Rn 101
Das Gesetz nennt explizit zwei Gegenstände der Beauftragung:
- die Ermittlung, ob ein Eröffnungsgrund vorliegt, und
- die Prüfung, welche Aussichten für eine Fortführung des Unternehmens bestehen.
Letzteres dient dem Ziel, bereits den Zeitraum bis zur Verfahrenseröffnung für die Prüfung und Vorbereitung einer Unternehmenssanierung zu nutzen. Zwar ist damit unter Umständen eine Verzögerung der Verfahrenseröffnung verbunden, nach Abwägung der Vorteile jedoch hinzunehmen. Vor allem wird eine vorschnelle Verfahrenseröffnung und eine damit verbundene Beeinträchtigung der Sanierungschancen vermieden. Auch kann der spätere Verwalter bei gesicherter Sanierungsprognose leichter sein Wahlrecht bei gegenseitigen Verträgen ausüben. Der Begriff der Fortführungsaussicht ist vor diesem Hintergrund verfahrensbezogen zu verstehen. Es kommt mithin darauf an, ob im eröffneten Verfahren Aussichten für einen Insolvenzplan oder eine übertragende Sanierung bestehen. Dazu muss grundsätzlich ein Ertrags- und Finanzplan aufgestellt werden. Die Fortführungsprognose ist positiv, wenn sich die überwiegende Wahrscheinlichkeit ergibt, dass die Gesellschaft mittelfristig Einnahmenüberschüsse erzielen wird, aus denen die gegenwärtigen und künftigen Verbindlichkeiten gedeckt werden können. Darüber hinaus sollte auch geprüft werden, ob für die Gläubiger die Fortführung des Unternehmens vorteilhafter ist als eine Liquidation. Erscheint nach den gerichtlichen Ermittlungen eine Unternehmensfortführung möglich und ist deshalb die Anordnung einer vorläufigen Insolvenzverwaltung sinnvoll, dürfte es meist zweckmäßig sein, den vorläufigen Verwalter bereits im Beschluss über die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen als Sachverständigen auch mit der Überprüfung der Fortführungsaussichten zu beauftragen.
Rn 102
Beauftragt das Insolvenzgericht den vorläufigen Verwalter zusätzlich mit der Ermittlung eines Eröffnungsgrundes, gelten die allgemeinen Regeln für dessen Tätigkeit und im Hinblick auf die gerichtliche Überzeugungsbildung. Die gesetzliche Aufzählung ist nicht abschließend. Das Gericht kann die Gegenstände der Begutachtung sowohl eingrenzend konkretisieren, als auch durch weitere Prüfungspunkte ergänzen. Zur Prüfung der Massekostendeckung ist der starke vorläufige Verwalter gem. § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 verpflichtet (s. o. Rdn. 34). Insoweit handelt es sich nach dem klaren Wortlaut bei der Prüfungstätigkeit um eine originäre Tätigkeit des vorläufigen Verwalters und nicht um eine Sachverständigentätigkeit. Sie wird daher auch über die Verwaltervergütung abgegolten.