalters neu begründet werden, werden Sicherungszessionen über die dem Vermieter/Verpächter bzw. Leasinggeber zustehenden Zahlungen hinfällig, da aufgrund der vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens getroffenen Verfügungen des Schuldners nach der Verfahrenseröffnung keine Rechte zu Lasten der Insolvenzmasse mehr erworben werden können (§ 91). Mit Erfüllungswahl stehen daher zuvor an Dritte abgetretene Leasingforderungen für die Zeit nach Verfahrenseröffnung uneingeschränkt der Insolvenzmasse zu.
In dieser Konsequenz wurde eine Gefahr insbesondere für mittelständische Leasingunternehmen gesehen, die sich regelmäßig durch Sicherungsübertragung der Leasinggegenstände und Vorausabtretung der Leasingforderungen refinanzieren, da die Vorausabtretung der Zahlungsansprüche im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage nicht mehr insolvenzfest war und sich damit zukünftige Schwierigkeiten für kleinere Leasinggesellschaften abzeichneten, die Anschaffung von Leasinggegenständen zu finanzieren.
Zur Eliminierung dieser als unerwünscht und unbedacht angesehenen Konsequenzen wurde § 108 Abs. 1 um den jetzt geltenden Satz 2 ergänzt.
Rn 21
Danach berührt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Vermieters oder Verpächters (und nach dem maßgeblichen Reformziel insbesondere des Leasinggebers) den Bestand der Verträge auch dann nicht, wenn diese die Überlassung von beweglichen Gegenständen und Rechten beinhalten; aufgrund § 108 Abs. 1 Satz 2 gelten auch diese Verträge unter den dort genannten Voraussetzungen über den Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung hinaus fort, ein Wahlrecht des Insolvenzverwalters besteht daher nicht.
Erfüllt der Vertrag die Voraussetzungen gemäß Satz 2, bleiben dementsprechend auch Verfügungen des Schuldners über Forderungen aus dem Vertragsverhältnis aus der Zeit vor der Verfahrenseröffnung zu Lasten der Insolvenzmasse wirksam.
Rn 22
Voraussetzung ist insoweit, dass die Vertragsobjekte, d.h. bewegliche oder unbewegliche Gegenstände sowie Rechte, einem Dritten zur Sicherheit übertragen worden sind.
Rn 23
Unter einer Sicherungsübertragung ist insoweit sowohl die Sicherungsübereignung von Sachen als auch die Sicherungsabtretung von Forderungen sowie die Sicherungsübertragung von Rechten zu verstehen. Die Sicherungsübertragung muss vor Verfahrenseröffnung vorgenommen und rechtswirksam sein, rechtliche Mängel, beispielsweise die fehlende Bestimmbarkeit des Sicherungsguts, führen zur Unwirksamkeit der Sicherungsübertragung und damit auch zur Nichtanwendbarkeit des Satzes 2, so dass es beim Wahlrecht des Insolvenzverwalters gemäß § 103 verbleibt.
Rn 24
Des Weiteren muss zwischen der Finanzierung durch den Dritten, in deren Rahmen die Sicherungsübertragung erfolgt ist, und der Herstellung bzw. Anschaffung des Vertragsobjekts durch den Schuldner ein zeitlicher und sachlicher Zusammenhang bestehen. Dieser Zusammenhang ist nicht nur dann gegeben, wenn die Finanzierung vor der Herstellung oder Anschaffung des Vertragsobjekts erfolgt und einen konkreten Bezug auf diese Herstellung oder Anschaffung hat, sondern auch dann, wenn ein zunächst aus Eigenmitteln hergestelltes oder angeschafftes Vertragsobjekt nachträglich refinanziert wird.
Rn 25
Der geforderte Zusammenhang ist jedoch dann zu verneinen, wenn ein allgemeiner Betriebsmittelkredit ohne erkennbaren Bezug zu konkreten Anschaffungen nachträglich durch Sicherungsübereignungen und Sicherungszessionen abgesichert wird.
Rn 26
Eine zeitliche Begrenzung der Wirksamkeit der Vorausverfügungen, wie sie § 110 für die Verträge über Immobilien vorsieht, kommt nicht zur Anwendung, die Vorausverfügungen bleiben bis zur Vertragsbeendigung wirksam, sofern der Vertrag die Überlassung von Mobilien oder Rechten zum Gegenstand hat.
Rn 27
Die Regelung führt dementsprechend dazu, dass die Insolvenzmasse weiter mit der Verpflichtung zur Überlassung des Vertragsobjekts belastet ist, die aus der Überlassung resultierenden Forderungen jedoch unmittelbar einem Dritten, dem Sicherungsnehmer, zufließen.
Problematisch ist diese Konstellation insbesondere dann, wenn der Schuldner sich neben der Gebrauchsüberlassung zur Erbringung zusätzlicher (Neben-)Leistungen verpflichtet hat, die weiterhin zu Lasten der Insolvenzmasse zu erbringen sind, solange der Vertrag fortbesteht, s...