3.1 Überblick
Rn 51
Nach § 140 Abs. 2 gelten mehraktige eintragungsbedürftige Rechtsgeschäfte bereits in dem Zeitpunkt als vorgenommen, in dem der Vertragspartner des Schuldners ("der andere Teil") den Eintragungsantrag beim entsprechenden Register gestellt hat, wenn zu diesem Zeitpunkt alle übrigen Wirksamkeitsvoraussetzungen des Rechtsgeschäfts erfüllt sind und die Willenserklärung des Schuldners für diesen bindend ist. Notwenige Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Abs. 2 ist also, dass außer der Eintragung alle übrigen materiellen Voraussetzungen des Rechtsgeschäfts vorliegen. Andernfalls ist Abs. 1 maßgeblich, wonach es darauf ankommt, wann der letzte zur Wirksamkeit der Rechtshandlung erforderliche Teilakt vollzogen wurde. Gleiches gilt, wenn der Eintragungsantrag nicht vom "anderen Teil" (Anfechtungsgegner) gestellt wurde.
Rn 52
§ 140 Abs. 2 behandelt demnach einen Sonderfall gegenüber Abs. 1, wenn für die Wirksamkeit einer mehraktigen Rechtshandlung die Eintragung in das Grundbuch bzw. die Eintragung in ein vergleichbares abschließend aufgezähltes Register erforderlich ist. Der Zeitpunkt indem eine Rechtshandlung als vorgenommen gilt, wird unter den Voraussetzungen des Abs. 2 gegenüber Abs. 1 vorverlagert. Anstatt des Zeitpunktes der Eintragung der Rechtsänderung im entsprechenden Register ist der Zeitpunkt der Antragsstellung auf Eintragung maßgeblich. Dieser Zeitpunkt lässt sich durch Einsichtnahme in die entsprechenden Registerakten feststellen.
3.2 Normzweck
Rn 53
Mit § 140 Abs. 2 will der Gesetzgeber an den Regelungszweck und Rechtsgedanken des § 878 BGB, § 91 Abs. 2 InsO anknüpfen, wonach Verzögerungen beim Eintragungsverfahren nicht zu Lasten der Beteiligten, insbesondere des Anfechtungsgegners gehen sollen. Vielmehr soll der – mit der Antragsstellung beim Registergericht – erworbenen insolvenzfesten Rechtsposition (§ 91 Abs. 2 i.V.m. § 878 BGB) auch anfechtungsrechtlich Rechnung getragen werden (dazu auch Rn. 54).
3.3 Historisches
Rn 54
Bis zum Inkrafttreten des § 140 Abs. 2 folgte die Rechtssprechung auch für mehraktige eintragspflichtige Rechtsgeschäfte dem heute in Abs. 1 festgelegten Grundsatz, dass die rechtlichen Wirkungen einer Rechtshandlung erst im Zeitpunkt der Erfüllung des letzten Teilaktes eintreten, also regelmäßig mit der konstitutiv wirkenden Eintragung in das entsprechende Register. Damit gab es eine Diskrepanz zwischen der Frage, ob eine Verfügung über Grundstücksrechte den Konkursgläubigern gegenüber wirksam ist und der Frage, ob der Schuldner in anfechtbarer Weise verfügt hat. Für erstere kam es nach § 15 Satz 2 KO i.V.m. § 878 BGB auf den Zeitpunkt des Eingangs des Eintragungsantrags beim Grundbuchamt, für letztere regelmäßig auf den Zeitpunkt der Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch an. Mit der Einführung des § 140 Abs. 2 hat sich der Gesetzgeber bewusst in Widerspruch zur bisherigen Rechtsprechung des BGH zur KO gesetzt.
3.4 Von Abs. 2 erfasste Rechtshandlungen
Rn 55
Der Wortlauf des Abs. 2 erfasst ausschließlich rechtsgeschäftliches Handeln. Andere Rechtshandlungen aufgrund hoheitlicher Maßnahmen (Eintragung einer Zwangs- oder Arresthypothek) oder Erwerbe kraft Gesetzes (wie etwa Erbschaft, Sicherungshypothek ei...