Gesetzestext
Ein Miet- oder Pachtverhältnis, das der Schuldner als Mieter oder Pächter eingegangen war, kann der andere Teil nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht kündigen:
1. |
wegen eines Verzugs mit der Entrichtung der Miete oder Pacht, der in der Zeit vor dem Eröffnungsantrag eingetreten ist; |
2. |
wegen einer Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Schuldners. |
Bisherige gesetzliche Regelungen
Keine.
1. Allgemeines
Rn 1
Die Vorschrift stellt eine vollständige Neuerung gegenüber der bisherigen Rechtslage dar, da Kündigungsrechte eines Vermieters oder Verpächters bereits für die Zeit nach Stellung eines Antrags auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Mieters oder Pächters einschränkt werden.
Rn 2
Zweck der Regelung ist der vorläufige Erhalt der wirtschaftlichen Einheit der im Besitz des Schuldners befindlichen Vermögensgegenstände, um die Fortführung des Schuldnerunternehmens nicht schon dadurch unmöglich zu machen, dass einzelne Gläubiger dem Schuldner vermietete oder verpachtete Gegenstände nach Stellung eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens entziehen.
Durch den Ausschluss von Kündigungsmöglichkeiten, die auf Vorgängen vor Stellung des Antrags auf Verfahrenseröffnung beruhen, soll für einen späteren Insolvenzverwalter die Möglichkeit gewahrt bleiben, die Chancen für eine zumindest vorübergehende Unternehmensfortführung oder eine vollständige Veräußerung des Unternehmens zu prüfen.
Rn 3
Von der Vorschrift sind alle Arten von Miet- und Pachtverträgen sowie diesen gleich zu behandelnde Verträge wie insbesondere Leasingverträge erfasst, unabhängig davon, ob es sich bei den Vertragsobjekten um bewegliche oder unbewegliche Gegenstände oder Räume handelt.
Die Vorschrift führt zur Einschränkung vertraglicher und gesetzlicher Kündigungsrechte des Vermieters oder Verpächters wegen Zahlungsverzugs oder allgemein aufgrund der durch den Insolvenzantrag indizierten Verschlechterung der Vermögenslage des Schuldners, nachdem ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Mieters oder Pächters gestellt ist.
2. Zahlungsverzug vor Antragstellung (Nr. 1)
Rn 4
War der Schuldner vor Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit der Zahlung der Miete bzw. der Pacht in Verzug geraten, ist nach Antragstellung für den Vermieter bzw. Verpächter eine Kündigung des Vertrags wegen der Zahlungsrückstände ausgeschlossen.
Rn 5
Hatte der Vermieter wegen der Zahlungsrückstände bereits eine Kündigung ausgesprochen und ist diese vor Stellung des Antrags auf Verfahrenseröffnung dem Schuldner zugegangen, greift die Kündigungssperre gemäß Nr. 1 auch dann nicht, wenn der Vermieter eine Auslauffrist für die Beendigung des Vertrags gewährt, die erst nach Antragstellung endet. Eine nachträgliche Entrichtung der rückständigen Miete beseitigt die Wirksamkeit der Kündigung grundsätzlich nicht mehr, etwas anderes gilt insoweit nur für den Fall des § 554a Abs. 2 BGB.
Rn 6
Befand sich der Schuldner vor Antragstellung mit seinen Zahlungspflichten im Rückstand, ohne dass schon die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung etwa gemäß § 554 BGB gegeben waren, bleiben die vor Antragstellung eingetretenen Rückstände auch zukünftig für die Berechtigung zur Kündigung außer Betracht. Gerät der Schuldner nach Antragstellung mit weiteren Zahlungsverpflichtungen in Verzug, können Rückstände aus der Zeit vor Antragstellung zur Begründung des Kündigungsrechts daher nicht berücksichtigt werden.
Rn 7
Die Kündigungssperre bezieht sich im Übrigen jedoch nur auf Zahlungsrückstände vor Antragstellung, begründen Zahlungsrückstände nach der Antragstellung oder sogar nach der Verfahrenseröffnung eine außerordentliche Kündigung, ist diese nicht ausgeschlossen.
Rn 8
Wird nach Stellung eines Eröffnungsantrags ein vorläufiger Verwalter bestellt und dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 und 2), sind die Zahlungsansprüche des Vermieters bzw. Verpächters für die Zeit nach Anordnung der Sicherungsmaßnahmen unter den Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 in einem eröffneten Insolvenzverfahren Masseverbindlichkeiten, sofern das Mietobjekt vom vorläufigen Insolvenzverwalter für die Insolvenzmasse tatsächlich genutzt wurde.
Kommt es nicht zu einer Verfahrenseröffnung, hat der vorläufige Insolvenzverwalter gemäß § 25 Abs. 2 die Ansprüche zu berichtigen, soweit dies aus der vorhandenen Insolvenzmasse möglich ist.
Rn 9
Für die Anwendbarkeit des § 112 kommt es nicht darauf an, dass dem Schuldner der Vertragsgegenstand bereits überlassen war. Ausreichend ist vielmehr, dass der Schuldner ein entsprechendes Vertragsverhältnis eingegangen war, d.h. die wechselseitigen vertraglichen Verpflichtungen bindend geworden waren.
Rn 10
Dies entspricht zum einen dem Wortlaut der Vorschrift, die entgegen anderen Bestimmungen eine Differenzierung nach d...