Rn 94
Das Bargeschäftsprivileg des § 142 gilt auch für den vorläufigen Verwalter, greift aber nur unter engen Voraussetzungen (vgl. die Kommentierung zu § 142 Rdn. 9 ff.). Nicht zuletzt der gesetzliche Auftrag zur Erhaltung des Schuldnerunternehmens macht es notwendig, dass dem vorläufigen Insolvenzverwalter im Geschäftsverkehr ein hohes Maß an Vertrauen entgegengebracht wird. Daher wäre es kaum zielführend, wenn Rechtshandlungen des vorläufigen Verwalters regelmäßig anfechtbar wären, zumal der Insolvenzverwalter des eröffneten Verfahrens verpflichtet ist, auch Rechtshandlungen anzufechten, an denen er selbst als vorläufiger Verwalter beteiligt war.
Rn 95
Aus dem Gedanken des Vertrauensschutzes folgt jedoch, dass eine Rechtshandlung durch die der starke vorläufige Verwalter eine Masseverbindlichkeit begründet hat, grundsätzlich der Anfechtung entzogen ist. Dies gilt nicht, wenn die Rechtshandlung offenkundig insolvenzzweckwidrig war oder durch wirtschaftlichen Druck des Leistungsempfängers erzwungen wurde, da sich in diesen Fällen kein schutzwürdiges Vertrauen bilden kann. Generell scheidet eine Anfechtung aus, soweit der Gläubiger auf die Rechtsbeständigkeit des Verhaltens des vorläufigen Verwalters tatsächlich vertraut hat und dieses Vertrauen schutzwürdig ist.
Rn 96
Beim schwachen vorläufigen Verwalter kommt eine Anfechtung seiner Rechtshandlungen grundsätzlich in Betracht, wenn nicht ausnahmsweise das Vertrauen des Gläubigers schutzwürdig ist. So dürfen Vertragspartner des Schuldners grundsätzlich darauf vertrauen, dass eine Rechtshandlung, der der vorläufige Verwalter mit Zustimmungsvorbehalt zugestimmt hat, auch in der Insolvenz Bestand hat. Auch auf die Zusage des vorläufigen Verwalters, im eröffneten Verfahren nicht anfechten zu wollen, kann sich ein Gläubiger mit Erfolg berufen. Eine fehlende Schutzwürdigkeit ist aber anzunehmen, wenn der Gläubiger die Zustimmung des Verwalters nur aufgrund seiner wirtschaftlichen Machtstellung gegen dessen Widerstand durchsetzen konnte, sich der vorläufige Verwalter die Anfechtung bzw. Rückforderung ausdrücklich vorbehalten hat, oder die Rechtshandlung insolvenzzweckwidrig war. Umgekehrt ist grundsätzlich von einer Schutzwürdigkeit auszugehen, wenn der vorläufige Verwalter auf Grundlage einer Einzelermächtigung handelt, da er insoweit wie ein starker vorläufiger Verwalter behandelt wird (s. o. Rdn. 95).
Rn 97
Unabhängig von der Ausgestaltung der Rechtsstellung des vorläufigen Insolvenzverwalters ist im Eröffnungsverfahren keine Anfechtung von Rechtshandlungen eines Gläubigers möglich. Auch eine ausdrückliche Ermächtigung durch das Insolvenzgericht ist unzulässig.