2.1 Rechtshandlungen von besonderer Bedeutung (Abs. 1 Satz 1)
Rn 2
Durch die Generalklausel in Abs. 1 Satz 1 wird sichergestellt, dass die Gläubiger an Rechtshandlungen von besonderer Bedeutung des Verwalters beteiligt werden. Dem Charakter einer Generalklausel entsprechend ist diese Aufzählung nicht abschließend. Die Berücksichtigung nur der wirtschaftlich für das Verfahren bedeutungsvollen Vorgänge soll die Abwicklung für den Verwalter flexibler gestalten. Andererseits wird davon ausgegangen, dass die in § 160 Abs. 2 genannten Vorgänge so wichtig sind, dass in jedem Fall eine Zustimmung der Gläubigerschaft notwendig ist. Nicht mehr grundsätzlich zu den wirtschaftlich bedeutenden Fällen zählt seit Einführung der InsO die Anerkennung eines Aussonderungsrechts (vgl. § 47 Rn. 104), hier kommt es auf den Einzelfall und dessen wirtschaftliche Bedeutung an.
Rn 3
Entscheidend ist bei allen Tatbeständen immer, dass die Rechtshandlungen eine für die Masse erhebliche Wirkung mit sich bringen. Zum Teil wird als Faustregel die Grenze der Bedeutsamkeit dann als überschritten angesehen, wenn das jeweilige Rechtsgeschäft bzw. die jeweilige Handlung einen Betrag von mehr als 10 % der Masse betrifft. Sofern es sich hierbei nicht um eine starre Grenze handelt, kann dem als Indikation grundsätzlich zugestimmt werden, wobei als absoluter Sockelbetrag mindestens 25 000 EUR bis 50 000 EUR festgelegt werden sollten, da der Verwalter anderenfalls in wenig massereichen Verfahren durch ständige Zustimmungserfordernisse in der praktischen Abwicklung unnötig behindert würde.
Von der Generalklausel erfasst werden – bei vorausgesetzter besonderer Bedeutung – z.B. das Erfüllungsbegehren des Insolvenzverwalters nach § 103 bei wirtschaftlich bedeutsamen Verträgen, die Freigabe massezugehöriger Gegenstände, die Eingehung neuer Dauerschuldverhältnisse oder In-Sich-Geschäfte des Verwalters.
2.2 Regelbeispiele (Abs. 2)
Rn 4
Angesichts der Qualifizierung des Abs. 1 Satz 1 als Generalklausel kommt den in Abs. 2 geregelten Fällen der Charakter von Regelbeispielen zu. Da diese überwiegend den Regelungen der früheren §§ 133, 134 KO entsprechen, bleiben für die Auslegung die Literatur und Rechtsprechung zur KO anwendbar.
2.2.1 Veräußerungen (Abs. 2 Nr. 1)
– Unternehmen, Betrieb oder Warenlager im Ganzen
Rn 5
Erforderlich ist eine Zustimmung des Gläubigerausschusses oder der Gläubigerversammlung bei der Veräußerung eines Unternehmens oder eines Betriebs (zur Begriffsbestimmung vgl. § 159 Rn. 20; beachtlich auch § 35 Rn. 13 bis 24) oder des Warenlagers im Ganzen. Insbesondere für die Frage der Veräußerung des Unternehmens wird vereinzelt in der Literatur unter Hinweis auf §§ 158 und 159 die Ansicht vertreten, dass trotz Zustimmung des Gläubigerausschusses eine Veräußerung ohne Zustimmung des Insolvenzgerichts vor dem Berichtstermin nicht zulässig sei. Diese Auffassung ist jedoch zum einen völlig praxisfremd, da der Berichtstermin regelmäßig erst in einem Zeitraum zwischen sechs Wochen bis drei Monaten nach der Verfahrenseröffnung stattfindet, das Unternehmen aber aufgrund der nach Eröffnung entstehenden Masseverbindlichkeiten nur selten vom Insolvenzverwalter über einen längeren Zeitraum fortgeführt werden kann. Zum anderen geht sie von einer falschen Interpretation des Gesetzes aus. Zwar stellt die Veräußerung des Unternehmens einen Sonderfall der Stilllegung dar, da das schuldnerische Unternehmen dann nicht mehr vom Insolvenzverwalter fortgeführt wird (vgl. § 158 Rn. 11). Dennoch sollen nach dem Willen des Gesetzgebers für diesen Fall allein die Zustimmungsregeln des § 160 maßgeblich sein. Doch selbst soweit man § 158 für einschlägig hielte, eröffnet auch dieser nach seinem eindeutigen Wortlaut dem Insolvenzverwalter die Möglichkeit, die Zustimmung eines (vorläufigen) Gläubigerausschusses zu einer Veräußerung vor dem Berichtstermin einzuholen. Im Ergebnis wäre somit sowohl nach § 160 als auch § 158 eine Veräußerung ohne Zustimmung des Insolvenzgerichtes bereits vor dem Berichtstermin möglich.
– Unbewegliche Gegenstände
Rn 6
Auch die Veräußerung eines unbeweglichen Gegenstands aus freier Hand, also ohne freiwillige oder zwangsweise öffentliche Versteigerung, erfordert eine Zustimmung. Entsprechendes gilt für im Schiffsregister eingetragene Schiffe und Schiffsbauwerke, die zwar bewegliche Sachen darstellen, vollstreckungsrechtlich jedoch nach § 864 Abs. 1 ZPO dem unbeweglichen Vermögen gleichgestellt sind. Das Zustimmungs...