Rn 35
Die Befugnis zur Rücknahme des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens liegt grundsätzlich bei demjenigen, der den Eröffnungsantrag gestellt hat. Grundsätzlich handelt es sich damit um einen actus contrarius.
Rn 36
Im Falle der Antragstellung durch einen Gläubiger ist dieser zur Antragsrücknahme befugt.
Handelt es sich beim Gläubiger um eine juristische Person, sind dementsprechend der oder die organschaftlichen Vertreter, die Vertretungsbefugnis haben, zur Antragsrücknahme berechtigt. Entsprechendes gilt für den Fall, dass antragstellende Gläubigerin eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit ist.
Maßgeblich ist die Vertretungsbefugnis für den Gläubiger, unabhängig davon, welche vertretungsberechtigte Person zuvor den Eröffnungsantrag gestellt hat.
Rn 37
Problematisch wird die Frage der Rücknahmebefugnis in dem Fall des Eigenantrags, in welchem eine Mehrheit von Personen zur Antragstellung berechtigt ist, wie bei der juristischen Person mit mehreren Organmitgliedern oder einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit mit mehreren persönlich haftenden Gesellschaftern. Jedes Organmitglied, jeder persönlich haftende Gesellschafter und jeder Abwickler ist alleine zur Stellung eines Eröffnungsantrags befugt (§ 15 Abs. 2).
Rn 38
Bei Unstimmigkeiten zwischen den Organmitgliedern oder den persönlich haftenden Gesellschaftern kann die Situation entstehen, dass der von einem Organmitglied oder einem persönlich haftende Gesellschafter gestellte Eröffnungsantrag von einem anderen Organmitglied oder einem anderen persönlich haftenden Gesellschafter wieder zurückgenommen werden soll.
Zur Vermeidung einer Abfolge einerseits gestellter, andererseits wieder zurückgenommener Eröffnungsanträge wird ein Rücknahmerecht nur denjenigen konkreten Personen zugebilligt, die den Antrag ursprünglich gestellt haben, ggf. kann die Rücknahme gemeinsam mit den weiteren Organmitgliedern oder persönlich haftenden Gesellschaftern erklärt werden.
Rn 39
Demgegenüber wird die Auffassung vertreten, dass es für die Frage der Berechtigung zur Rücknahme eines Insolvenzantrags ausschließlich auf die Vertretungsregelungen des Gesellschaftsrechts und des Zivilrechts ankommt, so dass danach der von einem Geschäftsführer oder einem Vorstandsmitglied gestellte Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens von einem anderen ebenso zur Vertretung der Gesellschaft befugten Geschäftsführer oder Vorstandsmitglied wieder zurückgenommen werden kann.
Zur Begründung wird maßgeblich darauf abgestellt, dass der Eröffnungsantrag von der juristischen Person oder von der Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit gestellt wird, vertreten durch das Organ bzw. die persönlich haftenden Gesellschafter. Dementsprechend komme es auch für die Antragsrücknahme nur auf die wirksame Vertretung des Antragstellers an.
Der Umstand, dass es zu dem oben geschilderten Ablauf der Stellung von Anträgen und deren postwendender Rücknahme kommen kann, wird hingenommen, und die diesbezüglichen Auseinandersetzungen werden als gesellschaftsinterne Angelegenheit qualifiziert.
Gerade im Hinblick auf die Wirkung der Antragsrücknahme – der Antrag gilt als nicht gestellt mit der Konsequenz des Wiederauflebens von straf- und schadensersatzbewehrten Antragspflichten – ist die wiederholte Stellung und Rücknahme von Eröffnungsanträgen in Fällen der Unstimmigkeit innerhalb des Kreises der antragsberechtigten Personen nicht unwahrscheinlich.
Die Beschränkung der Befugnis zur Antragsrücknahme auf diejenigen Personen, die auch konkret den Eröffnungsantrag gestellt haben, wird maßgeblich mit dem Sinn und Zweck der Antragsverpflichtung und den Besonderheiten des Insolvenzrechts begründet. Sinn der Antragspflichten sei es danach, konkursreife Unternehmen mit beschränktem Haftungsfond möglichst rechtzeitig von der weiteren Teilnahme am Geschäftsverkehr auszuschließen und in ein geordnetes Abwicklungsverfahren über-zuleiten.
Rn 40
Besteht zwischen den Mitgliedern der antragsverpflichteten Gesellschaftsorgane hinsichtlich der Notwendigkeit der Antragstellung keine Einigkeit, werden nach dieser Auffassung die Interessen der Gesellschaft und der übrigen Organmitglieder hinreichend dadurch gewahrt, dass das antragstellende Organmitglied den Eröffnungsgrund glaubhaft zu machen hat und die übrigen Mitglieder des Vertretungsorgans zwingend vom Insolvenzgericht anzuhören sind.
Nach Maßgabe dieser Erwägungen soll die Rücknahme eines von einem Organmitglied gestellten Insolvenzantrags auch dann ausgeschlossen sein, wenn dieses Organ abberufen und von einem neu bestellten Organ ersetzt wird. Diese Auffassung ist indes zu weitgehend, wonach ausschließlich nur diejenige Person befugt ist, einen Eröffnungsantrag zurückzunehmen, die die Antragstellung vorgenommen hat.
Dies führt im Falle der wirksamen Abberufung eines Organmitglieds, das einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hat, dazu, dass der Antrag faktisch überhaupt nicht mehr zurückgenommen werden kann, da das ursprüng...