Rn 16
Wird das Widerrufsrecht des § 124 Abs. 1 nicht ausgeübt, bleibt der Sozialplan unverändert bestehen. Die Ansprüche der Arbeitnehmer aus dem Sozialplan vor Insolvenzeröffnung sind Insolvenzforderungen, § 38.
Rn 17
Zum Teil wird die Auffassung vertreten, dass es sich bei den Forderungen, die aus einem von dem Insolvenzverwalter nicht widerrufenen Sozialplan resultieren, um Masseschulden handele, da auch ein Unterlassen des Verwalters nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 eine Masseschuld begründen könne. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Nach der klaren Trennung der §§ 38, 53 ff. sind Ansprüche aus der Zeit vor Verfahrenseröffnung als Insolvenzforderungen und solche nach Verfahrenseröffnung als Masseverbindlichkeiten zu berichtigen. Ein seitens des Verwalters unterlassener Widerruf eines vor Insolvenzeröffnung abgeschlossenen Sozialplans kann dabei keine Handlung im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 1 darstellen, da von dieser Vorschrift nur Verbindlichkeiten erfasst sind, "die durch Handlungen des Insolvenzverwalters … begründet werden …".
Ein Sozialplan im Sinne des § 124 Abs. 1 und darauf beruhende Verbindlichkeiten sind jedoch zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung bereits existent, so dass diese begriffsnotwendig nicht mehr "begründet" werden können. Im Übrigen kann durch ein Unterlassen des Insolvenzverwalters nur dann eine Masseverbindlichkeit entstehen, wenn eine entsprechende Pflicht des Verwalters zum Handeln bestand. Soweit es für die Masse günstiger ist, einen Sozialplan nach § 124 Abs. 1 InsO nicht zu widerrufen, besteht für den Verwalter kein Handlungsbedarf. Dann kann dieses Unterlassen auch keine Masseschuld begründen. Ist jedoch ein Widerruf für die Masse günstiger, führt ein schuldhaftes Unterlassen des Widerrufs allenfalls zu einer persönlichen Haftung des Verwalters nach § 60, nicht aber zu Aufwertung als Masseschuld. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn der Sozialplan von einem vorläufigen Insolvenzverwalter im Sinne des § 22 abgeschlossen wurde und nach Insolvenzeröffnung nicht widerrufen wird. Bei den dadurch begründeten Verbindlichkeiten handelt es sich kraft Gesetzes um Masseverbindlichkeiten, § 55 Abs. 2.