2.3.1 Allgemeines
Rn 8
Bei mehraktigen Rechtshandlungen (Handlungen, die aus mehreren Teilakten bestehen) ist auf den letzten zur Erfüllung ihres Tatbestandes erforderlichen Teilakt abzustellen. Fällt auch nur ein Teilakt in die Anfechtungsfrist, ist diese gewahrt. Bei der Eigentumsübertragung an beweglichen Sachen nach §§ 929 ff. BGB ist es zur Wahrung der Anfechtungsfrist daher ausreichend, wenn zwar die dingliche Einigung außerhalb dieser, die reale Übergabe oder das Übergabesurrogat (als Teilakt) aber noch innerhalb der Anfechtungsfrist erfolgt.
2.3.2 Mehraktige und mehrere Rechtshandlungen
Rn 9
Mehraktige Rechtshandlungen sind von mehreren separat zu beurteilenden Rechtshandlungen zu unterscheiden. Jede Rechtshandlung, die eigene Rechtswirkungen entfaltet, muss für sich geprüft werden. Auf eine einheitliche Betrachtungsweise kommt es indes nicht an. So ist etwa bei der Forderungspfändung der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss von der Zahlung des Drittschuldners zu unterscheiden. Rechtswirkung der Forderungspfändung ist das Entstehen eines Pfändungspfandrechtes an der gepfändeten Forderung, Rechtswirkung der Zahlung durch den Drittschuldner die Gläubigerbefriedigung. Es handelt sich somit nicht um eine mehraktige Rechtshandlung, sondern um mehrere separat zu beurteilende Rechtshandlungen, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten ihre rechtliche Wirkung entfalten. Gleiches gilt für die Darlehensaufnahme einerseits und die Hingabe der Darlehenssumme an einen Dritten andererseits.
Rn 10
Ein weiterer Fall separat zu beurteilender Rechtshandlungen ist die Teilleistung. Dabei stellen der zugrunde liegende schuldrechtliche Vertrag und jede Teilleistung selbständige Rechtshandlungen dar, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten ihre Wirksamkeit entfalten. Für jede Teilleistung muss die Anfechtungsfrist folglich gesondert geprüft werden. Dies entspricht auch dem anfechtungsrechtlichen Zweck gläubigerbenachteiligende Wirkungen zu beseitigen; erst jede Teilleistung für sich führt zu einer Vermögensverkürzung. Bei einem Kaufvertrag mit Ratenzahlungsvereinbarung etwa, ist der maßgebliche Zeitpunkt i.S. des § 140 für jede einzelne Ratenleistung zu bestimmen.
2.3.3 Schuldrechtliches Verpflichtungsgeschäft
Rn 11
Grund- und Erfüllungsgeschäft sind anfechtungsrechtlich selbständige Rechtshandlungen. Ersteres entfaltet seine Rechtswirkungen mit dessen Abschluss. Das zweiseitige Rechtsgeschäft ist durch Abgabe und Zugang des Angebots und der Annahme abgeschlossen.
Rn 12
Gesellschaftsvertragliche Abfindungsvereinbarungen entfalten ihre Rechtswirkungen erst mit Ausscheiden des Gesellschafters aus der Gesellschaft.
2.3.4 Erfüllungsgeschäfte
Rn 13
Erfüllungsgeschäfte entfalten mit dem jeweils letzten Teilakt ihre rechtlichen Wirkungen. Die rechtlichen Wirkungen i.S. des § 140 Abs. 1 treten bei der dinglichen Eigentumsübertragung an beweglichen Sachen nach §§ 929 ff. BGB ein, sobald der Erwerbstatbestand, bestehend aus Einigung und Übergabe bzw. Übergabesurrogat, vollständig erfüllt ist. Maßgebend ist der letzte Teilakt. Wird die Verfügung unter Eigentumsvorbehalt abgegeben (Anwartschaftsrecht), ist Abs. 3 zu beachten (s. unten). Für unbewegliche Sachen greift regelmäßig Abs. 2.
Rn 14
Wird eine andere Leistung als die geschuldete Leistung an Erfüllungs statt (§ 364 Abs. 1 BGB) erbracht, tritt die zugrunde liegende schuldrechtliche Wirkungen (Ersetzungsbefugnis) entsprechend Rn. 73 ein, die Erfüllungswirkung mit dem letzten Teilakt der Leistung an Erfüllu...