1.1 Regelungsgegenstand
Rn 1
Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 bestehen Dienstverhältnisse des Schuldners nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Wirkung für die Insolvenzmasse fort. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens lässt den Bestand und den Inhalt der mit dem Schuldner bestehenden Arbeitsverhältnisse unberührt.
Eine einseitige Beendigung von Arbeitsverhältnissen kann somit – von dem Sonderfall der Anfechtung nach §§ 119 ff. BGB abgesehen – nur durch Ausspruch einer wirksamen Kündigung erfolgen. § 113 sieht dabei in Satz 1 ein gesetzliches Kündigungsrecht sowie in Satz 2 eine gesetzliche (Höchst-)Kündigungsfrist vor. Die Vorschrift beinhaltet eine Durchbrechung der individual- oder kollektivvertraglich vereinbarten Kündigungsbeschränkungen und der vertraglichen bzw. gesetzlichen Kündigungsfristen. Demgegenüber gelten die Regelungen des allgemeinen und besonderen gesetzlichen Kündigungsschutzes, d.h. insbesondere das Kündigungsschutzgesetz (KSchG), auch im Insolvenzfall weiter. § 113 enthält keinen selbstständigen Kündigungsgrund der Insolvenz oder Sanierung. Im Anwendungsbereich des KSchG können Arbeitsverhältnisse somit auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur bei Vorliegen einer sozialen Rechtfertigung rechtswirksam beendet werden.
Schließlich steht dem Arbeitnehmer gemäß § 113 Satz 3 als Ausgleich für die insolvenzbedingte vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses mittels Kündigung durch den Insolvenzverwalter ein verschuldensunabhängiger Schadensersatzanspruch zu.
1.2 Verfassungsgemäßheit des § 113
Rn 2
Die Vorschrift ist verfassungsgemäß. § 113 verstößt insbesondere nicht gegen Art. 2 Abs. 1 GG oder Art. 9 Abs. 3 GG. Die allgemeine Handlungsfreiheit ist durch die verfassungsmäßige Ordnung, d.h. die Gesamtheit der Normen, die formell und materiell verfassungsmäßig sind, beschränkt. Die Intention des Gesetzgebers, die Leistungsfähigkeit der Insolvenzmasse zu verbessern, stellt einen gerechtfertigten Eingriff in die Koalitionsfreiheit des Art. 9 Abs. 3 GG dar.
1.3 Normzweck
Rn 3
Durch § 113 soll die Kostenbelastung aus den nach Verfahrenseröffnung weiterbestehenden Arbeitsverhältnissen zur Förderung von Unternehmenssanierungen begrenzt und die Wirkung notwendiger Kündigungen im Insolvenzverfahren beschleunigt werden. Ziel ist es, die Belange der Arbeitnehmer als einer Gruppe der Insolvenzgläubiger mit den Interessen der anderen Insolvenzgläubiger in Einklang zu bringen. Die Entstehung von Masseverbindlichkeiten soll begrenzt werden, sodass nicht zulasten der anderen Gläubiger Ansprüche ohne eine Gegenleistung begründet werden, durch die sie in ihrem Grundrecht nach Art. 14 GG beeinträchtigt würden.