3.1 Insolvenzverwalter
Rn 25
Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über (§ 80 Abs. 1). Der Insolvenzverwalter tritt insofern vollumfänglich in die Rechte und Pflichten des Arbeitgebers ein. Dies beinhaltet auch die Befugnis zum Ausspruch von Kündigungen. Dementsprechend sind Kündigungen, die der Insolvenzschuldner nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erklärt, gemäß § 81 Abs. 1 Satz 1 unwirksam.
Rn 25a
Soweit neben dem Dienstverhältnis von Organmitgliedern auch die organschaftliche Bestellung beendet bzw. widerrufen werden soll, führt die Insolvenz allerdings nicht zu einer Abberufungskompetenz des Insolvenzverwalters. Vielmehr verbleibt es auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens bei der "regulären" gesellschaftsrechtlichen Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung (§ 46 Nr. 5 GmbHG) bzw. des Aufsichtsrats (§§ 112 AktG, 1 Abs. 1 DrittelbG, 1, 31 MitbestG).
Rn 26
Umgekehrt sind Kündigungsschutzklagen des Arbeitnehmers gegen den Insolvenzverwalter in seiner Eigenschaft als Partei kraft Amtes zu erheben, wenn zum Zeitpunkt der Klageerhebung ein Insolvenzverwalter bestellt ist. Dies gilt – vorbehaltlich einer Freigabe nach § 35 Abs. 2 – auch dann, wenn die Kündigung noch vom Insolvenzschuldner erklärt wurde. Der amtlich bestellte Insolvenzverwalter führt die Prozesse insoweit in gesetzlicher Prozessstandschaft (sog. "Amtstheorie"). Eine Zurückweisung der Kündigung des Insolvenzverwalters nach § 174 BGB ist nicht möglich. Eine Klage gegen den Insolvenzschuldner macht den Insolvenzverwalter nicht zur Partei des Rechtsstreits. Sie kann die Klagefrist des § 4 KSchG deshalb grundsätzlich nicht wahren. Solange der Arbeitnehmer nicht erklärt, dass sich die Klage auch gegen den Insolvenzverwalter richtet, gilt dies selbst dann, wenn der Insolvenzverwalter die Klageschrift tatsächlich erhält.
Rn 27
Eine Klarstellung des Rubrums ist daher allenfalls dann möglich, wenn sich aus der Klageschrift oder den beigefügten Unterlagen entnehmen lässt, dass das Insolvenzverfahren gegen den Schuldner eröffnet worden ist. Hieran ist insbesondere dann zu denken, wenn der Klageschrift das Kündigungsschreiben beigefügt ist, aus dem sich ergibt, dass die Kündigung vom Insolvenzverwalter ausgesprochen wurde. Ist das Insolvenzverfahren erst nach Zugang der Kündigung, aber vor Erhebung der Kündigungsschutzklage eröffnet worden, ist unter den Voraussetzungen des § 5 KSchG ein Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage möglich.
Rn 27a
Übt der Schuldner nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine selbständige Tätigkeit aus und gibt der Insolvenzverwalter diese nach § 35 Abs. 2 aus der Insolvenzmasse frei, fällt die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis mit Wirksamwerden der Freigabeerklärung auch über die zu diesem Zeitpunkt bereits begründeten Arbeitsverhältnisse an den Schuldner zurück. Eine gesonderte Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Insolvenzverwalter ist nicht erforderlich. Vielmehr tritt der Schuldner mit Zugang der Freigabeerklärung wieder in die Arbeitgeberstellung ein. Ab dann ist der Schuldner und nicht mehr der Insolvenzverwalter passiv legitimiert für eine Kündigungsschutzklage. Auf den Zeitpunkt der Kündigungserklärung kommt es nicht an. Der Schuldner ist auch dann der richtige Klagegegner, wenn das Arbeitsverhältnis vor der Freigabeerklärung noch durch den Insolvenzverwalter gekündigt wurde.
3.2 "Starker" vorläufiger Insolvenzverwalter
Rn 28
Wird ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt und dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt, so geht m...