8.2.1 Haftung der AR-Mitglieder und der Gesellschafter
Rn 78
Die Gesellschafter können nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 15a Abs. 3 – ebenso wie Aufsichtsratsmitglieder – (im Falle der "Führungslosigkeit", Rn. 36 ff.) gegenüber Neu- und Altgläubigern im Falle der Insolvenzverschleppung haften. Dritte (einschließlich Gesellschafter und Aufsichtsratsmitglieder) können aufgrund der deliktischen Natur der Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 15a Abs. 1, 2 auch unter den Voraussetzungen des § 830 Abs. 2 BGB als Teilnehmer einer Insolvenzverschleppung haften. Die h. M. greift für die Anstiftung und Beihilfe auf die Begriffsbestimmungen des Strafrechts zurück. Voraussetzung für die Haftung des Teilnehmers ist danach doppelter Vorsatz. Eine Haftung Dritter (einschließlich der Gesellschafter und Aufsichtsratsmitglieder) kommt wegen Insolvenzverschleppung auch in Betracht, wenn man – mit der h. M. – den "faktischen" Geschäftsleiter i. e. S. für einen Adressaten der Antragspflicht (siehe oben Rn. 14) hält. Soweit Aufsichtsratsmitglieder nicht bereits nach § 15a Abs. 3 Adressaten der Antragspflicht sind, kommt deren Haftung u. U. auch unter dem Blickwinkel der Verletzung ihrer Überwachungsaufgaben in Betracht, wenn sie unter Verletzung ihrer Sorgfaltspflichten den Pflichtenverstoß des Leitungsorgans nicht unterbinden (für die AG siehe §§ 116, 111, 93 AktG; für die GmbH siehe § 52 GmbHG). Im Rahmen seiner Überwachungspflicht darf sich der Aufsichtsrat nicht auf die üblichen turnusmäßigen Zusammenkünfte beschränken. Vielmehr erhöht sich die Intensität der Überwachungspflicht, wenn die Gesellschaft in eine wirtschaftliche Schieflage zu geraten droht. Hält der Aufsichtsrat die Unterrichtung durch das Leitungsorgan für nicht plausibel, muss er von der Möglichkeit des § 111 Abs. 2 AktG Gebrauch machen und selbst in die Bücher schauen oder diese prüfen lassen. Stellt der Aufsichtsrat die Insolvenzreife fest, muss er das Leitungsorgan anhalten, den (Eröffnungs-)Antrag zu stellen.
8.2.2 Haftung von "Beratern"
Rn 78a
Ob Berater (z. B. Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer) im Falle der Insolvenzverschleppung haften, hängt grundsätzlich von dem mit der schuldnerischen Gesellschaft vereinbarten Mandat ab. Hier sind grds. drei verschiedene Fallkonstellationen (spezifisches Mandat, allgemeines Mandat, Überschreiten eines allgemeinen Mandats) zu unterscheiden:
Rn 78b
Verpflichtet sich der Berater zur Prüfung der Insolvenzreife des schuldnerischen Unternehmens, so handelt es sich hierbei i. d. R. um einen Werkvertrag (§ 631 BGB). Im Falle einer schuldhaften Pflichtverletzung im Rahmen dieses Mandats haftet der Berater gegenüber der Gesellschaft. U. U. muss der Berater aber auch Dritten gegenüber für eine schuldhafte Pflichtverletzung einstehen, wenn diese in den Schutzbereich des Vertrages einbezogen sind. Schutzwirkungen zu Gunsten Dritter werden allgemein bei Verträgen angenommen, mit denen der Auftraggeber von einer Person, die über eine besondere, vom Staat anerkannte Sachkunde verfügt (z. B. öffentlich bestellter Sachverständiger, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater), ein Gutachten oder eine gutachtliche Äußerung bestellt, um davon gegenüber einem Dritten Gebrauch zu machen. Das Bestehen und die Reichweite eines etwaigen Drittschutzes sind durch Auslegung des jeweiligen Mandatsvertrags zu ermitteln. Grds. kann nicht angenommen werden, dass der Berater bereit ist, den Schutzbereich des Vertrages auf eine unbekannte Vielzahl von Gläubigern, Gesellschaftern oder Anteilserwerbern auszudehnen. Anders liegt es indessen, wenn die Vertragsteile übereinstimmend davon ausgehen, dass die Prüfung der Insolvenzreife auch im Interesse eines bestimmten Dritten durchgeführt werden und das Ergebnis diesem Dritten als Entscheidungsgrundlage dienen soll. Jedenfalls in solchen Fällen liegt in der Übernahme des Auftrags die schlüssige Erklärung des Beraters, auch im Interesse des Dritten gewissenhaft und unparteiisch p...