4.4.1 Kündigungen des Insolvenzverwalters
Rn 21
Das Verfahren nach § 126 kann sowohl für noch auszusprechende als auch für Kündigungen durchgeführt werden, die bereits vor Einleitung dieses Verfahrens durch den Insolvenzverwalter oder einen vorläufigen "starken" Insolvenzverwalter erklärt wurden. Kündigungen, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch den Insolvenzschuldner vorgenommen wurden, können nicht Gegenstand eines Verfahrens nach § 126 sein.
Der Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung hat Auswirkungen auf den Beurteilungszeitpunkt der Betriebsbedingtheit: Bei bereits ausgesprochenen Kündigungen prüft das Arbeitsgericht, ob sie im Zeitpunkt ihres Zugangs bei den Arbeitnehmern durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt waren. Bei noch auszusprechenden Kündigungen sind maßgeblich die Umstände im Zeitpunkt des letzten Anhörungstermins (§ 126 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 i. V. m. § 83 Abs. 4 Satz 2 ArbGG) beziehungsweise bei einer Entscheidung ohne Anhörungstermin (§ 126 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 i. V. m. § 83 Abs. 4 Satz 3 ArbGG) in dem Zeitpunkt, in dem der Vorsitzende und die ehrenamtlichen Richter über die Sache beraten und den Beschluss fassen.
4.4.2 Betriebsbedingte Kündigungen
Rn 22
Aus dem Sinn und Zweck des § 126, insbesondere aus dem Umstand, dass nur die soziale Rechtfertigung der Kündigung im Sinne des § 1 KSchG festgestellt werden kann, ergibt sich, dass Verfahrensgegenstand nur betriebsbedingte ordentliche Beendigungs- oder Änderungskündigungen sein können, also keine personenbedingten, verhaltensbedingten oder außerordentlichen Kündigungen und auch keine Kündigungen, die nicht in den Anwendungsbereich des KSchG fallen, etwa weil die Wartefrist des § 1 Abs. 1 KSchG noch nicht verstrichen ist oder es sich um einen Kleinbetrieb (§ 23 Abs. 1 KSchG) handelt. Ausnahmsweise können außerordentliche Kündigungen Verfahrensgegenstand sein, wenn ordentliche Kündigungen (etwa aufgrund eines Tarifvertrags) ausgeschlossen sind.
4.4.3 Verhältnis zum allgemeinen Kündigungsschutz
Rn 22a
Wird eine Kündigung vor oder nach Einleitung des Verfahrens nach § 126 ausgesprochen und lässt der Arbeitnehmer die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG verstreichen, muss der Insolvenzverwalter den Antrag nach § 126 hinsichtlich dieses Arbeitnehmers zurücknehmen oder in der Hauptsache für erledigt erklären (§ 126 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 i. V. m. §§ 81 Abs. 2 Satz 1, 83a ArbGG), weil die Kündigung wegen der Fiktion des § 7 KSchG als rechtswirksam gilt und daher für eine Feststellung ihrer Wirksamkeit im Beschlussverfahren kein Rechtsschutzbedürfnis mehr besteht. Hieraus folgt zugleich, dass der Arbeitnehmer die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG wahren muss, auch wenn im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung das Verfahren nach § 126 bereits anhängig ist. Denn die während des Gesetzgebungsverfahrens erwogene Regelung, die Klagefrist erst mit der Zustellung der Entscheidung im Verfahren nach § 126 beginnen zu lassen, ist nicht Gesetz geworden.