Rn 11
Mit der Antragsbefugnis der vertretungsberechtigten Organe einer juristischen Person und der persönlich haftenden Gesellschafter einer rechtsfähigen Personengesellschaft, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, korrespondiert eine entsprechende Antragspflicht, sofern ein Insolvenzgrund gegeben ist.
Rn 12
Sofern lediglich der Eröffnungsgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit (§ 18) vorliegt, besteht keine Antragspflicht, sondern lediglich ein entsprechendes Antragsrecht. Antragspflichten waren bis zum Inkrafttreten des MoMiG am 01.11.2008 jeweils spezialgesetzlich normiert.
Die Antragspflicht ist nunmehr überwiegend rechtsformneutral in § 15a geregelt, der bei Vorliegen des Insolvenzgrundes der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung für juristische Personen und rechtsfähige Personengesellschaften, bei denen keine natürliche Person unbeschränkt persönlich haftet, einheitlich die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags regelt und strafrechtlich sanktioniert. Dementsprechend sind die bisherigen gesellschaftsrechtlichen Regelungen mit Wirkung ab 01.11.2008 aufgehoben. Nicht aufgehoben worden ist § 42 Abs. 2 BGB, sodass die dort geregelte, spezialgesetzliche Regelung zur Insolvenzantragspflicht des Vereinsvorstandes weiterhin gilt und der allgemeinen Bestimmung des § 15a vorgeht.
Rn 13
Die entsprechenden Antragspflichten und strafrechtlichen sowie zivilrechtlichen Verantwortlichkeiten bestehen auch für sog. faktische Organe, d.h. Personen, die entweder nicht ordnungsgemäß oder überhaupt nicht zu Organmitgliedern bestellt sind, die entsprechenden Aufgaben aber tatsächlich wahrnehmen.
Rn 14
Die Stellung eines Insolvenzeröffnungsantrags durch einen Gläubiger enthebt die verantwortlichen Organe und persönlich haftenden Gesellschafter nicht der eigenen Verpflichtung zur Stellung eines Antrags auf Eröffnung des Verfahrens.
Rn 15
Wird von einem Organmitglied der Eigenantrag auf Verfahrenseröffnung bei Vorliegen des Insolvenzgrunds der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung gestellt, wirkt die Antragstellung auch zugunsten der übrigen antragsverpflichteten Personen.
Rn 16
Die Verletzung der Antragspflichten durch vollständige Unterlassung oder verspätete Antragstellung begründet Schadensersatzansprüche gegen diejenigen Personen, die antragsverpflichtet waren, diese haften als Gesamtschuldner. Daneben besteht ggf. auch eine strafrechtliche Verantwortlichkeit.
Die Haftung folgt unmittelbar aus der Verletzung des § 15a Abs. 4 bzw. der Normen, die die Antragspflicht statuieren (wie § 42 Abs. 2 BGB), da diese Schutzgesetze i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB sind.
Rn 17
Der Schadensersatzanspruch derjenigen Gläubiger, die in dem Zeitpunkt Forderungen gegen die Gesellschaft hatten, als die Antragspflicht eingetreten war, besteht maßgeblich in dem sog. Quotenschaden, den im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Insolvenzverwalter gegen die haftenden Organe geltend macht.
Rn 18
Der Quotenschaden der Altgläubiger ist zu unterscheiden von den Schadensersatzansprüchen derjenigen Gläubiger, die erst nach der Entstehung der Antragspflicht in Vertragsbeziehungen zu der Gesellschaft getreten sind. Diesen Neugläubigern haften die antragsverpflichteten Organe auf vollen Ersatz des Vertrauensschadens.
Da bei rechtzeitiger Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Vertragsabschluss mit den Neugläubigern gar nicht mehr erfolgt wäre, sind diese so zu stellen, als seien sie zu der Gesellschaft nicht mehr in Vertragsbeziehungen getreten; die Neugläubiger sind berechtigt, den ihnen entstandenen Schaden unmittelbar gegenüber den antragsverpflichteten Organen geltend zu machen, eine entsprechende Zuständigkeit des Insolvenzverwalters besteht nicht.
Rn 19
Neben den Schadensersatzverpflichtungen bei verspäteter oder unterlassener Antragstellung sieht § 26 Abs. 3 eine weitere Sanktionierungsmöglichkeit vor. Danach sind die antragsverpflichteten Organmitglieder einer juristischen Person oder einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, zur Erstattung einer zum Zwecke der Verfahrenseröffnung geleisteten Vorschusszahlung verpflichtet, sofern sie die Stellung eines gebotenen Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterlassen oder verspätet unternommen haben.