4.4.3.1 Untergang oder Verschlechterung
Rn 82
Der Wertersatzanspruch nach § 143 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 819 Abs. 1, § 818 Abs. 4, § 292 Abs. 1, § 989 BGB ist ein Sekundäranspruch und setzt daher den Untergang oder die Verschlechterung der Primärpflicht auf Rückgewähr voraus. Dies ist der Fall, wenn der Vermögenswert in seiner Substanz tatsächlich objektiv nicht oder nicht mehr in gleicher Qualität und abgrenzbar im Vermögen des Anfechtungsgegners vorhanden ist, also etwa bei Substanzvernichtung und -verschlechterung, Vermischung oder bei Erlöschen eines Rechts (§ 275 Abs. 1 BGB). Im Rahmen der subjektiven Unmöglichkeit (§ 275 Abs. 2 BGB), wenn der Gegenstand also an sich noch existiert, sich aber nicht mehr (uneingeschränkt) im Vermögen des Anfechtungsgegners befindet, kommt es darauf an, ob dem Anfechtungsgegner die Wiederbeschaffung zumutbar ist. Das ist etwa der Fall, wenn ihm eine Rückübereignung nach § 931 BGB möglich ist. Ist der Gegenstand an sich noch im Vermögen des Anfechtungsgegners vorhanden, weist er aber eine Wertminderung auf, sei es durch Beschädigung oder Belastung mit unüberwindbaren Rechten Dritter, so ist diese neben der Herausgabe in natura zu ersetzen. Gegebenenfalls kommt Wertersatz auch dann in Betracht, wenn die Rückgewähr in natura unverhältnismäßige Schwierigkeiten bereitet.
4.4.3.2 Verschulden
Rn 83
Neben dem Untergang oder der Verschlechterung des Rückgewähranspruchs setzt der Wertersatzanspruch – anders als nach altem Recht (siehe oben Rn. 1) – nunmehr voraus, dass der Anfechtungsgegner den Untergang oder die Verschlechterung des Vermögenswertes zu vertreten hat. Der Sorgfaltsmaßstab richtet sich nach § 276 BGB. Dabei ist in Bezug auf den Fahrlässigkeitsmaßstab in § 276 BGB ("im Verkehr erforderliche Sorgfalt") zu berücksichtigen, dass nach § 143 Abs. 1 Satz 2 der Mangel des rechtlichen Grundes als von Anfang an bekannt gilt. Maßgebend für die Bestimmung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt ist mithin, wie sich jemand verhalten würde, der die Rückgewährpflicht kennt. Darüber hinaus muss sich der Anfechtungsgegner auch das Verschulden seines Erfüllungsgehilfen nach § 278 BGB zurechnen lassen.
Rn 84
Ist der Anfechtungsgegner mit der Rückgewähr nach § 143 Abs. 1 Satz 1 in Verzug, haftet er auch für den zufälligen Untergang (§ 287 Satz 2 BGB). Diese Zufallshaftung setzt keine Mahnung i. S. v. § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB voraus; denn nach § 286 Abs. 1 Satz 2, 1. Alt. BGB steht die Erhebung der Klage einer Mahnung gleich. Insoweit ist – zumindest h. M. zufolge – die Rechtshängigkeitsfiktion des § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO i. V. m. § 819 BGB zu beachten. Der Verzug setzt zwar ebenfalls ein Verschulden voraus. Dies ist aber im Hinblick darauf, dass § 143 Abs. 1 Satz 2 die Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Rückgewähranspruch unterstellt, keine allzu hohe Hürde (siehe oben Rn. 68). Da der Verzug die Fälligkeit der Forderung voraussetzt, gerät der Anfechtungsgegner jedoch erst mit Insolvenzeröffnung in Verzug mit dem Rückgewähranspruch. Erst ab diesem Zeitpunkt kann er dann auch für den zufälligen Untergang der Sache haften.