7.2.1 Täter
Rn 52
Bei Abs. 4 und 5 handelt es sich um ein Sonderdelikt. Täter können daher nur die in § 15 Abs. 1, 2 bzw. im Fall der "Führungslosigkeit" auch die in Abs. 3 bezeichneten Personen sein. Nicht erfasste Personen können sich aber der Beihilfe (§ 27 StGB) bzw. der Anstiftung (§ 28 StGB) strafbar machen. Die Streitfrage, welche Gesellschaftsformen in Abs. 3 einbezogen sind (Rn. 35), ist wegen des strafrechtlichen Analogieverbotes hier besonders brisant. Einbezogen sind – h. M. nach – in den Täterkreis auch die "faktischen" Geschäftsleiter i. e. S. (Rn. 14). Dies ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Zum einen ist darauf hinzuweisen, dass die strafrechtliche Rechtsprechung den "faktischen" Geschäftsleiter teilweise anders definiert als das Unternehmensinsolvenzrecht. Vielfach wird hier allein darauf abgestellt, ob der Dritte Geschäftsführungsaufgaben mit Wissen und Wollen der für die Organbestellung zuständigen Personen übernimmt, ohne dass es auf ein Auftreten im Außenverhältnis ankommt. Der "faktische" Organbegriff im Strafrecht ist mithin scheinbar weiter als im Unternehmensinsolvenzrecht. Zum anderen stellt sich aber auch hier die Frage des strafrechtlichen Analogieverbots.
7.2.2 Tathandlung
Rn 53
Tathandlung ist das gänzliche Unterlassen der oder die nicht rechtzeitige Insolvenzantragstellung. Darüber hinaus stellt Abs. 4 auch die "unrichtige" Antragstellung unter Strafe. Jede wesentliche Unvollständigkeit des Antrags ist daher ebenfalls strafbar. Dies wird mit Blick darauf, dass auch die fahrlässige Tatbegehung unter Strafe steht, mitunter als sehr weitgehend empfunden. Hier sollte mit Augenmaß gehandelt werden. Beseitigt der Antragsteller die Unvollständigkeit unverzüglich auf entsprechenden richterlichen Hinweis hin, führt – richtiger Ansicht nach – die Berichtigung zur Straffreiheit.
7.2.2 Tathandlung
Rn 53a
Während die Überschuldung stets die Erstellung einer Überschuldungsbilanz verlangt (§ 19 Rn. 27 ff.), kann die Zahlungsunfähigkeit sowohl durch eine stichtagsbezogene Gegenüberstellung der fälligen Verbindlichkeiten einerseits und der zu ihrer Tilgung vorhandenen kurzfristig herbeizuschaffenden Mittel andererseits oder aber mithilfe der sogenannten wirtschaftskriminalistischen Methode belegt werden. Danach kann die Zahlungsunfähigkeit auch aus Beweisanzeichen gefolgert werden, etwa der ausdrücklichen Erklärung des Schuldners, nicht zahlen zu können, dem Ignorieren von Rechnungen und Mahnungen, gescheiterten Vollstreckungsversuchen, Nichtzahlungen von Löhnen und Gehältern, der Sozialversicherungsabgaben oder der sonstigen Betriebskosten, aus Scheck- und Wechselprotesten oder Insolvenzanträgen von Gläubigern.
7.2.3 Subjektiver Tatbestand
Rn 54
Vorsatz im Sinne des Abs. 4 bedeutet Wissen und (zumindest bedingtes) Wollen der Tatbestandsverwirklichung. Weiß der Antragspflichtige nicht um die Krise der Gesellschaft, kommt eine vorsätzliche Tatbegehung nicht in Betracht. Unkenntnis bzw. Fehleinschätzung sind mithin als Tatbestandsirrtum zu werten, mit der Folge, dass der Vorsatz entfällt. Dies gilt auch für die unrichtige (rechtliche) Bewertung von Bilanzposten entsprechend.
Rn 55
Fraglich ist, ob für Begehung nach Abs. 5 Kenntnis der Krise erforderlich ist. Richtiger Ansicht nach findet Abs. 5 Anwendung, wenn der Irrtum vermeidbar war. Irrt der Antragspflichtige nicht über die Voraussetzungen der Antragspflicht, sondern über die Antragspflicht als solche, liegt kein Tatbestands- (§ 16 StGB), sondern ein Verbotsirrtum (§ 17 StGB) vor, der nur dann zur Straffreiheit führt, wenn er unvermeidbar war. Die Anforderungen insoweit sind allerdings hoch. Fahrlässig handelt der Täter, wenn er die (richtige) Antragstellung sorgfaltswidrig unterlässt. Das wird vor allem dann in Betracht kommen, wenn der Antragspflichtige die Krisensituation der Gesellschaft nicht erfasst hat.