4.1 Ziel der Zwangsverwaltung
Rn 31
Ziel der Zwangsverwaltung ist die Verwertung der Grundstücksnutzungen, um den Vollstreckungsgläubiger aus dem Verwertungserlös zu befriedigen. Die Befriedigung erfolgt hier also nicht aus dem Stammwert, sondern aus den Grundstückserträgen.
Grundsätzlich gelten gemäß § 146 Abs. 1 ZVG für die Zwangsverwaltung die Regelungen über die Zwangsversteigerung entsprechend, soweit sich aus §§ 147 ff. nicht etwas anderes ergibt.
4.2 Die Eröffnung des Zwangsverwaltungsverfahrens
Rn 32
Das Verfahren der Zwangsverwaltung kann auf Antrag eines Gläubigers (unten Rn. 34) oder des Insolvenzverwalters (unten Rn. 35) von dem zuständigen Vollstreckungsgericht angeordnet werden (zur Zuständigkeit oben Rn. 4), wobei die Vorschriften über die Anordnung der Zwangsversteigerung entsprechende Anwendung finden, soweit sich nicht aus den §§ 147 bis 151 ZVG ein anderes ergibt. Der Beschluss der Anordnung der Zwangsverwaltung ist nach § 22 ZVG zuzustellen, und zwar in der hier betrachteten Konstellation jedenfalls dem Insolvenzverwalter, fakultativ auch dem Schuldner, der aber nicht Beteiligter i.S. von § 9 ZVG ist. Das Vollstreckungsgericht hat das Grundbuchamt um Eintragung des Zwangsverwaltungsvermerks zu ersuchen.
Rn 33
Das Vollstreckungsgericht bestellt nach Maßgabe der §§ 150 ff. ZVG einen Zwangsverwalter. Dieser hat nach § 152 ZVG das Recht und die Pflicht, alle Handlungen vorzunehmen, die erforderlich sind, um das Grundstück in seinem wirtschaftlichen Bestande zu erhalten und ordnungsmäßig zu benutzen (ausf. zur Abgrenzung von dem Kompetenzbereich des Insolvenzverwalters unten Rn. 36 ff.); er hat die Ansprüche, auf welche sich die Beschlagnahme erstreckt, geltend zu machen und die für die Verwaltung entbehrlichen Nutzungen in Geld umzusetzen. Da die Beschlagnahme im Fall der Zwangsverwaltung auch die Miet- oder Pachtzinsen erfasst, hat der Verwalter auch diese Geltend zu machen (unten Rn. 38). Abs. 2 von § 152 ZVG stellt insoweit klar, dass Miet- oder Pachtverträge auch dem Verwalter gegenüber wirksam sind, wenn das Grundstück vor der Beschlagnahme einem Mieter oder Pächter überlassen ist.
4.2.1 Antrag eines Gläubigers
Rn 34
Antragsberechtigt sind zunächst absonderungsberechtigte Grundpfandrechtsgläubiger (§§ 146 Abs. 1, 15 ZVG). Eine zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung bereits wirksam gewordene Beschlagnahme (§ 22 ZVG) bleibt wirksam. Das laufende Zwangsverwaltungsverfahren wird nicht nach § 240 ZPO unterbrochen, sondern gegen den Insolvenzverwalter fortgesetzt. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens bedürfte es eines dinglichen Titels des absonderungsberechtigten Gläubigers gegen den Insolvenzverwalter, der im Regelfall jedoch durch eine Titelumschreibung nach einfach zu erlangen ist (oben Rn. 8).
Ein persönlicher Gläubiger kann lediglich vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Beschlagnahme des Grundstückes gem. §§ 20, 22, 151 ZVG herbeiführen und dadurch infolge der Beschlagnahme ein Absonderungsrecht i.S. von § 49 InsO erwerben. Dazu muss entweder der Anordnungsbeschluss dem Schuldner zugestellt werden oder der Zwangsverwaltervermerk in das Grundbuch eingetragen bzw. ein entsprechender Antrag beim Grundbuchamt gestellt worden sein. Letzteres genügt aber nur dann, wenn die Eintragung zeitnah erfolgt (Eintragung "demnächst").
Hat ein Massegläubiger einen Titel gegen den Insolvenzverwalter erwirkt, so kann auch er die Zwangsverwaltung des Massegrundstückes betreiben (vgl. dazu auch oben Rn. 8).
4.2.2 Antrag des Insolvenzverwalters
Rn 35
Schließlich kann auch der Insolvenzverwalter gemäß § 172 ZVG die Anordnung der Zwangsverwaltung über ein zur Masse gehöriges Grundstück beantragen. Ebenso kann er auch einem bereits anhängigen Zwangsverwaltungsverfahren beitreten (zur Frage des Beitritts zu einem bereits anhängigen Zwangsversteigerungsverfahrens oben Rn. 30).
4.3 Das Zusammentreffen von Zwangsverwaltung und Insolvenzverfahren
Rn 36
Durch die Anordnung der Zwangsverwaltung im Insolvenzverfahren ergeben sich häufig Kollisionen zwischen den Interessen und Befugnissen des Zwangsverwalters einerseits und des Insolvenzverwalters andererseits.
Durch die Anordnung der Zwangsverwaltung erlangt der vom Vollstreckungsgericht bestellte Zwangsverwalter gemäß § 150 Abs. 2 ZVG den Besitz an dem Grundstück und den mit ihm beschlagnahmten Sachen. Dieses Besitzrecht des Zwangsverwalters bricht den Besitz des Insolvenzverwalters. Wird die Zwangsverwaltung zeitlich früher angeordnet, so wird das Besitzrecht des Zwangsverwalters durch eine spätere Insolvenzeröffnung hingegen nicht berührt.
Rn 37
Der Zwangsverwalter ist aufgrund der Beschlagnahmewirkung der § 20 Abs. 2, § 148 Abs. 1 i.V.m. § 21 Abs. 1 ZVG berechtigt, eine bestehende Betriebseinrichtung des Schuldners zu benutzen. Die Zwangsverwaltung erfasst auch das Zubehör der Grundstücke. Entfernt und veräußert der Insolvenz...