Rn 27
War der Miet- oder Pachtgegenstand zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens dem Schuldner noch nicht überlassen, kann sowohl der Insolvenzverwalter als auch der Vermieter bzw. Verpächter von dem Vertrag zurücktreten.
Rn 28
Der Rücktritt bestimmt sich nach §§ 346 ff. BGB, so dass die bis dahin einander gewährten Leistungen zurückzuerstatten sind.
Rn 29
Der Vermieter oder Verpächter hat eine durch den Schuldner geleistete Vorauszahlung auf Miete oder Pacht, eine bereits geleistete Kaution o.Ä. an die Insolvenzmasse zurückzuerstatten.
Rn 30
Rücktrittsrechte bestehen nicht, soweit der Miet- bzw. Pachtgegenstand an den Schuldner bereits überlassen war.
Rn 31
Eine Überlassung ist dann gegeben, wenn der Schuldner schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens von dem anderen Teil eine tatsächliche Gebrauchsmöglichkeit erhalten hatte, wozu nicht unbedingt der Übergang des unmittelbaren Besitzes erforderlich ist. Soweit der Schuldner eigenmächtig den Gegenstand in Besitz genommen hatte, liegt hierin keine Überlassung, soweit die Eigenmacht des Schuldners durch den Vermieter jedoch genehmigt worden war, ist eine Überlassung zu bejahen.
Rn 32
Die Vorschrift entspricht im Grundsatz der früheren Bestimmung des § 20 KO, der jedoch zum einen für alle Miet- und Pachtverhältnisse Geltung hatte, unabhängig davon, ob ein beweglicher oder ein unbeweglicher Gegenstand Miet- bzw. Pachtobjekt war, und zum anderen nur dem Vermieter ein Rücktrittsrecht zubilligte, sofern die Überlassung noch nicht vollzogen war.
Machte der Vermieter trotz entsprechender Aufforderung durch den Verwalter von seinem Rücktrittsrecht keinen Gebrauch, unterfiel der Vertrag dem Wahlrecht des § 17 KO.
Rn 33
Demgegenüber statuiert Abs. 2 ein beiderseitiges Rücktrittsrecht, wobei die Ausübung des Rücktrittsrechts durch den Insolvenzverwalter Schadensersatzansprüche des Vermieters oder Verpächters wegen der vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses auslöst. Die Schadensersatzansprüche des Vermieters/Verpächters sind Insolvenzforderungen.
Rn 34
Die Zubilligung eines Rücktrittsrechtes zugunsten des Vermieters/Verpächters stellt einen Bruch der übrigen Systematik des Gesetzes zur Stellung des Vermieters/Verpächters in der Insolvenz des Mieters/Pächters dar.
Rn 35
Die Zubilligung des Rücktrittsrechtes für den Fall, dass das Vertragsverhältnis vor Verfahrenseröffnung noch nicht in Vollzug gesetzt war, kann sich dann sanierungsschädlich auswirken, wenn der Schuldner vor Verfahrenseröffnung durch Anmietung preiswerterer Geschäfts- oder Betriebsräume Voraussetzungen für Kostensenkungen schaffen wollte, die dem Insolvenzverwalter im eröffneten Verfahren durch die Rücktrittsmöglichkeit des Vermieters/Verpächters wieder entzogen werden können.
Rn 36
Macht der Vermieter von seinem Rücktrittsrecht Gebrauch, richten sich die wechselseitigen Ansprüche nach §§ 346 ff. BGB, weitergehende Ansprüche des Vermieters/Verpächters, insbesondere Schadensersatzansprüche sind dann nicht gegeben.
Rn 37
Grundsätzlich kann das Rücktrittsrecht zeitlich unbegrenzt ausgeübt werden, solange der Vertragsgegenstand noch nicht überlassen ist; fordert jedoch der eine Teil den anderen Teil auf, sich zu seinem Rücktrittsrecht zu erklären, muss eine entsprechende Erklärung binnen einer Frist von zwei Wochen seit Zugang der Aufforderung abgegeben werden.
Rn 38
Wird der Rücktritt nicht innerhalb der Frist erklärt, verliert derjenige, der zur Abgabe der Erklärung aufgefordert worden war, dieses Recht zum Rücktritt.
Rn 39
Werden Rücktrittsrechte nicht ausgeübt, besteht das Vertragsverhältnis mit Wirkung für die Insolvenzmasse fort, wobei fraglich ist, ob die Kündigungsmöglichkeit für den Insolvenzverwalter gem. Abs. 1 verbleibt.
Rn 40
Der Gesetzgeber hat Abs. 2 als der Bestimmung des Abs. 1 vorgehende Sonderregelung qualifiziert. Dies könnte dafür sprechen, dass die Regelungen nur alternativ zur Anwendung gelangen können und Abs. 1 nur dann greift, wenn der Vertragsgegenstand vor Verfahrenseröffnung an den Schuldner überlassen war.
Rn 41
Andererseits findet sich das Tatbestandsmerkmal der "Überlassung" nur in Abs. 2, wohingegen Abs. 1 auf alle Miet- und Pachtverhältnisse über unbewegliche Gegenstände und Räume im Sinne des § 49 anwendbar ist, die der Schuldner vor Verfahrenseröffnung eingegangen war, insoweit wird also auf den wirksamen Vertragsabschluss vor Verfahrenseröffnung abgestellt.
Rn 42
Auch der Sinn und Zweck der Bestimmung des Abs. 1 spricht für dessen Anwendbarkeit auch auf Vertragsverhältnisse, die erst nach Verfahrenseröffnung durch Überlassung des Vertragsgegenstandes in Vollzug gesetzt werden.
Rn 43
Im Interesse einer flexiblen Verfahrensabwicklung ist dem Insolvenzverwalter die Möglichkeit zuzubilligen, sich auch in dem Fall durch Kündigung von einem Grundstücksmiet- oder Pachtvertrag durch ordentliche Kündigung innerhalb der gesetzlichen Fristen zu lösen, wenn das Vertragsverhältnis erst nach Verfahrenseröffnung vollzogen wird.
Rn 44
Abs. 2 ist daher nicht als Sonderregelung z...