Rn 26
Die Ausschlusstatbestände des § 22 a Abs. 3 dienen als Korrektiv für die nunmehr weitreichenden Möglichkeiten, die Installation eines vorläufigen Gläubigerausschusses zu erreichen, um im Einzelfall vorrangige Sicherungsinteressen zu wahren und missbräuchliche Verfahrensgestaltungen zu verhindern.
Rn 27
Der Geltungsbereich der Ausschlusstatbestände umfasst ihrem Wortlaut nach sowohl den Pflicht- als auch den Antragsausschuss des § 22a. Sie haben die Wirkung eines Einsetzungsverbots. Liegen die Voraussetzungen eines Ausschlusstatbestandes vor, besteht insoweit kein gerichtliches Ermessen. Der Reformgesetzgeber hat bei der Neuregelung in § 13 und § 22 a eine feine Abstufung zwischen bindenden Pflichten ("ist … beizufügen", "hat … Angaben … zu machen", "hat … einzusetzen") und nicht zwingenden ("sollen… gemacht werden", "soll … einsetzen") vorgesehen. Wenn er in § 22 a Abs. 3 davon spricht, dass ein Ausschuss nicht einzusetzen ist, dann handelt es sich mithin um eine bewusste Entscheidung für eine zwingende Regelung.
Auf den Amtsausschuss des § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a sind die Ausschlusstatbestände aufgrund ihrer systematischen Stellung in § 22 a nicht anwendbar. Das Insolvenzgericht wird die ihnen zugrundeliegenden Wertungen aber im Rahmen der Ermessensausübung berücksichtigen müssen, so dass ihr Vorliegen prima facie gegen eine Einsetzung spricht (s. o. Rdn. 24).
Rn 28
Liegen die Voraussetzungen eines Ausschlusstatbestandes vor, wird dem Gericht ausweislich des klaren Normwortlauts kein Ermessen eingeräumt. Dies bedeutet aber nicht, dass eine Einsetzung per se ausscheidet. Zum einen begründen die Ausschlusstatbestände keinen dauerhaften Ausschluss, so dass spätere Veränderungen der Tatsachengrundlage zur Zulässigkeit der Einsetzung führen können, zum anderen ist das Gericht nicht daran gehindert im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens einen Amtsausschuss nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a einzusetzen, auch wenn dies nur selten in Betracht kommen wird.
Rn 29
Hat das Gericht nach Abs. 3 von der Einsetzung eines vorläufigen Ausschusses zunächst abgesehen, führt dies nicht zwingend zu einem dauerhaften Ausschluss eines vorläufigen Ausschusses. Entfallen später diejenigen Tatsachen, die einen Ausschlusstatbestand begründen, weil beispielsweise der Geschäftsbetrieb wieder aufgenommen wird oder keine Vermögensgefährdung mehr aufgrund der Einsetzung des Ausschusses zu erwarten ist, muss das Gericht unverzüglich einen vorläufigen Ausschuss einsetzen, wenn die jeweiligen Voraussetzungen dafür vorliegen.
Andererseits ist ein vorläufiger Gläubigerausschuss grundsätzlich zu entlassen, wenn nachträglich ein Ausschlusstatbestand eintritt. Dies ist insbesondere im Hinblick auf die Einstellung des Geschäftsbetriebes denkbar. Soweit teilweise vertreten wird, die Ausschlusstatbestände regelten lediglich die Einsetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses und ihr nachträglicher Eintritt habe auf dessen Bestehen keinen direkten Einfluss mehr, wird verkannt, dass damit einer Umgehung des Abs. 3 Tür und Tor geöffnet würde. Aus dem Gesetz ergibt sich gerade nicht, dass die Rolle des Gerichts auf die Einsetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses beschränkt ist und dessen Bestand mithin von der autonom handelnden Gläubigergemeinschaft abhängt, denn die Rolle der Gläubigergemeinschaft wird in Ermangelung einer Gläubigerversammlung für den vorläufigen Gläubigerausschuss vom Gericht wahrgenommen. Allerdings wird das Gericht abzuwägen haben, ob der bisherige Pflicht- oder Antragsausschuss gegebenenfalls als Amtsausschuss fortzuführen ist.
4.1 Eingestellter Geschäftsbetrieb
Rn 30
Entsprechend dem gesetzgeberischen Ziel, den Einfluss der Gläubiger vor allem bei einer Fortführung des Geschäftsbetriebes und einer beabsichtigten Sanierung maßgeblich zu stärken, ist ein vorläufiger Gläubigerausschuss nicht einzusetzen, wenn der Geschäftsbetrieb des Schuldners bereits eingestellt ist.
Der gesetzliche Filter des laufenden Geschäftsbetriebes ist recht grob. Es gibt nicht wenige Verfahren mit großen Massen, bei denen kein laufender Geschäftsbetrieb vorliegt (bspw. in der Nachlassinsolvenz). Aufgrund des eindeutigen Wortlauts des Abs. 3 scheidet für diese die Einsetzung eines Pflicht- oder Antragsausschusses aus. Eine gesetzgeberische Fehlleistung liegt dennoch nicht vor, denn im Rahmen der gerichtlichen Ermessensa...