Rn 73

Aus § 148 Abs. 1, § 159 lässt sich entnehmen, dass der Verwalter bis zum Berichtstermin (§ 29 Abs. 1 Nr. 1: max. 3 Monate nach Verfahrenseröffnung) grundsätzlich einem Verwertungsverbot im Hinblick auf die Massegegenstände unterliegt. Verstößt der Verwalter gegen das Verwertungsverbot, verletzt er zwar intern gegenüber den Gläubigern Verwalterpflichten, was Schadensersatzansprüche gegen ihn nach § 60 Abs. 1 auszulösen vermag; im Außenverhältnis sind seine diesbezüglichen Rechtshandlungen aber ohne Einschränkungen wirksam (§ 80 Abs. 1, § 164).

 

Rn 74

Das schließt allerdings nicht aus, dass der Verwalter verderbliche Ware aus der Insolvenzmasse veräußern kann und muss. Eine vorgezogene Verwertung kann sich zudem aus § 16 Abs. 1 Satz 2 AnfG ergeben. Auch Gefahr im Verzug kann eine Verwertung vor dem Berichtstermin rechtfertigen (Wahrnehmung eines besonders günstigen Angebots, das zeitlich begrenzt ist, drohender Verfall von Gegenständen usw.).[86] Zur vorzeitigen Stilllegung oder Veräußerung eines schuldnerischen Unternehmens siehe § 158 Abs. 1; zur auch darüber hinausgehenden Berechtigung zur Unternehmensstilllegung siehe oben Rn. 65 ff. Führt der Verwalter ein Schuldnerunternehmen fort, so ist er ganz allgemein berechtigt, im Rahmen der ordnungsgemäßen Geschäftsführung über Betriebsvermögen zu verfügen.[87] Innerhalb seiner Befugnisse hält sich der Verwalter dabei grundsätzlich nur dann, wenn er über Umlaufvermögen (Warenvorräte, Forderungen aus Leistung und Lieferung usw.), nicht aber auch Anlagevermögen des Unternehmens (Betriebsgrundstück, Maschinen usw.) verfügt. Auch aus dem Sinn und Zweck des Verwertungsverbotes – Schutz möglicher Entscheidungen der Gläubigerversammlung – können sich weitere Ausnahmen ergeben, insbesondere kann (und muss, vor allem bei drohender Verjährung) der Verwalter Geldforderungen des Schuldners einziehen (dazu unter Rn. 61 ff.). Versteht man das Verwaltungsrecht und die Verwaltungspflicht nicht bezogen auf jeden einzelnen Massegegenstand, sondern wirtschaftlich auf das gesamte schuldnerische Vermögen bezogen, handelt es sich in allen diesen Fällen nicht um Ausnahmen vom Verwertungsverbot.[88]

 

Rn 75

Mangels Berichtstermins (§ 312 Abs. 1) existiert im Verbraucherinsolvenzverfahren überhaupt kein Verwertungsverbot.

[86] Kirchhof, ZInsO 1999, 436 (437).
[87] Förster, ZInsO 2000, 141 (141); Kirchhof, ZInsO 1999, 436 (436); MünchKomm-Füchsl/Weishäupl, § 148 Rn. 50.
[88] So zutreffend Kirchhof, ZInsO 1999, 336 (436).

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