Rn 60
Liegen mit Ausnahme der Eintragung alle übrigen Wirksamkeitsvoraussetzungen vor und ist die Willenserklärung des Schuldners in bindender Form abgegeben worden, so gilt nach § 140 Ans. 2 das Rechtsgeschäft als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in welchem der andere Teil den Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch (bzw. Register) gestellt hat.
Rn 61
Soweit § 140 Abs. 2 von den übrigen Wirksamkeitsvoraussetzungen spricht, sind insbesondere die materiell-rechtlichen Willenserklärungen, z.B. Einigung (§ 873 Abs. 1 BGB), einseitige Aufhebungserklärung (§ 875 Abs. 1 BGB) oder Abtretung der gesicherten Forderung (§ 1153, § 1154 Abs. 3 BGB), gemeint. Die dafür notwendige Form, z.B. Auflassung (§ 925 BGB), ist dem jeweiligen Gesetz zu entnehmen. Wird eine Willenserklärung, die an einem Formmangel leidet, durch Eintragung geheilt, ist Abs. 2 unanwendbar. Maßgeblicher Zeitpunkt ist dann der Eintragungszeitpunkt.
Rn 62
§ 140 Abs. 2 setzt weiter voraus, dass die Willenserklärung des (Insolvenz-)Schuldners für diesen bindend geworden ist. Das ist der Fall, wenn weder er noch der Insolvenzverwalter rechtlich in der Lage sind, diese wirksam zu widerrufen. Erst dann erlangt der Erwerber eine materiell-rechtlich geschützte Position. Dingliche Einigungen oder einseitig dingliche Erklärungen sind ab dem Zeitpunkt unwiderruflich, sobald etwa die Voraussetzungen der § 873 Abs. 2, § 875 Abs. 2, § 877 oder § 880 Abs. 2 BGB sind erfüllt. Für das Pfandrecht an Schiffen (§ 3 Abs. 2, §§ 8, 9 SchiffsRG) und Schiffsbauwerken (§§ 77, 78 SchiffsRG) sowie an Luftfahrzeugen (§ 5 Abs. 2 LuftfRG) gelten diese Ausführungen entsprechend, soweit die Rechte einzutragen sind.
Rn 63
Weitere Voraussetzung des Abs. 2 ist, dass der andere Teil (also der Vertragspartner des Schuldners als potentieller Anfechtungsgegner) den Antrag auf Eintragung auf Rechtsänderung beim Register gestellt hat. Eine Antragsstellung durch den Schuldner genügt nicht. An dieser Stelle weicht Abs. 2 von der als Vorbild dienenden Norm des § 878 BGB ab, die für den Eintritt ihrer Rechtsfolgen auch die Antragsstellung durch den Insolvenzschuldner genügen lässt. § 140 Abs. 2 ist aber von der Intention geprägt, dass zwar einerseits die Dauer des Registerverfahrens nicht zum Nachteil der Beteiligten gereichen dürfe (Rn. 53), andererseits aber eine gefestigte Rechtsposition vorliegen muss, damit von der Vornahme einer Rechtshandlung gesprochen werden kann. Einen Eigenantrag beim Register kann der Schuldner bzw. der Insolvenzverwalter vor der Eintragung jedoch jederzeit zurücknehmen, so dass im Falle des Eigenantrags eine gefestigte Rechtsposition durch "den anderen Teil" noch nicht erlangt wäre. Bei der Gesamthypothek ist der Antrag auf Eintragung hinsichtlich des letzten Grundstücks entscheidend.
Rn 64
Der Eintragungsantrag durch den "anderen Teil" kann auch mittels eines Stellvertreters erfolgen. Beim Vertreter ohne Vertretungsmacht ist aber der Zeitpunkt der Genehmigung durch den "anderen Teil" maßgebend. In Betracht kommt etwa ein bevollmächtigter Notar, der im Namen des "anderen Teils" – oder im Namen beider Beteiligter – handelt, denn auch in dieser Situation kann die Eintragung einseitig nicht mehr vom Schuldner oder Insolvenzverwalter durch Antragsrücknahme verhindert werden. Die Vermutungsnorm zugunsten des Notars nach § 15 GBO oder § 25 SchiffsRG ist dafür aber nicht ausreichend, weil der "andere Teil" insoweit keine gefestigte Rechtsposition erlang. Der Notar ist nämlich nach § 24 Abs. 3 BNotO zugleich zur Rücknahme der von ihm gestellten Anträge ermächtigt.
Rn 65
Fehlt es an einer der vorgenannten Voraussetzungen, greift Abs. 2 nicht ein. Maßgeblich ist dann Abs. 1, wonach es auf den Vollzug des letzten Teilakts zum Erwerb ankommt (Rn. 8).