Rn 55
Der Verwalter ist nicht gehindert, Schuldnergelder über neueröffnete Fremdkonten oder Eigenkonten zu verwalten (Einzelheiten zu § 149). Der Verwalter kann aber auch schuldnerische Bankkonten während des Verfahrens als Fremdkonten weiterführen. Die gegenteilige Auffassung verweist auf § 675 Abs. 1 BGB: Geschäftsbesorgungsverträge erlöschen gemäß §§ 116, 115 Abs. 1 mit Verfahrenseröffnung. Doch führt das wegen der dann zwingend notwendigen Sonderkonten des Verwalters zu unnötigem Aufwand, masseschmälernden Kosten sowie zusätzlichen Risiken bei Kontobewegungen nach Verfahrenseröffnung. Insbesondere kann der Verwalter nicht sofort über auf dem ehemaligen Schuldnerkonto noch eingehende Zahlungen von Drittschuldnern verfügen, wenn das Konto aufgelöst sein soll. In der Praxis werden deshalb nicht selten Schuldnerkonten vom Verwalter fortgeführt. Hält man das entgegen hier vertretener Auffassung für rechtlich unmöglich, ist man gezwungen, die faktische Fortführung des Kontos als konkludenten Abschluss eines neuen Bankvertrages zwischen dem Insolvenzverwalter und dem Kreditinstitut zu interpretieren.
Rn 56
Notwendig ist das allerdings nicht. Dazu muss man sich lediglich vergegenwärtigen, dass mit dem "Erlöschen des Auftrages" in § 115 Abs. 1 nicht das Vertragsverhältnis mit dem Dritten, sondern allein der Wegfall der dadurch auf den Dritten übertragenen Geschäftsführungsbefugnis gemeint ist. Daher endet mit Verfahrenseröffnung zwar die Kontokorrentabrede, nicht aber der Girovertrag als solcher. Dem Verwalter erwächst aus §§ 103, 105 das Wahlrecht, das Konto als (massezugehöriges) Schuldnerkonto weiterzuführen oder aber die weitere Vertragsdurchführung abzulehnen. Diese Sichtweise entspricht auch dem Sinn und Zweck der §§ 115, 116, die Verwaltungsbefugnis über die Masse vollständig dem Schuldner – und seinen Beauftragten – zu entziehen und ausschließlich dem Verwalter zuzuweisen. Denn bei einem solchen Fortbestand des Giroverhältnisses verliert nicht nur der Insolvenzschuldner umfassend seine Rechtsmacht über das Konto. Für ihn ausgeschlossen sind daher Barauszahlungen, Überweisungen, Belastungen und Lastschriften, aber etwa auch die Kündigung des Kontos. Vor allem ist auch die Bank daran gehindert, eingehende Beträge mit eigenen Forderungen zu verrechnen (Wegfall der Kontokorrentabrede) oder auch nur aufzurechnen (§ 96 Abs. 1 Nr. 1).
Rn 57
Belastungsbuchungen im Einzugsermächtigungsverfahren muss der Verwalter fristgerecht (vorbehaltlich einer Genehmigung binnen 6 Wochen nach Nr. 7 Abs. 3 AGB Banken) widersprechen. Der Widerspruch gegen Lastschriften ist selbst dann möglich und notwendig, wenn keine sachlichen Einwendungen gegen die eingezogenen Forderungen erhoben werden; der Verwalter macht sich in keinem Fall schadensersatzpflichtig. Erfolgte die Lastschrift von einem kreditorischen Konto, kann der Verwalter Auszahlungen verlangen, im Fall eines debitorischen Kontos bestehen demgegenüber keine Auszahlungsansprüche gegen die Bank.